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Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Titel: Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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auf und wies mit dem Kinn zum Fahrstuhl. „Und jetzt lass
uns gehen, von dem Desinfektionsmitteldunst wird einem ja ganz anders.“
    Wir
fuhren nach unten, und ich duckte mich auf dem Weg zum Ausgang neben Rasmus, um
den Blicken des Portiers auszuweichen. Erst als wir ins Freie traten und der
kalte Wind mich zum Zittern brachte, bemerkte ich, dass ich in der Eile meinen
Mantel in der Schule vergessen hatte.
    „Bitte
entschuldige, wenn das jetzt zu klischeehaft ist“, sagte Rasmus ironisch, aber
mit samtweicher Stimme. Er klemmte sich kurz das Rezept zwischen die Lippen,
das er von der Krankenschwester bekommen hatte, dann zog er seine Jacke wieder
aus und hängte sie mir um.
    „Danke“,
antwortete ich befangen. Schnell zog ich den grauen Stoff eng um meinen Körper,
damit ich darin nicht so aussah, als hätte ich zu breite Schultern.
    „Ich
kann ja nicht zulassen, dass du dich erkältest“, gab Rasmus zurück, und jetzt
klang es eindeutig nach Spott – doch ob über mich oder sich selbst, war mir
nicht ganz klar. „Der Unfall war genug Pech für diesen Tag. Und dabei ist es“,
er warf einen Blick auf sein Handy, „noch nicht einmal zwei Uhr.“ Unvermittelt
blieb er stehen und sah mich mit geweiteten Augen an. „Ich muss dir unbedingt
etwas sagen.“
    „Ja?“,
fragte ich ein bisschen zu schnell. „Ich meine … was gibt’s?“
    „Ich
bin schockiert !“
    Ich
schluckte und hoffte, dass sich meine Stimme nicht allzu enttäuscht anhörte.
„Wieso denn das?“
    „Du
schwänzt die Schule? Bleibst unerlaubterweise dem Unterricht fern? Ausgerechnet
du?“
    „Und
wennschon“, erwiderte ich verlegen.
    „Ah“,
sagte Rasmus und musterte mich bekümmert, „das ist genau die Einstellung, die
ich befürchtet hatte. Mit dem Schulschwänzen fängt es an, dann kommen die
kleinen Ladendiebstähle …“
    „Lass
das.“
    „…
Vandalismus, U-Bahn-Surfen …“
    „Ich
höre dir überhaupt nicht zu.“
    „…
Alkohol und Drogen. Übrigens“, er senkte die Stimme und wedelte mit seinem
Rezept vor meiner Nase herum, „ich hätte da was am Start.“
    „Was
ist das?“, fragte ich ohne nachzudenken, und Rasmus prustete los.
    „Sofort
springst du darauf an, was soll nur aus dir werden!“ Er faltete das Rezept
zusammen und steckte es in seine Hosentasche. „Sind bloß Beruhigungspillen, für
den Fall, dass ich nachträglich unter dem traumatischen Erlebnis leide. Ich
kann sie nicht brauchen, aber ich habe mir schon gedacht, dass es da einen
potentieller Abnehmer gibt, als ich dich plötzlich beim Aufzug gesehen habe.“
    „Als
ob du dir auch nur annähernd so etwas gedacht hättest!“, widersprach ich etwas
verstimmt. „Du warst doch damit beschäftigt, der Krankenschwester
hinterherzugucken.“
    „Bitte
was?“
    Sofort
bereute ich es, überhaupt davon angefangen zu haben. „Na ja“, sagte ich
ausweichend, „sie schien zumindest recht angetan von dir zu sein.“
    Rasmus
zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Schon möglich.“
    „Du
wirkst nicht überrascht.“
    „Bist
du es etwa?“ Sein verschlagener Gesichtsausdruck mit der hochgezogenen
Augenbraue sah so gespielt aus, dass ich gegen meinen Willen lachen musste.
    „Bescheidenheit
ist eine Zier, hast du davon schon mal gehört? Und sag jetzt nicht, dass es
auch bei der Zier zu viel des Guten geben kann!“
    „Wollte
ich gar nicht“, behauptete Rasmus und grinste mich an. „Aber lassen wir das.
Was machst du jetzt, fährst du zur Schule zurück, oder schlägst du dich
endgültig auf die dunkle Seite der Macht und gehst mit mir irgendwo zu Mittag
essen?“
    „Ähm,
Schule“, entschied ich widerstrebend. „Ich kann eben nicht aus meiner Haut.“
    „Verlangt
auch keiner.“
    Ohne
jede Vorwarnung lief Rasmus los, und ich starrte ihm völlig verdattert
hinterher, bis ich bemerkte, dass bei der Haltestelle am anderen Ende der Straße
gerade der Bus stand, der mich zur Schule zurückbringen würde. Weil ich nicht
auch noch den letzten Rest meines Taschengelds für ein Taxi auf den Kopf hauen
wollte, setzte ich mich mit einem leisen Fluch in Bewegung und versuchte Rasmus
einzuholen, was mir natürlich nicht gelang. Obwohl er den Weg bloß in lockerem
Jogging-Schritt zurückgelegt hatte, stand er schon längst an der Haltestelle
und hielt die Tür des Busses mit einem Fuß offen, als ich ihn endlich
erreichte. Nach Luft ringend begann ich mich aus seiner Jacke zu schälen, da
legte er plötzlich die Hände um meine Taille und hob mich in den Bus,

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