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Verbannte der Ewigkeit

Verbannte der Ewigkeit

Titel: Verbannte der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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an dem die zur Zeit gefestigte und scheinbar unangreifbare Regierung fallen würde.
    Barrett hatte sich vollkommen der Revolution verschrieben. Er hatte ohne große Schwierigkeiten und nicht ungern das College ohne Abschluß verlassen, das natürlich inzwischen von den Syndikalisten kontrolliert wurde, und deren Propaganda er nicht mehr ertragen konnte. Pleyel hatte ihm einen Job besorgt – er arbeitete in Pleyels Arbeitsvermittlungsbüro. Janet war seine Sekretärin, und hin und wieder kam Hawksbill vorbei, um den Computer zu füttern. Barrett fungierte offiziell als Assistent Pleyels. Er verdiente nicht gerade viel, aber es reichte fürs Essen und für die Miete eines schäbigen Appartements, das er mit Janet teilte. Dreißig Stunden in der Woche vertrat er Pleyel bei dessen ganz legalen Geschäften, damit dieser sich anderen Dingen widmen konnte.
    Barrett machte die Arbeit Spaß; er kam auf diese Weise mit vielen Menschen zusammen, und das mochte er. So ziemlich alle arbeitslosen New Yorker gingen durch seine Akten, viele von ihnen entlassene Radikale, die Verbindung zu Untergrundgruppen suchten, viele andere aber auch, die einfach Arbeit suchten, und Barrett tat für beide Gruppen, was er konnte. Niemand schien es zu stören, daß er gerade zwanzig Jahre alt war, und für viele war er sogar die letzte Hoffnung. Das war ihm etwas unangenehm, aber er half, wo er konnte.
    Die Untergrundarbeit ging in diesen Jahren planmäßig weiter.
    Natürlich wußte Barrett, daß der Begriff »Untergrundarbeit« eine etwas hochgestochene, fast inhaltslose Abstraktion war, denn woraus bestand sie eigentlich? Meist aus endlosen Planereien für den Tag X, aus Telefongesprächen über den Ozean, ständiger anti-syndikalistischer Propaganda, der Verbreitung verbotener Bücher, der Organisation von Protestversammlungen, was alles zusammengenommen nur kümmerliche Ergebnisse zeitigte. Aber Barrett war trotz seines jugendlichen Enthusiasmus geduldig. Eines Tages, so dachte er, würden all die vielen Fäden, die jetzt noch verstreut und verworren waren, zusammenlaufen. Dann würde die Revolution kommen.
    Für dieses Ziel war er selbst auch sehr viel unterwegs. Den Sommer des Jahres 1991 verbrachte er fast ganz in Albuquerque, Neu-Mexiko. Dort arbeitete er mit einer Gruppe zusammen, die man nach der alten Terminologie wohl als Rechtsextremisten bezeichnet hätte. Aber sie haßten die Syndikalisten genauso wie er, und obwohl er ihre Philosophie strikt ablehnte, so hatten doch die Gruppe und er einen nostalgischen Hang zur Revolution von 1776 und allem, was damals damit zusammenhing. Mehrmals in diesem Sommer wäre Barrett fast verhaftet worden.
    Im Winter 1991-92 reiste er meist einmal die Woche nach Spokane, Oregon, wo eine Gruppe ein Propagandazentrum aufbauen wollte. Nach einer Weile wurden ihm die wöchentlichen Fahrten zur lästigen Routine, aber Barrett hielt durch. Im darauffolgenden Frühling war er meist in New Orleans und den Sommer über in St. Louis. Pleyel plante und organisierte alles, und oftmals lief es darauf hinaus, ein paar Sekunden schneller zu sein als die Polizeistreife.
    Was aber in jenen Jahren auffiel, war die relative Großzügigkeit der Syndikalisten gegenüber den Untergrundbewegungen. Hin und wieder wurden unwichtige Leute verhaftet, so, als wolle man nur zeigen, daß man die Bewegung nicht ganz vergessen hatte. Allgemein wurden die Revolutionäre als harmlose Irre betrachtet, und sollten sie doch so viel konspirieren, wie sie wollten, wenn es nur nicht zur Sabotage oder Meuchelmord führte. Was also konnte man gegen die Syndikalisten sagen? Das Land blühte auf, die meisten Menschen gingen einer geregelten Arbeit nach. Die Steuern waren niedrig, auf technologischem Gebiet wurde die Reihe der großen Erfindungen nach kurzer Zeit fortgesetzt. Jedes Jahr gab es eine andere Sensation: Wetterkontrolle, Farbfernsehtelephon, 3-D-Fernsehen, Organ-Verpflanzungen und vieles mehr. War es dem Land eigentlich schon einmal besser gegangen? Im Jahre 2000 war es dann soweit, daß man sogar wieder ein Zwei-Parteien-System vorschlagen konnte. Freie Wahlen waren 1990 wieder Mode geworden, obwohl der Syndikats-Rat natürlich ein Vetorecht bei der Aufstellung der Kandidaten beanspruchte. Mehr und mehr brachte das Regime die Verfassung des Landes wieder auf die Linie der Tradition.
    Das alles verbitterte natürlich die Revolutionäre. Jack Bernsteins düstere Prognose wurde wahr: Die Syndikalisten etablierten sich, wurden als

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