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Verborgen im Niemandsland

Verborgen im Niemandsland

Titel: Verborgen im Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
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Vergnügen, mit Mister Nicholas Barrymore zu sprechen?«, fragte Cleo höflich und gab sich allergrößte Mühe, anstelle des vulgären Gassendialekts aus dem berüchtigten Londoner East End, wo sie aufgewachsen war, ein möglichst gepflegtes Englisch zu sprechen.
    »In der Tat, das haben Sie«, bestätigte der Ladenbesitzer und erkundigte sich noch einmal, womit er ihr dienen könne.
    »Mit einem großen Freundschaftsdienst, Mister Barrymore«, antwortete sie und senkte ihre Stimme, obwohl sich außer ihnen niemand im Laden befand. »Mein Name ist Kathleen Hathaway. Und ich bin eine gute Freundin von Abby... äh, von Missis Chandler und ihrem Mann, dem ehrenwerten freien Siedler Andrew Chandler.«
    Das Gesicht des Ladeninhabers verschloss sich und ein wachsamer, misstrauischer Ausdruck trat in seine Augen. »Chandler?«, wiederholte er gedehnt. »Chandlers gibt es in der Kolonie eine ganze Menge. Und warum sollte mir der Name etwas sagen?«
    Cleo blickte sich kurz um, als fürchtete sie, jemand könne sich heimlich in den Laden geschlichen haben. Dann antwortete sie mit gespielter Hast: »Ich bin sicher, dass Ihnen der Name etwas sagt. Natürlich weiß ich, dass Sie ein Ehrenmann sind und sich verpflichtet haben, gegenüber Fremden kein Wort über das Unternehmen fallen zu lassen, an dem sich meine Freunde beteiligt haben, steht doch zu viel auf dem Spiel.«
    »Ich weiß nicht, von was für einem Unternehmen Sie reden!«, sagte Nicholas Barrymore schroff.
    Cleo beugte sich leicht zu ihm vor. »Natürlich von dem Treck der Siedler!«, flüsterte sie ihm zu.
    »Ich weiß nichts von einem Treck!«
    Sie gab einen geplagten Stoßseufzer von sich. »Hören Sie, ich weiß, dass sich Mister Chandler und seine Freunde hier bei Ihnen mit Vorräten eingedeckt haben. Meine gute Freundin hat mir davon erzählt. Fässer mit Salz und vieles anderes mehr!« Und bevor er noch zu einem weiteren Widerspruch ansetzen konnte, fuhr sie vertrauensvoll fort: »Hören Sie, die Chandlers waren unsere Nachbarn am Hawkesbury. Wir haben dort so manche Prüfung, von denen die bösartigen Nachstellungen der verfluchten Rum-Rebellen wohl die schlimmsten gewesen sind, gemeinsam überstanden, wenn es manchmal auch knapp war, ging es doch mehr als einmal buchstäblich auf Leben und Tod! Mein Mann, der Herr möge seiner Seele gnädig sein, hat sogar Melvin, den älteren Bruder von Mister Andrew Chandler, nach der Rebellion gegen Gouverneur Bligh auf unserer Farm versteckt, als die Rotröcke überall nach ihm gesucht haben, weil er und andere freie Siedler ihnen Schwierigkeiten gemacht haben. Und wenn bei meinem Mann die Schwindsucht nicht wieder ausgebrochen wäre, hätten wir uns mit den Chandlers und all den anderen auch an dem Treck beteiligt. Aber die Strapaze konnte ich meinem geliebten Charles nicht zumuten und deshalb sind sie ohne uns losgezogen.«
    »So«, sagte Nicholas Barrymore und sein Misstrauen verschwand aus seinem Gesicht. »Ich verstehe aber immer noch nicht, was genau Sie zu mir geführt hat.«
    Cleo triumphierte innerlich, wusste sie doch, dass sie das Spiel gewonnen hatte. Nach außen hin rang sie sich einen gequälten Gesichtsausdruck ab. »Sie müssen wissen, dass Abby Chandler meine beste Freundin war. Wir kamen zusammen auf der Kent nach Australien, als sie noch Lynn hieß. Wenn Sie wüssten, wie schrecklich sie mir fehlt! Und nachdem mein Mann nun tot ist und ich nicht länger am Hawkesbury bleiben muss, drängt es mich danach, wieder in ihrer Nähe zu sein. Und ich dachte, Sie könnten mir dabei helfen, den Weg zu ihnen zu finden.«
    Er sah sie erschrocken an. »Um Himmels willen!«, rief er unwillkürlich und glaubte nun endgültig, ihr vertrauen zu können, fuhr er doch beschwörend fort: »Der Treck ist irgendwo weit in den Süden oder Südwesten gezogen! Sie können ihnen unmöglich allein folgen! Und wer weiß, wo sie sich j etzt befinden! Seit dem Aufbruch im April sind doch schon acht Monate vergangen!«
    »Zum Glück gibt es da noch einige andere Siedler, die mit mir ziehen würden!«, wandte Cleo ein, um glaubwürdig zu bleiben. In Wirklichkeit war sie an einem weiteren Gespräch mit ihm gar nicht mehr interessiert. Wenn Lieutenant Danesfield erst erfuhr, was sie in Erfahrung gebracht hatte, würde der Mann unter der Peitsche auch noch das herausrücken, was er ihr jetzt verschwieg, falls es denn überhaupt noch etwas aus ihm herauszuholen gab. Aber das hatte Zeit. Jetzt musste sie erst dafür sorgen, dass der

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