Venusblut - Schreiner, J: Venusblut
noch bevor sie auf das magische Wissen, das einer höheren Quelle entsprungen zu sein schien, zurückgreifen konnte. Im Blinzeln eines Augenblicks war Artabanos gelähmt, sein Geist in einem statuenhaft erstarrten Körper gefangen. Nur seine Augen waren noch lebendig.
Xerxes wich entsetzt einen Schritt zurück. Die Verzweiflung in seinen Augen schien bis auf den Grund seiner Seele zu reichen, als er sich respektvoll zu Judith umdrehte. »Bitte nicht! Nicht das!«
»Was?« Judith registrierte dankbar, dass Maeve dicht hinter sie getreten war und ihr durch ihre bloße Anwesenheit Rückhalt gab.
Xerxes wirkte, als würde er am liebsten vor ihr auf die Knie gehen, um seiner Bitte Ausdruck zu verleihen. »Nimm ihm seine vampirischen Fähigkeiten, aber mache ihn nicht zu einer Statue … mache ihn zu einem Menschen!«
Judith konnte die plötzliche Panik spüren, die von Artabanos ausging, seine Angst und Verzweiflung. Doch sie galt nicht der Tatsache, für immer so gefangen zu bleiben, als Statue, reglos und zum bloßen Zuschauen verdammt und auch nicht der Option, als Mensch zu leben. Sie galt der Tatsache, sich niemals an Xerxes rächen zu können.
»Wie soll das funktionieren?« Hasdrubal hatte seine Stimme und seinen Verstand wieder unter Kontrolle.
»Sie kann es!« Xerxes nickte in Judiths Richtung. »Sie hat das Elixier getrunken, IST das Elixier, die Menschlichkeit oder die Unsterblichkeit für uns alle.«
Judith schüttelte ungläubig den Kopf, als ihr zum ersten Mal die volle Tragweite des Elixiers und und des Magnus’schen Plans aufgingen. Aber es konnte nicht sein! Sie war nicht das Heilmittel der Vampire … hatte sich auch nicht durch das Trinken des Elixiers in eine Hexe verwandelt … Ihr Vater hatte sie nicht in eine Hexe verwandelt … Sie spürte eine leichte Berührung an ihren Fingern und sah an ihrem Arm hinab. Eine Hand verharrte direkt neben ihrer, als wüsste sie nicht, ob sie willkommen war. Judith sah auf und blickte in Joels mitfühlendes Gesicht.
Mitleid?
Ihre Kehle schnürte sich zu und sie sah zu Boden. Doch Joel ließ es nicht zu. Seine Hand legte sich unter ihr Kinn und zwang Judith mit sanftem Nachdruck dazu, wieder aufzusehen.
»Du weißt, dass ich dich liebe, egal wer oder was du bist, oder?« Seine Stimme klang samtig weich wie immer, doch ein Hauch Nachdenklichkeit hatte sich darunter gelegt. So, als wäre ihm die Tatsache in seinen Worten schon lange klar – und als wüsste er nicht, ob sie es begriffen hatte. »Hexe hin oder her!«
Xylos räusperte sich. »Joel, du musst wirklich in die Liebes-Lehre.« Als sich Joel umdrehte, fügte er mit einem leichten Tadel hinzu: »Ganz mieser Zeitpunkt.«
»Sie hat das Elixier getrunken?« Melanie machte eine Frage aus der Tatsache, die inzwischen jedem anwesenden Vampir klar geworden war.
»Sie ist eine Hexe!« Maeve hätte über die Weitsicht ihrer Schwester beinahe gelacht. Wie klug von ihr das Elixier zu erschaffen, und dafür zu sorgen, dass Magnus – der immer logische Magnus – es stahl und seiner Tochter gab, um so, durch die Erschaffung einer neuen Hexe, alle Vampire zu retten. Sie legte eine Hand auf Judiths Schulter und übte leichten Druck aus, um ihre Nichte in Artabanos‘ Richtung zu dirigieren. »Menschlichkeit ist eine gute Idee.«
»Aber nur, wenn Xerxes auch ein Mensch wird.« Sofia löste sich aus ihrer Erstarrung und trat neben ihre Zwillingsschwester, die sie mit einem Arm umarmte, ohne Artabanos und Xerxes aus den Augen zu lassen.
Der einstige Perserkönig überlegte nur kurz, bevor er nickte. Mit seiner Entscheidung überraschte er alle.
Maeve nahm Judiths Hand, die Joel nicht in Beschlag genommen hatte und drückte sie aufmunternd. »Bist du bereit?«
»Ich habe keine Ahnung, was ich hier eigentlich tue«, gab Judith leise zu. Trotzdem war sie sicher, dass jeder Vampir ihr Flüstern hören konnte.
»Ich denke, die Magie weiß es.« Die Selbstsicherheit Maeves und die Liebe in ihrem Blick vertrieb Judiths Sorgen. Sie hatte eine neue Familie gewonnen!
Als habe Xerxes ihre Gedanken gelesen, zwinkerte er ihr zu. »Sie ist dort, wo sie hingehört, im Wohnheim. Ein interessanter Ring übrigens.«
»Danke!« Das Glück in Judiths Wort klang selbst in ihren Ohren überschwänglich, war aber noch viel zu wenig, um die Erleichterung zu deutlich zu machen, die durch sie tobte. Ein Teil Judiths hatte zwar die ganze Zeit gewusst, dass es Joline nicht schlecht ging, aber die drohende Gefahr war wie das
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