Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers
hatte sich angekündigt. Endlich hatte sie das getan.
Er war gerade dabei gewesen, die Gebrauchsanweisung des schnurlosen Telefons zu lesen, als das alte Gerät auf seinem Schreibtisch klingelte. Wunderbare wohl temperierte Stimme.
Wie unendlich hatte er sie vermisst.
Perak kramte in dem Mooreichenschreibtisch herum, dessen eine Tür einen kleinen Kratzer aufwies. Da, wo er ein Werkzeug angesetzt hatte, um ihn zu zerlegen. Vorläufig war er von dem Projekt abgekommen.
Er fand eine Zigarettendose. Aus schwerem Gold.
Ein Monogramm darin, das ihm unbekannt war.
Weder seine Mutter noch er hatten je geraucht.
Ein verschlungenes G als ersten Buchstaben.
Vielleicht ein Zeichen von einer höheren Macht. Gloria.
Der Saphirblauen würde das sicher gefallen.
Warum verheimlichte sie ihm so viel? Nicht einmal ihren Nachnamen gab sie preis. Wenn er mit einem P anfinge.
Philip Perak sah auf die goldene Dose.
Hatte sie seinem geheimnisvollen Vater gehört? Ola Perak hätte nie etwas anderes geboren als ein eheliches Kind. Davon war er überzeugt. Doch er erinnerte sich nicht, je seine Geburtsurkunde gesehen zu haben.
Perak lachte. Wenn er vor den großen Spiegel in der Diele träte, wäre er wahrscheinlich darin gar nicht vorhanden.
Ein Vampir. Eine Illusion. Graf Dracula.
Könnte er Gloria damit entzücken? Doch vielleicht sollte er es ganz schlicht inszenieren dieses Mal.
Nur die goldene Zigarettendose hinlegen und sich selbst.
Vielleicht in einem blauen losen Gewand?
Philip Perak dachte an die Betörung des Merlin.
Woher sollte er dieses blaue lose Gewand in der Eile bekommen? Bis morgen Abend. Täte es nicht eine große Stoffbahn? Brokat vielleicht. Brokat war präraffaelitisch.
Er dachte einen Moment lang dar an, seinen Schneider anzurufen. Doch es war ihm peinlich.
Vielleicht hielte ihn der noch für schwul.
Dabei sollte dies eine Vorführung für die schönste der Frauen sein. Und Philip Perak war ihr Verführer.
Er ging in den Halbschatten seines begehbaren Schrankes und suchte nach einem Kleidungsstück, doch nichts schien ihm passend. Zu sehr hatte sich seine Phantasie schon an einer präraffaelitischen Gestalt festgemacht.
Nichts anderes blieb ihm, als diesen besonderen Laden aufzusuchen, der auf der oberen Etage einer alten Villa Stoffe anbot, die aus Mondsilber und Sternenglanz gewebt schienen. Vielleicht war man dort auch bereit, den Stoff zu säumen oder sogar eine Toga daraus zu nähen.
Das alles bis morgen. Schließlich würde er ein Vermögen lassen müssen für ein paar Bahnen Stoff.
Perak wollte gerade das halbe Zimmer verlassen, als etwas vor seinen Füßen blinkte. Er bückte sich und hob einen Knopf auf. Einen goldenen Knopf, der die Laokoon-Gruppe zeigte. Hatte er nicht einen solchen vor längerer Zeit im Kaminzimmer des Vierjahreszeiten verloren?
Den Blazer hatte er seitdem nicht getragen.
Philip Perak sah auf den Knopf in seiner Hand.
Er konnte nicht anders, als darin ein Zeichen zu sehen.
Ein gutes Zeichen. Obwohl es doch für Laokoon und seine Söhne nicht gut ausgegangen war.
Nick hätte nur über den Gang gehen müssen, um vor Leos Tür zu stehen. In ihr Büro zu treten. Doch er tat es nicht.
Er stand vor der Bildredaktion und hielt die Tüte mit den Filmen in der Hand und noch zögerte er, hineinzugehen.
Als hoffe er, dass Leo ganz zufällig käme.
Schließlich öffnete er die Tür zu dem großen lauten Raum, dessen Redakteure für die Fotografen zuständig waren.
Eine kleine Auftragsarbeit, die er da abgab.
Ein Produzent aus Hollywood, der eine Pressekonferenz im Hotel Atlantic gegeben hatte. Nick hasste es, in einem Pulk von Kollegen zu stehen, die ihre Filme in Hektik verschossen, um aus einem dicklichen Mann in schwarzem Design einen Glanz im Blitzlichtgewitter werden zu lassen.
Nick konnte es sich längst nicht mehr aussuchen.
Er fühlte sich niedergeschlagen, als er zu seinem Auto ging.
Zweimal musste er den Zündschlüssel drehen, bevor der alte Golf ansprang. Dabei hatte Nick das letzte Geld in Benzin angelegt. Wenigstens mobil musste er bleiben.
Auf dem Sprung sein, um Produzenten abzulichten oder Leo beizustehen. Hatte er nicht letzte Nacht geträumt, eine Schlange zu köpfen, um Leo zu befreien?
Warum ausgerechnet eine Schlange? Warum keinen Wolf?
Nick steckte seinen Chip in den Automaten und die Schranke ging hoch und ließ ihn auf der Hafenseite hinaus.
Nick bog zum Baumwall ab und blieb an der Ampel stehen.
Er schob eine Kassette in den
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