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Verbannte der Ewigkeit

Verbannte der Ewigkeit

Titel: Verbannte der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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was er über ihn schrieb.
    Schnell las er über das hinweg, was sich mit der absehbaren Zukunft des Lagers beschäftigte: Sie war nicht rosig. Hahn war der Meinung, daß sich die Verschlechterung zunehmend beschleunigen würde und sich noch steigerte, und daß jeder Mensch, der länger als zwei oder drei Jahre im Lager verbracht hatte, über kurz oder lang dem Druck der Einsamkeit und der Entwurzelung nachgeben würde. Barrett dachte ähnlich, nur war er der Meinung, daß es bei jüngeren Menschen etwas länger dauerte. Aber Hahns Beweisführung war hervorragend und seine Schlüsse, die er zog, klangen überzeugend. Wie konnte er nur so schnell so viel über uns gelernt haben? fragte Barrett sich. Ist er ein so kluger Kopf, oder sind wir alle so leicht zu durchschauen?
    Auf der fünften Seite fand er die Beschreibung von sich. Er war nicht begeistert von dem, was er da las.
    »Das Lager«, so schrieb Hahn, »steht unter der Führung von Jim Barrett, einem alten Revolutionär, der hier über zwanzig Jahre lebt. Barrett ist der Lagerälteste, was die Zugehörigkeit zu demselben betrifft. Er trifft alle verwaltungstechnischen Entscheidungen und scheint ein Bezugspunkt und Stabilisierungsfaktor zu sein. Einige der Leute verehren ihn, aber ich glaube nicht, daß er eine ernste Krise, etwa ein Blutbad oder einen Aufstand gegen seine Führung, durchstehen würde. In der lockeren Anarchie, in der man hier lebt, regiert Barrett allein durch die Zufriedenheit der Insassen, und da es keine Waffen im Lager gibt, mit denen er seine Führungsposition verteidigen könnte, kann er nur regieren, solange die Leute zufrieden sind, er kann sich nicht in eine Gewaltherrschaft flüchten. Allerdings sieht es nicht so aus, als wäre seine Position bedroht, denn die Männer im Lager sind meist innerlich gebrochen und demoralisiert, und sie würden sich kaum zu einer Anti-Barrett-Bewegung zusammenfinden, selbst wenn einige meinten, es müsse etwas in dieser Richtung geschehen.
    So stellt Barrett also einen positiven Faktor im Lager dar. Obgleich auch einige andere Männer Führungsqualitäten besitzen, wäre sicherlich schon alles untergegangen, wenn er nicht wäre. Trotzdem muß man in Barrett einen mächtigen Stamm sehen, der bereits von innen heraus von Termiten angefressen wird. Er erscheint standfest, aber ein kräftiger Stoß würde ihn sofort umwerfen. Eine kürzlich erlittene Verletzung hat offensichtlich schwere Auswirkungen auf ihn. Die anderen sagen, daß er oft durch seine Größe und seine Körperkräfte regierte, und daß fast alle Autorität von seiner respekteinflößenden Persönlichkeit ausging. Jetzt kann er kaum noch richtig laufen. Ich glaube allerdings auch, daß Barretts Schwierigkeiten in der Natur dieses Lagers selbst begründet liegen und nicht so sehr mit seiner Verletzung zusammenhängen. Die Männer sind zu lange von allen menschlichen Impulsen abgeschnitten worden. Barretts Autorität hat hier eine Illusion von Stabilität erzeugt, aber es ist eine Autorität im Vakuum. In ihm selbst sind Dinge vorgegangen, die er nicht bemerkt hat. Er müßte dringend behandelt werden – vielleicht ist es aber auch schon zu spät …«
    Wie betäubt las Barrett diese letzten Passagen noch einmal durch. Die Worte schlugen ihn wie glühende Pfeile:
    »Von innen heraus angefressen …«
    »Ein kräftiger Stoß …«
    »In ihm selbst sind Dinge geschehen …«
    »… müßte dringend behandelt werden …«
    »Vielleicht ist es aber schon zu spät …«
    Verwundert stellt Barrett fest, daß er weniger über Hahns Ansichten verärgert war, als er selbst erwartet hatte. Vielleicht hatte dieser Mann sogar recht. Barrett hatte wirklich schon zu lange von der Welt abgeschnitten gelebt, und in gewisser Weise auch von den Männern im Lager. Niemand wagte es, sich gegen ihn aufzulehnen. War er selbst schon verrückt und hielten die anderen die Illusion seiner Autorität nur noch aus Mitleid mit ihm aufrecht?
    Schließlich zwang er sich, auch noch den Rest zu lesen. Das Manuskript endete: »Ich empfehle daher schnellste Auflösung des Hawksbill-Lagers als Strafkolonie und, wo möglich, eine Rehabilitations-Therapie für seine Insassen.«
    Was, zum Donnerwetter, bedeutete das?
    Es hörte sich an wie der Bericht einer Untersuchungskommission von Bewährungshelfern, aber im Lager gab es nichts, wofür man sich bewähren konnte! Hahn, so schien es, bildete sich ein, einen Bericht für die Regierung Oben zu verfassen – ein solcher Mensch konnte

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