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Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Titel: Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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beinahe eine Höhe
von zehn Metern erreicht hatte. Von da an konnte ich ihn nicht mehr sehen, weil
er vom oberen Rand des Fensterrahmens verdeckt wurde. Ich beugte mich vor,
kniff die Augen zusammen und drückte die Stirn gegen das Fenster … das nur
angelehnt gewesen war. Es gelang mir gerade noch, mich am steinernen Sims
festhalten und so zu verhindern, dass ich durch die Öffnung purzelte, doch das
Fenster schwang nach innen und schlug krachend gegen die Wand. Von meiner neuen
Position aus beobachtete ich, wie Rasmus vor Schreck zusammenzuckte, er fuhr
herum und blickte mir direkt ins Gesicht, bevor er das Gleichgewicht verlor.
Mit einem hässlichen, durchdringenden Knacken landete er kopfüber auf dem
Granit.
    Einen
Moment lang verharrte ich noch an meinem Späherposten, die Hände auf den Mund
gepresst. Dann zog ich mich am Fenstersims hoch und fiel mehr in den Raum als
dass ich sprang. Sofort war ich wieder auf den Beinen und rannte auf die Leiter
zu, vor der Rasmus zusammengerollt auf dem Boden lag. Ich wollte seinen Namen
rufen, doch das Wort blieb mir im Hals stecken, als er sich bewegte. Noch ehe
ich bei ihm angelangt war, hatte er sich bereits ohne Schwierigkeiten
aufgerichtet – er schien völlig unverletzt.
    Wie
angewurzelt blieb ich stehen, während Rasmus langsam auf die Füße kam und mir
schweigend entgegenschaute. „Wie ist das möglich?“, gelang es mir zu flüstern.
„Ich habe doch genau gesehen …“ Und dann, als ich meine Augen zu der Stelle
huschen ließ, wo Rasmus mit dem Kopf aufgeschlagen war, bemerkte ich die
Sprünge. Sprünge im Granit.
    „Du
solltest nicht hier sein“, hörte ich Rasmus sagen, und seine Stimme klang
seltsam dumpf. „Fahr zurück zur Schule.“
    Ich
starrte ihn an. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, sodass die Knöchel weiß
hervortraten. Nun war das Zittern nicht mehr zu übersehen, und es wurde mit
jeder Sekunde heftiger. Plötzlich ging ein Ruck durch Rasmus‘ Körper, und er
krümmte sich zusammen, als hätte ihm jemand ein Messer zwischen die
Schulterblätter gerammt. „Lily, verschwinde, das meine ich ernst!“, würgte er
hervor, doch ich war schon bei ihm. Entsetzt riss ich den Stoff seines T-Shirts
nach oben und erkannte zwei breite Narben, die schräg seinen gesamten Rücken
hinabliefen. Unter meinem fassungslosen Blick schienen sie sich zu verändern,
sich dunkel zu verfärben und stärker hervorzutreten, und es wirkte fast so, als
ob sie im Rhythmus von Rasmus‘ Herzschlag pulsierten.
    Alle
Kraft wich aus meinen Händen, sodass mir der Saum des Shirts entglitt und sich
der Stoff wieder über die Narben legte. Mit ihnen verschwand der ganze Raum vor
meinen Augen, und ich sah wieder Rasmus vor mir, wie er durch die Vorhaltungen
des Trainers seine Beherrschung verlor und plötzlich schneller laufen und höher
springen konnte als jeder andere Junge. Ich erinnerte mich daran, wie er mir in
der Bibliothek das Buch über Fabelwesen aus der Hand gerissen hatte, und wie er
es bei der Prügelei mit drei Gegnern gleichzeitig aufgenommen hatte, ohne
Verletzungen davonzutragen. Es wirkte alles so harmlos, es ergab noch keinen
Sinn – aber dann erschien ein entsetztes Gesicht vor meinem inneren Auge.
    „Eric
…“, hauchte ich. „Er wollte mir damals im Krankenhaus etwas über den Unfall
sagen. In Wirklichkeit hast du gar nicht auf der Rückbank gesessen, nicht wahr?
Du warst auf dem Beifahrersitz, auf der Seite, wo das Auto völlig zerschmettert
wurde. Du hättest tot sein müssen.“
    „Lily“,
sagte Rasmus leise, und das Wort endete in einem Stöhnen, „hör mal …“
    Endlich
löste ich mich aus meiner Erstarrung und wich langsam zurück, bis ich hinter
mir die kalte Steinwand fühlen konnte. Auch Rasmus setzte sich mühsam in
Bewegung und kam einige Schritte auf mich zu. „Bleib, wo du bist“, stieß ich
panisch hervor und presste meinen Rücken gegen die Mauer. Rasmus schien noch
etwas sagen zu wollen, er streckte die Hand nach mir aus und brach dann
zusammen.

 
    12.
Kapitel
     
    Ich
blieb neben der Eingangstüre sitzen, die Arme fest um die Knie geschlungen.
Eine Stimme hallte in meinem Gedächtnis wider, und befremdet stellte ich fest,
dass sie Professor Scott gehörte: Es gibt mehr Ding‘ im Himmel und auf
Erden, als deine Schulweisheit sich träumt, hatte er mich bei der
Klausurrückgabe ermahnt.
    Rasmus
war immer noch nicht aufgewacht, obwohl ich das Gefühl hatte, dass seit seinem
Sturz mehrere Stunden vergangen waren. Nachdem er

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