Venusblut - Schreiner, J: Venusblut
sprichwörtliche Damoklesschwert gewesen – und dem neuen, magischen Teil ihrer Selbst durchgängig bewusst.
Und genau dieser Teil schaltete sich jetzt wieder ein, vehement und … Judith schloss ihre Augen, zeitgleich mit Maeve und konzentrierte sich. Sie konnte fühlen, wie sich ihre Gedanken denen der Vampirkönigin anpassten, sich ihr unterordneten, mit ihr austauschten und schließlich auf ihre Kraftreserven – die sich nun, nach der Vernichtung der Rebellen, auf nahezu alle Vampire erstreckten – zurückgriffen. Judith konnte die Magie, die aus Maeves Ideen und Vorstellungen geboren wurde, fühlen. Sie verknotete sich, bildete Gitter und Muster und griff nach Artabanos und Xerxes. Die Magie legte sich um die alten Vampire und drang in ihre Auren, Körper und Seelen ein, bis die beiden vor Leben pulsierten. Judith spürte die Kraft des ewigen Kreislaufes in ihren Adern, in ihrem Geist und in ihrem Wesen. Und doch wusste sie, dass es bei Xerxes nicht gewirkt hatte. Er war menschlicher geworden, aber der Effekt würde nicht lange anhalten. Der Vampir war zu alt, seine Chance auf ein menschliches Leben vertan. Auch Magie hatte ihre Grenzen.
Judith sah Maeve an, die stumm nickte. Auch die Vampirkönigin hatte die Tragödie bemerkt und rang mit einer endgültigen Entscheidung. Endlich kristallisierte sich eine Idee aus Maeves Gedanken, beinahe, als wäre es Judiths eigene und gemeinsam nahmen sie Xerxes und Artabanos die Erinnerung und konzentrierten sich dann auf Logan, der sofort begriff.
»Das kannst du nicht tun, Maeve!« Er trat zurück. »Ihr könnt mich nicht so lassen und mir meine Erinnerung nehmen. Sie werden mich jagen und töten.«
»Sie werden es versuchen.« Maeve benötigte nur einen Augenblick, um ihrem einstigen Helfer die Erinnerung an sein Dasein als Vampir zu nehmen.
Er würde ein Mensch bleiben – bis zu seinem Tod.
Die Vampirkönigin richtete ihre Aufmerksamkeit auf Xerxes und Artabanos.Beide wirkten wie Menschen, blickten verwirrt und verständnislos von einem zum anderen, bar jeder Erinnerung. Abermals prüfte sie das Gedächtnis der beiden einst ältesten Feinde der Welt – es war leer. Bereit, mit neuen Erinnerungen, neuem Leben und neuer Zukunft gefüllt zu werden.
Die Königin spürte, wie Judiths Blick auf Xerxes ruhte. Würde er ein Mensch bleiben? Sie wusste es nicht und konnte nur hoffen.
»Entschuldigung?« Fee, die sich bislang zurückgehalten hatte, trat aus dem Schatten und schien sich unter der allgemeinen Aufmerksamkeit unwohl zu fühlen.
»Sprich!« Maeve lächelte und allein diese Geste schien dafür zu sorgen, dass Fee sich entspannte. Trotzdem bemühte sie sich darum, ihren Gefährten nicht anzusehen.
»Ich wäre auch gerne wieder ein Mensch.«
»Was?« Gorgias, der bisher unbeachtet am Rande des Geschehens gestanden hatte, trat entsetzt auf seine Geliebte zu.
»Es ist ihre Entscheidung.« Maeves Stimme enthielt nur einen leichten Tadel.
»Aber …« Der Rothaarige schwieg und warf Xylos, der immer noch das Rätsel um die Kette seines einstigen Freundes zu ergründen suchte, einen vernichtenden Blick zu.
»Es ist nicht wegen ihm.« Fees Stimme enthielt Trauer. »All diese Intrigen, diese Kämpfe. Ich weiß nicht, wie ihr das aushaltet und warum ihr eigentlich unsterblich sein wollt.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich jedenfalls will das alles gar nicht. Ich will leben, ich will Kinder und eine Familie.«
Maeve nickte verständnisvoll und sah Judith an. Magnus’ Tochter wirkte immer noch überrumpelt, schien aber auf Joels Meinung und auf Maeves zu vertrauen.
»Stopp!« Gorgias trat verzweifelt zu Fee und nahm ihre Hände in seine. »Und was ist mit uns? Was ist mit unserer Liebe?«
Fee sah an Gorgias vorbei und für einen kurzen Moment erschien es, als flehte sie darum, diese Frage nicht beantworten zu müssen.
»Welcher Liebe denn? Du liebst doch schon so viele Frauen, wo habe ich da noch Platz in deinem Herzen?«
Selbst jetzt hatte er die Kette in der Hand, ihre Glieder drückten schmerzhaft gegen Fees Haut und erinnerten sie daran, dass alle fünf Perlen bewohnt waren.
Gorgias benötigte einige Sekunden, um den Zusammenhang zwischen Fees Worten und der Kette zu finden.
»Du meinst meine Familie?« Ungläubig löste er die Hand mit der Kette von Fee und hielt die Perlen so, dass sie sie sehen konnte. »Darf ich vorstellen? Meine Mutter, meine Großmutter und meine Geschwister.«
Er löste auch die zweite Hand von Fees Fingern und strich ihr
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