Venusblut - Schreiner, J: Venusblut
wieder zur Vernunft kommen konnte, schmerzte es mehr, als sie je für möglich gehalten hätte.
»Lass mich nicht hier zurück!« Sie fauchte die Worte beinahe, als die Angst um ihre Schwester mit unverhohlener Macht zugriff und alle anderen Gefühle, selbst ihre Trauer, lähmte. Sie hatte keine Ahnung, was los war oder warum Joel sie ansah, als würde er sie am liebsten ans Kreuz nageln, aber sie durfte ihn nicht gehen lassen – nicht ohne Joline in Sicherheit zu wissen.
»Warum sollte ich dich mitnehmen? Du lügst, wenn du den Mund aufmachst!«
Joel verharrte reglos, während Claires Gesicht wieder zu Judiths wurde; doch es war Claires Stimme, die sagte: »Wegen meiner Schwester. Weil ich sie liebe, mir Sorgen mache und sie retten will – um jeden Preis!«
Nicht, weil ich dich liebe und dich retten will – um jeden Preis. Keine Magie, keine Verführung und keine Tricks – aber Cla…Judith konnte und sie würde.
»Xylos nimmt dich mit – und wenn wir deine Schwester haben, sind wir geschiedene Leute.«
»Xylos fängt seine Gefährtin ab und holt Verstärkung!« Der blonde Vampir mit dem angenehmen Surferboy-Look rappelte sich auf. Er war immer noch zu blass um die Nase, aber seine Entscheidung klang unumstößlich.
Joel nickte, obwohl er seine Lippen zusammenpresste und aussah, als wollte er den anderen Vampir um einen Rollentausch bitten. »In Ordnung!« Seine Stimme enthielt eine unterschwellige Drohung. »Ich nehme dich mit, keine Mätzchen – und das mit dem hinterher »geschiedene Leute« gilt natürlich trotzdem.«
Judith nickte, als Joel Logan als Geisel griff. Sie war immer noch schockiert, der Blick tränenverhangen. Wenn das alles war, was es noch zu sagen und tun gab, dann sollte es so sein. Sie würde versuchen, sich an die guten Momente – die perfekten – zu erinnern. An alles, was Joel ihr gegeben hatte, an die Liebe und die Leidenschaft und … Verdammt! Sie drehte sich zu Xylos und in seinem Blick las sie mehr Verständnis, als sie verkraften konnte. Etwas Neues begann sich in ihr zu regen. Trotz. Wenn Joel dachte, er würde einfach so davonkommen, davonlaufen können, hatte er sich geschnitten. Sie würde kämpfen, um ihn und um seine Liebe – an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit.
»Wenn du meinst!«, meinte sie deshalb nur, ohne wirklich zuzustimmen, und ließ sich von dem Vampir in den Arm nehmen. Einem unbestimmten Ziel entgegen.
36
Reste ihrer Leidenschaft glommen immer noch zwischen ihnen, züngelten in ihren Nerven, huschten über ihre Haut und entließen Maeve nur langsam aus ihrer seligen Erschöpfung. Langsam hob sie ihre Lider und sah ihn an. Das Gefühl zärtlicher Sorge verwandelte sich bei Hasdrubals Anblick schlagartig in namenloses Entsetzen. Zu stark, um es ausreichend in Worte zu fassen.
»Was hast du getan?«
Panik verdrängte ihr Wohlbefinden. Doch so sehr sie auch versuchte, böse auf den Karthager zu sein, es gelang ihr nicht. Sein verzücktes Lächeln und sein Gesicht, das vor Liebe strahlte, waren zu überwältigend. Trauer und das Gefühl einer vagen Schuld verknoteten sich schwer in Maeves Innerem und übten schmerzhaften Druck auf ihre Gedanken aus.
»Ich hätte nicht gedacht, dass es funktioniert.« Hasdrubal strahlte immer noch und nutzte die Hand, mit der er nicht seinen Kopf stützte, um über Maeves Wange zu streicheln.
»Dass es funktioniert?« Sie wich seiner Berührung aus und starrte ihn fassungslos an. »Du hast das geplant?«
»Ich habe einen Fehler wiedergutgemacht.« Hasdrubal gelang es trotz seiner unbequemen Position, mit den Schultern zu zucken. Dann beugte er sich vor und küsste sie zärtlich auf die Nasenspitze.
»Wie konntest du?« Maeve sprang auf. »Du hattest kein Recht dazu!«
Hasdrubal setzte sich auf, um sie prüfend anzusehen. »Liebst du mich?«
»Ja.« Maeve antwortete ohne zu zögern.
»Dann hatte ich jedes Recht der Welt.« Hasdrubal presste seine Lippen aufeinander und sein Blick war so hart, wie Maeve ihn nie zuvor gesehen hatte. Anmaßend, der Gott seines eigenen Schicksals.
»Du hättest mich fragen müssen.« Er hatte in ihre Privatsphäre eingegriffen und den Bund umgelenkt – und damit alles verändert. Jede Entscheidung, jede Handlung erhielt nun eine andere Bedeutung.
»Dann hättest du Nein gesagt.«
Hasdrubal stand auf und trat vor Maeve. Sie ließ zu, dass er seine Arme hob und schloss die Augen, als sich seine Hände um ihr Gesicht legten. Sie genoss die sanften, zärtlichen Berührungen,
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