Venus 02 - Auf der Venus verschollen
hätte…«
»Wenn er mich liebte, würde er es mir sagen«, unterbrach sie mich. »Manchmal habe ich den Eindruck, er glaubt, daß ich zu Ihnen gehöre. Immerhin sind wir zusammen hier angekommen und haben uns auch seither mehrmals getroffen.«
Wir hatten unsere Mahlzeit beendet und ich schlug vor, daß wir noch etwas in der Stadt herumfahren und dann ein Konzert besuchen sollten.
»Gehen wir lieber ein wenig spazieren!« sagte Nalte und wir erhoben uns. »Wie schön der Ausblick von hier oben ist!«
Erhellt von dem geheimnisvollen Schimmer der amtorischen Nacht, erstreckte sich der Fluß als bleiches Band oberhalb und unterhalb der Stadt, während das düstere Kormor am anderen Ufer nur ein schwarzer Fleck in der Dunkelheit der Nacht war. Nur wenige Lichter brannten dort drüben.
Wir folgten dem Bürgersteig der Havatoo Lat, bis wir zu ei ner schmalen Seitenstraße kamen, die vom Fluß fortführte.
»Gehen wir hier hinein«, schlug Nalte vor. »Mir ist heute abend mehr nach Ruhe und Dunkelheit zumute.«
Die Straße, in die wir eingebogen waren, lag im Yorgan- Sektor der Stadt; sie war kaum erleuchtet und der Bürgersteig lag verlassen.
Wir hatten erst wenige Meter zurückgelegt, als sich eine Tür hinter uns öffnete und ich Schritte auf dem Bürgersteig hörte. Ich hatte kaum Zeit, mir Gedanken darüber zu machen, als ich auch schon von hinten ergriffen wurde. Als ich mich herum warf, sah ich, daß ein zweiter Mann eben Nalte umfing, ihr die Hand auf den Mund preßte und sie in den Hauseingang zerrte, aus dem die beiden Angreifer gekommen waren.
15
Ich versuchte mich aus dem Griff des Mannes zu befreien, der mich umklammert hielt, aber er war sehr stark. Doch ich konn te mich soweit herumwinden, daß ich einige Schläge anbringen konnte, während er versuchte, mich zu erwürgen.
Obwohl wir nicht sprachen, mußten wir einen ziemlichen Lärm in der stillen Straße gemacht haben, denn im nächsten Augenblick wurde über uns ein Fenster geöffnet und gleich darauf kamen mehrere Männer und Frauen aus den Häusern gestürzt. Aber ehe jemand in unseren Kampf eingreifen konnte, hatte ich meinen Gegner schon zu Boden gezwungen und hockte über ihm, die Hände um seinen Hals gelegt. Ich hätte ihn wahrscheinlich umgebracht, wenn mich nicht die Männer zur Seite gezerrt hätten.
Sie waren schockiert und ärgerlich über die Störung und woll ten nicht auf das hören, was ich ihnen zu sagen versuchte. Wir wurden verhaftet. »Der Richter wird Sie anhören«, war alles, was man mir sagte.
Wir wurden in einen großen Wagen gestoßen, der einem der Bürger gehörte und auf dem kürzesten Wege fuhren wir zum Verwaltungsgebäude neben den Zentrallabors. In Havatoo ver schwendet man keine Zeit. Das Gericht, das aus fünf Mitglie dern bestand, trat in einem großen Raum zusammen, der eine Art Bibliothek zu sein schien.
Einer der Richter fragte uns nach unseren Namen, und als wir unsere Angaben gemacht hatten, traten zwei Schreiber an die Regale und begannen in dicken Büchern zu blättern.
Dann wandten sich die Richter an die Männer, die uns ver haftet hatten und fragten sie aus. Während unser Kampf in al len Einzelheiten beschrieben wurde, legte einer der Schreiber ein Buch geöffnet vor die Richter hin, während der andere wei tersuchte.
Aus dem Buch las ein Richter sodann meine Personalien vor und die Umstände, die zu meiner Ernennung als Bürger Havatoos geführt hatten.
Schließlich wurde ich gebeten, die Angelegenheit zu schildern. In kurzen Worten beschrieb ich den überraschenden Angriff der beiden Männer und die Entführung Naltes und schloß mit den Worten: »Anstatt hier Zeit zu verlieren, sollten Sie mir bei der Suche nach dem Mädchen behilflich sein!«
»Der Frieden Havatoos ist wichtiger als das Leben irgendei nes Individuums«, erwiderte der Richter. »Wenn wir festge stellt haben, wer für den Friedensbruch verantwortlich ist, wer den wir die andere Angelegenheit behandeln.«
Jetzt kam der zweite Schreiber an den Tisch. »Der Name des Gefangenen, der sich Mal Un nennt, ist in den Unterlagen Havatoos nicht verzeichnet.«
Alle wandten sich dem Angreifer zu und zum erstenmal be kam ich ihn richtig zu sehen – vor allem seine Augen! Im glei chen Augenblick wurde ich an die Kälte seiner Hände und sei nes Halses erinnert, die ich bisher nur unbewußt wahrgenommen hatte. Ein Toter hatte mich überfallen!
Ich wandte mich den Richtern zu. »Jetzt verstehe ich!« rief ich. »Als ich nach
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