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Venusblut - Schreiner, J: Venusblut

Venusblut - Schreiner, J: Venusblut

Titel: Venusblut - Schreiner, J: Venusblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Schreiner
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geschürt wurde, als der Mann aufhörte zu lächeln und ihr einen Blick zuwarf. Ein grausamer Zug legte sich um seinen Mund.
    Madame Hazard stellte sich an die Seite des Mannes und umfasste seine Taille.
    »Sophia, das ist Marcellus. Ist er nicht wunderschön? Er wird dir zeigen, was du bisher versäumt hast. Und ich möchte wetten, dass du viel Nachholbedarf hast. Wie alt bist du, mein Kind?«
    »Neunzehn«, flüsterte Sophia unterwürfig.
    Madame Hazard kicherte. Marcellus musterte Sophia nach wie vor ungerührt.
    Sophia hatte sich oft ausgemalt, wie ihr erstes Mal sein würde. Ein liebevoller reicher Mann, der sie verwöhnte und um sie buhlte, bis sie sich ihm schließlich nach angemessener Zeit hingab. Dieses groteske Wesen gehörte nicht in ihre Fantasie.
    »Er hat Flügel. Wie ist so etwas möglich?«, wandte sie sich an ihre Herrin.
    »Dreh dich um Marcellus, damit sie dich ansehen kann.«
    Gehorsam kehrte der Mann Sophia den Rücken zu. Sie sah, dass die Flügel mit seinem Fleisch verwachsen waren. Dicke narbige Wülste zogen sich rund um deren Wurzeln und zeugten von einer oft aufgerissenen Verletzung. Dort, wo die Wirbelsäule verlief, schimmerten schwärzliche Adern durch die Haut. Sophia streckte die Hand aus, verharrte jedoch. Sie brachte es nicht über sich, dieses Wesen zu berühren.
    »Nun lasse ich euch beide allein. Marcellus, du kannst mit ihr tun, was du möchtest. Aber übertreibe es nicht. Ich brauche Sophia noch. Heute Abend muss sie der Gesellschaft aufwarten.«
    Mit diesen Worten zog Madame Hazard den Mann an sich und küsste ihn lange, eine Hand um seinen Hals geschlungen, die andere wanderte zwischen seine Beine.
    In das Keuchen der beiden hinein sagte Sophia: »Bitte, Madame. Ich kann das nicht.«
    Madame Hazard stieß Marcellus von sich und baute sich vor Sophia auf. »Du unverschämtes Gör. Du wagst es, mein Geschenk zurückzuweisen? Gut, wie du willst. Du kannst sofort deinen Koffer packen und in die Gosse zurückkehren, aus der ich dich aufgelesen habe. Die Ratten werden glücklich sein, dich wiederzu sehen. Oder du zeigst ein wenig Dankbarkeit und lernst endlich, das Leben zu genießen.«
    Sophias Augen füllten sich mit Tränen.

    Elena Winterstone erwachte aus einem schrecklichen Albtraum. Sie träumte ihn oft und immer kamen Blut, Tränen und schlagende Flügel darin vor. Sie überlegte, seit wann sie von diesem scheußlichen Mahr gequält wurde. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Seit sie die Resultate fehlgegangener Experimente auswerten musste. Elena verfluchte das Projekt, verfluchte sich selbst, nicht vernünftig genug gewesen zu sein, das Geld abzulehnen. Dafür war sie sogar in dieses entlegene Kaff gezogen. Zwar bot die Stadt alles, was man zum Überleben brauchte, aber mehr auch nicht.
    Sie ging in die winzige Kammer, die nur von einem Vorhang vom restlichen Raum abgetrennt wurde. Der Ärmel ihres dunkelgrauen Kittels ragte aus dem Porzellanbecken. Sie nahm das Kleidungsstück aus dem, von Blut, rot gefärbten Wasser und inspizierte kritisch den Stoff. Elena hängte den Kittel auf die Leine vor ihrem Fenster und hoffte, dass er trocknete, bis sie zu ihrem nächsten Dienst erscheinen musste. Die regelmäßigen Erschütterungen, die Elenas edles Geschirr in der Vitrine zum Klirren brachten, zeigten ihr, dass die Maschinen ihre Arbeit aufgenommen hatten. Die Welt war also trotz ihrer Alpträume dieselbe geblieben.
    Immerhin hatte Elena so wenigstens noch genug Zeit, sich für ihren zweifelsohne langen Arbeitstag etwas zu essen zu kaufen. Sie schlenderte die Mills Road entlang, wich einem quietschenden Greifarm aus, der Zeitungen in ein Regal sortierte und betrat die Bakery.
    »Guten Morgen, Steven, ich hätte gerne das Übliche.«
    Der dicke Bäcker nickte ihr freundlich zu und stellte eine Tasse mit dampfendem Mokkachoc auf die Theke. Gierig schlürfte Elena den Schaum von dem heißen Gebräu. »Ah, das tut gut«, seufzte sie.
    »Du arbeitest zu viel, Süße«, merkte Steven an. »Einen oder zwei Coins?«
    »Gib mir zwei. Es wird spät heute.« Ein Blick auf die surrende Wanduhr im Laden zeigte ihr, dass sie sich nun doch beeilen musste.
    »Was arbeitest du eigentlich? Ich meine, was kann so wichtig sein, dass du die besten Jahre deines Lebens verschwendest?«
    »Bürokram«, sagte Elena. »Wird aber gut bezahlt.«
    »Du kommst seit zwei Jahren fast jeden Morgen in meinen Laden und täglichwerden deine Augenringe dunkler. Ich bin nur ein einfacher Bäcker, aber

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