Verborgen im Niemandsland
sie ihr Lager für die Nacht aufgeschlagen haben!«
»Aber dann machen wir gleich kurzen Prozess mit ihnen und blasen sie ins Jenseits, bevor sie wissen, dass wir sie aufgestöbert haben!«, sagte Francis.
Mühsam robbte sich Murtamoo über den festgestampften Lehmboden zum Fellhaufen hinüber, zog, auf der Seite liegend, das Messer hervor und robbte dann zu Sean.
Der hatte indessen den Brettertisch zum Einsturz gebracht, indem er Stück für Stück mit dem Bock, an den man ihn gefes-seit hatte, vorgerückt war. »Schneid die Fessel durch! Aber pass bloß auf, dass du mir nicht die Handgelenke aufschlitzt, sonst wird es dir übel ergehen!«
»Du nimmst das Messer am besten in den Mund!«, riet Joshua Parker ihr. »Sonst siehst du nicht, wo du die Klinge ansetzen musst.«
Murtamoo hatte einige Mühe, bis sie das Griffstück endlich so fest zwischen ihren Zähnen hielt, dass sie auch ausreichend Kraft auf die Klinge ausüben konnte. Dann beugte sie sich zu Sean hinunter und begann, die Fessel vorsichtig durchzuschneiden.
Sowie sie den Strick durchtrennt hatte, riss er ihr das Messer grob und ohne jeden Dank aus dem Mund, setzte die Klinge an seine Fußfessel und erlöste danach seine Komplizen von ihren Fesseln. Dann warf er das Messer vor Murtamoo hin. »Befrei du deinen Master und Taipan. Ihr habt ja jede Menge Zeit, während wir Besseres zu tun haben und jetzt jede Minute brauchen!« Und zu dem Händler gewandt, fügte er mit unverhohlener Drohung hinzu: »Du tust gut daran, gegenüber Gillespie, Sullivan und den anderen nicht ein Wort über das von dir zu geben, was hier vorgefallen ist. Ich denke, wir verstehen uns, Josh!«
»Stets zu Diensten, Gentlemen«, antwortete der Händler spöttisch und hoffte, dass die drei Reiter mittlerweile einen genügend großen Vorsprung hatten, um ihren Verfolgern im Schutz der Nacht entkommen zu können.
»Zu den Pferden, Männer!«, rief Sean und griff nach seinem Gewehr.
Sie hatten ihre Pferde in einer von Büschen geschützten Mulde jenseits des billabong versteckt. Als sie endlich im Sattel saßen und die Verfolgung aufnehmen konnten, war die Sonne schon zur Hälfte hinter den Horizont geglitten. Zwar konnten sie die Fährte der drei Reiter noch aufnehmen, doch in Sichtweite bekamen sie Andrew, Silas Mortlock und Henry Blake nicht mehr. Fast schlagartig brach die Nacht herein. Sie setzten ihre Suche noch mehrere Stunden fort, immer in der Hoffnung, dass ihnen der Lichtschein eines Lagerfeuers verraten würde, wo der Engländer und seine beiden Begleiter ihr Lager aufgeschlagen hatten. Doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht.
»Ich sage euch, die sind nicht so blöd, ein Feuer zu machen«, sagte Liam, des Herumirrens im nächtlichen Busch schließlich überdrüssig. »Vielleicht reiten sie ja auch die Nacht durch.«
»Unsinn!«, erwiderte Sean. »Hast du nicht gesehen, wie schweißnass ihre Pferde gewesen sind? Die hatten einen langen Ritt hinter sich, und ihre Pferde waren nicht ausgeruht genug, um dieselbe Strecke noch einmal ohne lange Rast zurückzulegen.«
»Was aber nichts daran ändert, dass wir nicht wissen, wohin genau sie verschwunden sind, und wir wie die Blinden durch die Dunkelheit irren«, sagte Francis. »Oder kannst du vielleicht bei Nacht Spuren lesen?«
»Nein«, knurrte Sean wütend. »Aber ich denke nicht daran, die Burschen entkommen zu lassen! Die kamen nicht von einer Siedlung oder einer Farm im Osten!«
»Und wie willst du ihre Fährte wiederfinden?«, wollte Liam wissen.
»Taipan versteht sich darauf, Spuren zu lesen, auch wenn sie Tage alt sind. Der bricht morgen mit uns auf, sowie es Tag wird!«, teilte Sean ihnen seinen Entschluss mit. »Dann wird er auch seinen Rausch ausgeschlafen haben.«
Liam grinste. »Keine schlechte Idee, Sean«, sagte er anerkennend.
Francis hatte auch nichts dagegen einzuwenden. »Ja, warum nicht? Ist zumindest einen Versuch wert, da wir ja sowieso nichts Besseres vorhaben. Und bis Gillespie und Sullivan auf der Station eintreffen, vergehen bestimmt noch einige Tage. Vielleicht schnappen wir sie mit Taipans Hilfe ja wirklich.«
Sean spuckte neben sein Pferd in den Sand. »Und ob wir sie uns schnappen! Bei mir gibt es keine unbeglichenen Rechnungen. Wir kriegen sie. Und dann wird abgerechnet!«
Sechstes Kapitel
Andrew und seine beiden Gefährten verbrachten auf einer buschbestandenen Hügelkuppe eine unruhige Nacht. Da sie damit rechnen mussten, von den Buschbanditen verfolgt zu werden, hielt einer
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