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Verbannte der Ewigkeit

Verbannte der Ewigkeit

Titel: Verbannte der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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festhalten, ohne daß darüber etwas durchsickerte. Viel unwahrscheinlicher war es zudem, daß man sie nach vielen Jahren einer derartigen Isolation noch in ein Lager in die Vergangenheit zu schicken brauchte. Jeder Mensch, der diese Tortur der völligen Isolierung von der Außenwelt auch nur kurz mitgemacht hatte, wußte um die verheerenden Folgen für den Geist des Menschen schon nach kurzer Zeit.
    Nein, Janet war sicherlich tot, aber auch Barrett erlaubte sich – wie die anderen im Lager, ein paar Illusionen. Hin und wieder gestattete er sich den Luxus und gab sich dem Traum hin, daß Janet gleich ihm in die Vergangenheit geschickt worden war und daß sie sich ausgerechnet in dieser Epoche befinden würde. Sie wäre jetzt fast siebzig Jahre alt – er hatte sie seit fünfunddreißig Jahren nicht mehr gesehen. Vergeblich versuchte er, sie sich als eine alte Dame vorzustellen, ihm fiel dann meist nur seine alte dicke Tante ein. Die Janet, wie sie in seiner Erinnerung lebte, unterschied sich ganz sicher von der, die er jetzt antreffen würde, und es war vielleicht sogar besser, sich nicht zu wünschen, sie wiederzusehen, denn dadurch würde vielleicht ein schöner Traum zerstört.
    Aber der Gedanke an ein Frauen-Lager in dieser Epoche hatte auch eine positive Seite; Barrett fragte sich, ob er diesen Gedanken den anderen würde plausibel machen können. Vielleicht … vielleicht konnte er sie davon überzeugen, daß es in dieser Zeit ein zweites Hawksbill-Lager gab. Wenn die Männer daran glauben würden, wäre das vielleicht die Rettung!
    Die Anzeichen fortschreitender Degeneration und Psychosen im Lager wurden immer deutlicher. Viele Männer waren bereits zu lange hier, und ein Verrückter infizierte den nächsten. Die Mühe und Qual, sich in einer menschenfeindlichen Umwelt am Leben erhalten zu müssen, verzehrte immer mehr geistige und körperliche Kräfte der Männer. Was mit Valdosto und Altmann geschehen war, konnte und würde eines Tages auch den Rest der Männer erfassen. Diese Männer brauchten Aufgaben, Ziele, für die sie arbeiten konnten, um die tödliche Langeweile zu vertreiben. Schon jetzt mehrten sich die Bewußtseinsspaltungen und Wahnvorstellungen, wie etwa bei Valdosto oder Altmann mit seiner Frankenstein-Braut und Latimers Suche nach einer Flucht in ein Paralleluniversum.
    Vielleicht kann ich sie für eine Expedition zu einem anderen Kontinent begeistern, dachte Barrett.
    Vielleicht sogar zu einer Expedition um die Welt. Dazu mußten sie nur ein größeres Schiff konstruieren, und allein das würde die Männer eine geraume Weile beschäftigen. Dazu brauchte man dann Sextanten, Kompasse und Chronometer und vieles mehr. Jemand würde ein Radio erfinden und einen Sender basteln müssen. Natürlich, die Phönizier waren ohne all diese Dinge ausgekommen, aber sie hatten ja auch nicht das offene Meer befahren, sondern sich stets an den Küsten gehalten, und die Lagerinsassen waren auch keine Phönizier – sie würden Navigationshilfen benötigen.
    Diese Arbeiten mochten dreißig oder vierzig Jahre dauern; ein Langzeitprogramm für die sinnvolle Nutzung unserer Energien, dachte Barrett. Er selbst würde vermutlich den Stapellauf des Schiffes nicht mehr erleben, aber das war unwichtig. Selbst so hielt ihn diese Aussicht auf eine Zukunftsaufgabe davor zurück, zusammenzubrechen, denn ihn interessierte nicht wirklich, was hinter dem Meer lag, sondern nur, was mit seinen Leuten geschah. Wir haben die Treppen gebaut, dachte er, das ist jetzt vorbei, wir brauchen etwas Größeres. Der Geist kränkelt, wenn die Hände ruhen.
    Ihm gefiel die Idee immer besser, denn seit einigen Wochen machte er sich verstärkt Sorgen um den Zustand des Lagers; hier mußte ein neuer Wind wehen. Jetzt glaubte er, etwas gefunden zu haben: eine Weltreise auf Barretts Arche!
    Von einem Geräusch gestört, wandte er sich um und sah Don Latimer und Ned Altmann.
    »Wie lange steht ihr schon da?« fragte er.
    »Zwei Minuten«, sagte Latimer. »Wir wollten deine Gedanken nicht stören.«
    »Ich habe nur geträumt«, sagte Barrett.
    »Wir haben etwas, was du dir bitte ansehen möchtest«, sagte Latimer. Barrett sah ein paar beschriebene Blätter in seiner Hand.
    Altmann nickte eifrig. »Du solltest es unbedingt lesen. Wir haben es deshalb mitgebracht.«
    »Worum handelt es sich?« fragte Barrett, obwohl er es wußte.
    »Hahns Notizen«, sagte Latimer.

 
10.
     
    Barrett schwieg, zögerte, Latimer die Aufzeichnungen abzunehmen. Er war

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