Verbannt
Pferdemagazinen beladenen Tischchen stand. Ich verzog mich in die Küche.
„Was kann ich dir bringen, Clint? Kaffee, Tee oder was Stärkeres?“ Während ich auf eine Antwort wartete, suchte ich nach Tassen.
„Gerne einen Kaffee, wenn’s nicht zu viele Umstände macht.“
„Ich habe immer eine Kanne frischen da“, sagte Dad. „Hoffentlich mögen Sie ihn stark.“
„Oh ja.“ Clint lächelte.
„Bugs, ich glaube, ich habe noch einen Single Malt in dem Schrank da drüben, den du seit mehr als sechs Monaten nicht mehr angerührt hast. Falls du den Geschmack daran also wiedergewonnen haben solltest ...“
Von ihm mit meinem Spitznamen angesprochen zu werden, ließ mir die Tränen in die Augen steigen. Es fiel mir schwer, Clint Kaffee einzuschenken, weil ich durch den Tränenschleier kaum etwas sah – und dann begriff ich, was er gerade gesagt hatte. Ich liebe Single Malt Scotch. Schon seit meiner ersten Reise nach Schottland, die über zehn Jahre her ist. Während meiner Zeit in Partholon hatte ich gelernt, dass Rhiannon Scotch überhaupt nicht leiden konnte. Sie fand ihn zu gewöhnlich. Dads Kommentar war ein handfester Beweis dafür, dass sie hier gewesen war. Sie hatte sich also noch in einen anderen Bereich meines Lebens geschlichen und darin herumgeschnüffelt. Der Gedanke verletzte mich und machte mich gleichzeitig wütend.
Ich erhitzte etwas Wasser für meinen Tee und trug beide Tassen ins Wohnzimmer.
„Brauchst du noch was, Dad?“
„Nein. Ich habe hier noch meinen Baileys und Kaffee.“ Er schaute mich neugierig an und fügte hinzu: „Du weißt, dass ich normalerweise so spät keinen Kaffee mehr trinke, aber irgendetwas sagte mir, dass ich heute Nacht lieberwach bleiben sollte.“
Ich setzte mich neben Clint auf die Couch und tippte meinen Teebeutel nervös ins Wasser.
„Immer noch keinen Appetit auf Scotch, hm? Ich glaube, du hast diesen teuren Rotwein getrunken, als du das letzte Mal hier warst, wann war das noch ...“ Seine Stimme wurde immer leiser, als würde er sich nicht erinnern wollen.
„Nein! Ich meine, ja!“ Ich schüttelte den Kopf und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. „Ich meine, ich mag Scotch immer noch, aber ich halte Tee für die weisere Entscheidung heute Abend.“ Und die nächsten sieben Monate oder so, fügte ich im Stillen hinzu.
Schweigend nippten wir an unseren Getränken. Ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte, aber alleine schon in diesem vertrauten Raum zu sein gab mir Kraft, und ich konnte mit dem Grauen, das der heutige Tag mit sich gebracht hatte, besser umgehen.
Ich blinzelte und setzte mich abrupt auf. „Wo ist Mama Parker?“ Die Abwesenheit meiner Stiefmutter war auf einmal merklich spürbar. Sie sollte geschäftig hin und her eilen, einen Wirbel darum veranstalten, mich aus diesen dreckigen, nassen Klamotten zu kriegen, und generell Muttersachen tun und sagen, die einem das Gefühl geben, geliebt zu werden. Ich schämte mich, dass ich nicht schon früher nach ihr gefragt hatte.
„Mama Parker besucht ihre Schwester in Phoenix.“
„Ohne dich?“ Das war schwer zu glauben. Sie sind seit einer Ewigkeit verheiratet, unternehmen aber immer noch alles gemeinsam. Es ist genauso süß wie ekelhaft.
„Sie hatte diese Reise schon seit Monaten geplant. Ich sollte sie eigentlich begleiten, aber einer der Jährlinge dachte, er müsse durch einen Zaun laufen und versuchen, sich ein Bein abzureißen. Also bin ich hiergeblieben, um mich um den hitzköpfigen Trottel zu kümmern.“
Ich nickte bei dieser bekannten Litanei über die Beschwerden der Pferde. Es gab wenig, das in den Augen meines Vaters dümmer war als ein Rennpferd – und noch viel weniger, das er so sehr liebte.
Ich wusste, dass ich langsam zum Grund meines Besuchs kommen sollte, aber die angenehme Unterhaltung machte mir deutlich, wie sehr ich mich nach einem Hauch Normalität sehnte, sogar wenn sie nur flüchtig und eine Illusion war.
„Und, was macht die Schule?“, fragte ich.
Bevor ich in das Leben einer Hohepriesterin in einer anderen Dimension gefegt worden war, war ich sehr glücklich damit gewesen, an der Broken Arrow Highschool Englisch zu unterrichten. Das war zufälligerweise dieselbe Schule, an der mein Vater seit beinahe drei Jahrzehnte die absolute Lehrer- und Coach-Legende war. Die Schüler gaben meinem Humorzentrum jeden Tag neue Nahrung. Wirklich. Wo sonst als an einer öffentlichen Schule kann man einen Job finden, der es einem erlaubt, jeden Tag vor mehr
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