Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)
man
durch das Haar strich, genauso wenig allerdings der Typ, der Panikattacken
hatte – als er auch schon wieder den Kopf hob. Ich hatte seine Augen noch nie
so weit geöffnet gesehen, die Pupillen waren riesengroß, doch zugleich lag nun
eine unendliche Erleichterung in seinem Blick.
„Nichts
passiert“, meinte er und hob einen Mundwinkel, aber zu einem Grinsen reichte es
nicht. Mir kam dieser Satz irgendwie seltsam vor, schließlich waren seit dem
Beinahe-Unfall bereits mehrere Minuten vergangen; doch vielleicht hatte Rasmus
diese Zeit einfach gebraucht, um sich zu beruhigen. Ich hatte keine Gelegenheit
mehr, mir darüber Gedanken zu machen, denn im nächsten Augenblick flog die Tür
hinter uns auf und Eric torkelte zusammen mit zwei seiner Kumpels ins Freie.
Ein Schwall stickiger Luft strömte aus dem überhitzten Lokal zu uns heraus,
bevor die Türe wieder ins Schloss fiel und der Lärm zu einem Gemurmel gedämpft
wurde. Eric breitete die Arme aus, sodass ich selbst im fahlen Licht der
Straßenlaternen die Schweißflecken unter seinen Achseln erkennen konnte, und
grölte in die Nacht hinaus:
„Gooood
morning, Vietnaaaam!“
Weder
er noch seine Freunde trugen Jacken, ihre Gesichter glänzten und das Haar
klebte ihnen an den Schläfen. „Ist das eine Affenhitze da drin“, stöhnte einer
der beiden Jungen, den ich als Basketballspieler erkannte, und zog den feuchten
Stoff seines Shirts von seinem Bauch weg.
„Wenn
man sich auf der Tanzfläche so verausgabt wie du, wird einem natürlich heiß“,
bemerkte der andere trocken und kramte eine Zigarettenpackung aus seiner
Hosentasche hervor.
„Und
dir wird heiß, wenn du mir dabei zusiehst, mein Süßer“, spottete der erste, was
einen Lachanfall bei Eric auslöste. Zusammengekrümmt japste er: „Los, zeig ihm,
was du wert bist, Tom“, woraufhin sich sein Freund das schweißdurchtränkte
Shirt über den Kopf zog und es dem anderen, der sich gerade eine Zigarette
zwischen die Lippen geklemmt hatte, ins Gesicht warf.
Neben
mir fing Jinxy an zu glucksen, was die Aufmerksamkeit der drei Jungen auf uns
lenkte. Kaum hatte Eric uns im Halbdunkel zwischen den Straßenlaternen
entdeckt, riss er sich ebenfalls sein Hemd vom Leib und schwenkte es wie eine
Fahne durch die Luft.
„Hey,
Lily, fang!“, johlte er, und ich zog schnell den Kopf ein.
„Bloß
nicht!“, warnte ich, doch da hatte sich Eric auch schon Rasmus zugewandt, der
immer noch auf dem Pfeiler saß und das lächerliche Gebaren der drei
unbeeindruckt beobachtet hatte.
„Da
ist ja unser Wunderkind, die große Hoffnung von Coach Rodriguez!“, rief Eric
aus und kam schwankend auf Rasmus zu. „Was glaubst du, wird dir der
Aushilfstrainer deine Launen ebenso durchgehen lassen? Und wird er dir auch
erlauben, dass du in denselben Klamotten trainierst, mit denen du danach noch
den ganzen restlichen Tag herumläufst?“
Breitbeinig
baute er sich vor uns auf und blickte auf Rasmus hinunter. „Komm schon, wieso
benimmst du dich eigentlich immer wie eine scheue Jungfrau?“, fragte er und
streckte den Arm aus, während seine beiden Freunde sich vor Lachen bogen. „Du
musst doch da drinnen auch ganz schön ins Schwitzen gekommen sein!“ Für einen
Augenblick glaubte ich, er wollte Rasmus in die Nieren boxen, aber dann packte
er nur dessen Shirt am Saum und versuchte es hochzuziehen.
Rasmus
wischte seine Hand weg, so wie eine Katze träge nach einer Fliege schlägt.
„Soll das irgendeine Art von vorpubertärem Humor sein?“, fragte er, und es
klang beinahe gelangweilt.
„Du
glaubst, ich mache Witze?“ Auf einmal war das Feixen aus Erics Gesicht
verschwunden, und seine Stimme hatte einen drohenden Unterton angenommen (den
ich bei einer anderen Gelegenheit als reichlich lächerlich empfunden hätte).
„Wirke ich auf dich vielleicht besonders komisch?“
„Tja,
weißt du“, antwortete Rasmus gedehnt und rieb sich die Schulter, „was soll ich
dir sagen …“
Er
hatte das letzte Wort kaum ausgesprochen, als Eric sich blitzschnell zu seinem
rauchenden Freund drehte; als er sich wieder umwandte, hielt er die glimmende
Zigarette in der Hand. Er packte Rasmus im Nacken und drückte seinen Kopf nach
unten, während er gleichzeitig den orangeglühenden Punkt über Rasmus‘ gebeugtem
Rücken schweben ließ, als wollte er ein Loch in sein Shirt brennen. Ich machte
einen Satz nach vorne, einen empörten Ausruf auf den Lippen, da hatte Rasmus
Erics Hand bereits abgeschüttelt. Langsam erhob er sich und sah
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