Venus 02 - Auf der Venus verschollen
denen viele Mittelpunkt eines Sonnen systems sind. Kein Mensch weiß, wie viele Welten es gibt.«
»Warten Sie einen Augenblick«, unterbrach mich Kantum Shogan. »Ihre Worte lassen mich vermuten, daß unsere Unter suchung in einer Beziehung nicht richtig gewesen ist, indem wir nämlich von der Annahme ausgingen, daß sich unsere wissen schaftlichen Erkenntnisse bereits auf sämtliche erforschbaren Gebiete erstrecken. Jetzt hat es den Anschein, als wüßten Sie um Dinge von derart weitreichender Bedeutung, daß Ihre bio logischen Fehler vielleicht in den Hintergrund gerückt werden.
Wir werden Sie weiter über Ihre Theorie befragen und in der Zwischenzeit wird die Vollstreckung unseres ersten Urteilsspruches ausgesetzt. Die endgültige Entscheidung über Ihr Schicksal wird von dem Ergebnis unseres weiteren Gesprächs abhängen. Die Wissenschaft darf keine Informationsquelle verschmähen und wenn Ihre Theorie begründet ist und der Wissenschaft neue Erkenntnisse bringt, können Sie sicher sein, in Havatoo als Bürger willkommen zu sein.«
Obwohl ich auf einer guten Universität gewesen war, hatte ich erkennen müssen, daß ich im Vergleich zu diesen Übermen schen der Wissenschaft mangelhaft ausgebildet und unkultiviert war – und daß Kantum Shogans Richtspruch in diesem Punkt der Wahrheit entsprach. Doch auf einem Gebiet war ich ihnen voraus, und als ich jetzt das Sonnensystem zu erklären begann und meine ersten Zeichnungen anfertigte, registrierte ich das große Interesse und das Verständnis, mit dem sie meine Er klärungen aufnahmen.
Zum erstenmal in ihrem Leben erhielten sie eine Erklärung für all die Phänomene, die sie beobachtet hatten – für den Wechsel von Tag und Nacht, für die Jahreszeiten, für die Schwankungen in den Wasserständen. Da ihnen der ständige Wolkenschleier die Sicht versperrte, hatten sie keine Planeten theorie bilden können, und es ist daher nicht verwunderlich, daß Sonne und Sterne für sie einfach nicht existierten und daß ihnen die Astronomie unbekannt war.
Vier Stunden lang hörten sie mir zu und stellten ihre Fragen; dann wiesen sie Ero Shan und Herlak an, mich in den Vorraum zu führen und dort zu warten, bis wir wieder hereingerufen würden.
Nach kaum zehn Minuten befahl man uns wieder vor den Ausschuß.
»Es ist unsere Meinung«, verkündete Kantum Shogan, »daß die Gefahr, die Sie aufgrund Ihrer Erbmasse für die Menschheit darstellen, bei weitem auf gewogen wird durch Ihre erstaunlichen Kenntnisse. Sie sollen also leben und die Freiheit Havatoos genießen dürfen. Ihre Pflichten werden darin bestehen, Ihre Mitmenschen in der neuen Wissenschaft ›Astronomie‹ zu unter weisen und sie zum Wohle der Menschheit einzusetzen.
Da Sie jetzt das einzige Mitglied Ihrer Klasse sind, dürfen Sie sich den Sektor aussuchen, in dem Sie wohnen wollen. Sie brauchen nur zu sagen, was Sie für Ihre persönlichen Bedürf nisse und zur Erfüllung Ihrer Pflichten brauchen – wir werden dafür sorgen, daß Sie alles bekommen.
Im Augenblick vertraue ich Sie der Obhut Korgan Sentar Ero Shans an, da Sie ein Fremder in Havatoo sind und sicherlich mit unseren Sitten und Gebräuchen vertraut werden wol len.«
Mit diesen Worten entließ er uns.
»Ehe ich gehe, würde ich gern wissen, was mit dem Mädchen Nalte geschieht, das gestern mit mir gekommen ist«, fragte ich.
»Sie wurde in die Yorgan-Klasse Havatoos aufgenommen«, erwiderte er. »Wenn ihre Aufgaben festgesetzt sind und sie ein Quartier bekommen hat, werde ich Sie wissen lassen, wo Sie sie finden können.«
Ich war sehr erleichtert, als ich mit Ero Shan und Herlak zu rückfuhr. Nalte war in Sicherheit und mir drohte ebenfalls kei ne Gefahr mehr. Wenn ich jetzt nur Duare finden konnte!
Ich verbrachte die folgenden Tage damit, mich mit der Stadt vertraut zu machen und die nötigen Einkäufe zu tätigen. Hier bei ließ ich mich von Ero Shan beraten. Unter anderem erwarb ich einen Wagen.
»Aber wieviel darf ich denn ausgeben?« fragte ich meinen Freund.
»Warum sollte es da eine Grenze geben?« erwiderte er.
»Aber ich könnte doch unehrlich sein und zum Beispiel Dinge kaufen, die ich gar nicht brauche und sie dann wieder verkau fen.«
Ero Shan lachte. »Man weiß, daß Sie das nicht tun werden«, versicherte er mir. »Wenn der Psychologe des Ausschusses nicht davon überzeugt gewesen wäre, daß Sie ein ehrlicher Mann sind, hätten Sie nicht einmal Ihre astronomischen Kenntnisse vor dem Tod gerettet – Unehrlichkeit
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