Verbannte der Ewigkeit
er hatte sich nicht geändert, während er älter wurde.
Barrett verließ die Bahn an der angegebenen Station. Eine Minute stand er unschlüssig am Ausgang und sah sich nach allen Selten um, dann erschien Bernstein und sagte: »Folge mir zum Auto. Sprich kein Wort, bis wir da sind.«
Kurz darauf waren sie auf dem Parkplatz. Bernstein setzte sich hinter das Steuer und öffnete dann die Beifahrertür. Der Wagen war nur gemietet und besaß eine grün-schwarze, irgendwie unheilvolle Farbe. Barrett setzte sich neben Bernstein und musterte den Gefährten kurz von der Seite. Bernsteins zusammengewachsene Augenbrauen, sein kalter, meist höhnischer Blick stießen ihn immer mehr ab, und er konnte sich kaum noch vorstellen, diesen Mann einmal als seinen besten Freund betrachtet zu haben. Durch Bernstein war er zur Untergrundbewegung gestoßen – und sie war das einzige, was die beiden noch zusammenhielt. Die Zeit der Freundschaft war längst vorbei.
»Und?« sagte Barrett scharf.
Bernstein lächelte sein Totenschädel-Lächeln. »Man hat Janet heute nachmittag verhaftet.«
»Wer?«
»Die Polizei. Dein Appartement wurde um drei Uhr besetzt. Janet und Nick Morris waren dort. Sie besprachen eine Sache in Kanada, plötzlich flog die Tür auf, und vier Burschen in Grün stürmten herein. Sie beschuldigten Janet und Nick der subversiven Tätigkeit und durchsuchten die Wohnung.«
Barrett schloß die Augen. »Viel kann man nicht gefunden haben, denn wir waren in dieser Beziehung immer vorsichtig.«
»Nun, das wußte die Polizei aber erst nach der Durchsuchung.« Bernstein lenkte den Wagen auf die Autobahn nach Manhattan und schaltete das elektronische Steuerungssystem ein. Er schlug die Beine übereinander und wandte sich zu Barrett. »Man hat natürlich auch Janet und Nick gründlich durchsucht. Janet mußte sich völlig ausziehen, denn seit man im letzten Monat eine Bombe in der Vagina eines Mädchens in Chikago gefunden hat, wollte man natürlich sichergehen, daß Janet sich nicht selbst und andere in die Luft sprengt. Man schnallte sie auf ein Gestell, die Beine weit auseinander, und …«
»Ich weiß, wie sie das mit Mädchen machen«, sagte Barrett zornig. »Das brauchst du mir nicht zu sagen.« Er wußte genau, daß Bernstein das nur tat, um ihn zu demütigen. »Laß solche Sachen weg, und sage mir, was noch geschah.«
»Man nahm sie mit hinunter zum Foley Square für ein weiteres Verhör. Etwa um sechzehn Uhr dreißig ließ man Nick laufen. Er rief mich an, und ich dann dich.«
»Und Janet?«
»Sie haben sie dabehalten.«
»Man konnte ihr nicht mehr anhängen als Nick auch. Warum ließen sie sie nicht laufen?«
»Das weiß ich nicht. Jedenfalls sitzt sie noch.«
Barrett ballte die Fäuste, um ein Zittern zu verbergen. »Wo ist Pleyel?«
»In Baltimore. Ich sagte ihm, er solle dableiben, bis das Schlimmste vorüber ist.«
»Aber mich hast du kommen lassen!«
»Jemand muß die Sache jetzt in die Hand nehmen. Ich will und kann es nicht, also kommst nur du in Frage. Keine Angst, es besteht keine große Gefahr mehr. Ich habe einen guten Kontakt zu den Behörden, und man hat mir berichtet, daß man es nur auf Janet abgesehen hat. Sicherheitshalber habe ich Bill Klein vor deiner Wohnung postiert, und er sagt, es hat seit zwei Stunden noch niemand nach dir gefragt. Die Luft scheint rein zu sein.«
»Aber Janet ist im Gefängnis!«
»Damit müssen wir alle eines Tages rechnen«, sagte Bernstein.
Barrett meinte förmlich das lautlose Lachen des anderen zu hören. Bernstein hatte sich seit Monaten kaum noch sehen lassen, es hatte so ausgesehen, als wolle er sich aus der Bewegung zurückziehen. Wieso war er plötzlich wieder aktiv und schaltete sich in das Geschehen ein? Nur, um sich über Janets Verhaftung zu amüsieren?
Als sie in Manhattan einfuhren, übernahm Bernstein wieder die Kontrolle über den Wagen. Ein paar Minuten später fuhren sie langsam an Barretts Wohnung vorbei, und der Mann, den Bernstein postiert hatte, signalisierte »alles ruhig«. Sie gingen hinauf in die Wohnung. Das Appartement war noch so, wie die Polizei es verlassen hatte. Man war sehr gründlich vorgegangen, hatte jedes Buch aufgeklappt, jede Schublade herausgezogen, in jedes Tonband kurz hineingehört. Auch Janets Unterwäsche lag überall herum, und Barrett bemerkte wütend den hämischen Blick Bernsteins. Natürlich hatte man nichts gefunden, da Barrett strikt dagegen war, verräterische Dinge in der Wohnung aufzubewahren.
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