Venus 02 - Auf der Venus verschollen
von dem Zuspruch, den meine Stunden fanden; es meldeten sich nicht nur Wissenschaftler und Soldaten der ersten fünf Klassen, sondern auch sämtliche Mitglieder des Sanjong, des herrschenden Quintumvirats. Der Wissensdurst dieser Menschen war unstillbar.
Um die Mittagszeit, als ich mein Tagewerk verrichtet hatte, wurde ich gebeten, Korgan Kantum Mohär aufzusuchen, den Mann, der damals meine Untersuchung angeordnet hatte.
Unwillkürlich begann ich mir Sorgen zu machen. Konnte es sein, daß mir eine weitere Prüfung bevorstand?
Als ich in sein Büro trat, begrüßte er mich mit der gleichen Freundlichkeit, mit der er mir am ersten Tag mitgeteilt hatte, daß geprüft werden müßte, ob ich weiterleben dürfte oder nicht; seine Zuvorkommenheit war also alles andere als beruhigend.
»Kommen Sie und setzen Sie sich zu mir«, sagte er. »Ich habe hier etwas, das ich mit Ihnen besprechen möchte.«
Als ich mich neben ihn setzte, sah ich auf seinem Tisch die Zeichnungen ausgebreitet, die ich für Ero Shan gemacht hatte.
»Diese Zeichnungen«, sagte er und deutete auf den Tisch, »wurden mir von Ero Shan gebracht, der sie mir nach bestem Wissen erklärte. Er war begeistert und ich muß gestehen, daß er mich ebenfalls angesteckt hat. Ich bin sehr interessiert und würde gern mehr über diese Schiffe wissen, die durch die Luft fliegen.«
Eine Stunde lang beantwortete ich seine Fragen, wobei ich hauptsächlich die praktischen Aspekte der Luftfahrt betonte – die langen Flüge, die großen Geschwindigkeiten und die Verwendung, die Flugzeuge in Kriegs- und Friedenszeiten gefunden hatten.
Korgan Kantum Mohar war interessiert. Die Fragen, die er stellte, verrieten den geschulten Geist eines Wissenschaftlers.
»Können Sie mir ein solches Schiff bauen?« fragte er schließ lich.
Ich sagte ihm, daß ich das könnte, daß es aber wahrscheinlich langwieriger Versuche bedürfte, um geeignete Maschinen und Materialien zu entwickeln, die sich in einem Flugzeug verwen den ließen.
»Sie haben zwei- oder dreihundert Jahre Zeit«, sagte er lä chelnd, »und alle Möglichkeiten stehen Ihnen offen. Materia lien, die wir noch nicht haben, können wir entwickeln – der Wissenschaft ist nichts unmöglich.«
14
Ich erhielt eine Werkstatt in der Nähe des Tors der Physiker zugewiesen, am Ende der Kantum Lat. Ich erklärte mich hiermit einverstanden, weil das Gelände vor dem Tor ein ideales Flug feld abgab, das ich mit meiner Maschine erreichen konnte, ohne den Verkehr zu stören.
Auf Anraten des Sanjong, das sich neben der Astronomie auch für dieses Projekt interessierte, widmete ich mich beiden Aufgaben zugleich.
Damit war meine Zeit ziemlich angefüllt und ich arbeitete mehr als vier Stunden am Tag. Aber die Arbeit gefiel mir, be sonders die Konstruktion des Flugzeugs, und ich träumte von dem Tag, da ich die Venus in einem eigenen Flugschiff erfor schen konnte.
Die Notwendigkeit, sich zu entspannen und zu vergnügen, wird in Havatoo nicht verkannt und Ero Shan holte mich stän dig von meinem Zeichenbrett fort, um mich auszuführen. Es gab Theater, Kunstausstellungen, Musikspiele, Konzerte und Turniere verschiedenster Art. Viele der Sportarten sind sehr gefährlich und es gibt oft schwere Verletzungen oder gar Todes fälle. Mindestens einmal im Monat kämpfen im großen Sta dion Männer gegen wilde Tiere oder gegeneinander und einmal im Jahr findet das große Kriegsspiel statt. Ero Shan, Gara Lo, Ero Shans Freund, Nalte und ich besuchten das diesjährige Kriegsspiel zusammen. Nalte und ich wußten nicht, auf was wir uns gefaßt machen sollten.
»Niemand will mir etwas verraten«, sagte Nalte. »Ich sollte abwarten, hat man mir geraten. So etwas hätte ich noch nicht gesehen.«
»Das Spiel basiert wahrscheinlich auf der Anwendung mo dernster Kriegsmittel«, vermutete ich.
»Wir werden es bald wissen«, sagte sie. »Jetzt müßte es gleich losgehen.«
Das große Stadion, in dem zweihunderttausend Menschen Platz hatten, war brechend voll; auf den Rängen glitzerte der farbenfrohe Schmuck der Frauen und Männer, der jedoch nichts war gegen die überwältigende Schönheit dieser Menschen.
Plötzlich ging ein Raunen durch die Menge, das sich zu einem Aufschrei steigerte: »Sie kommen! Die Krieger!«
Von beiden Seiten marschierten Männer auf das Feld – Hun dert mit weißen Lendenschürzen von der einen, weitere Hundert mit roten Lendenschürzen von der anderen Seite.
Sie waren mit Schilden und kurzen Schwertern
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