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Verborgen

Verborgen

Titel: Verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Hill
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Pech.«
    »Na, es gibt bestimmt Schlimmeres. Aber ein ganz gewöhnlicher Vorort dürfte nicht so einen ungewöhnlichen Namen haben. Metamorphosis , da ist die Enttäuschung doch vorprogrammiert, findest du nicht? Ich hab hier goldene Straßen erwartet.«
    Er schenkte sich Wasser ein. »Es ist nur ein Glas da, das macht dir hoffentlich nichts aus.« Er sah auf und wartete auf Bens Antwort.
    »Ich hab nicht solchen Durst.«
    »Du siehst müde aus.«
    »Ich arbeite bis spätabends.«
    Er wusste nicht, was er noch sagen sollte. Schon jetzt wünschte er sich, sie wären sich nicht begegnet: Außer Geschichte verband sie nichts. Er sah sich im Raum um. Adamidis saß tief über sein Sudoku gebeugt, die alten Männer schraubten ihren Streit zurück. Ein Schwarm Büromädchen ließ sich an den Fenstertischen nieder. Gleich musste er ihre Bestellungen aufnehmen und Getränke holen, die Adamidis den alten Männern spendieren konnte.
    »Ich hab von der Sache mit Emine gehört«, sagte Eberhard, und plötzlich, als sei eine Lampe angeknipst worden, wurden Ben Ursprung und Richtung seines Ärgers bewusst.
    »Das war ja klar. Gute Nachrichten sprechen sich herum. Ich dachte, hier käme ich davon weg, aber du hast recht, die Welt ist verdammt klein…«
    Er hielt inne. Seine Hände waren schweißnass. Sein Akzent war unverhüllt zutage getreten. Eberhard sah auf den Tisch hinab.
    »Es tut mir leid, Benjamin.«
    »Tja.«
    »Ich hatte gehört, dass du wegwillst, da ging so ein Gerücht um, aber ich hatte keine Ahnung, dass es Griechenland war. Hast du nichts Besseres gefunden?«
    »Ich bin gar nicht dazu gekommen, mich anderweitig umzusehen. «
    »Du solltest dir Zeit dafür nehmen. Du könntest bestimmt eine richtige Arbeit finden.«
    »Kann sein. Aber erst mal ist das hier ganz okay. Ich bin ja nicht wegen der Arbeit hergekommen.«
    »Ach so. Dann wegen der Luft. Frische Luft, neue Weidegründe. Kann man verstehen.«
    »So?«
    »Ja, wahrscheinlich fühlst du dich…«
    »Woher willst du wissen, wie ich mich fühle?«
    »Stimmt. Aber dein Griechisch ist jedenfalls besser geworden. «
    »Nicht sehr.«
    »Doch, ziemlich. Wärst du nicht so wohlerzogen, würdest du dich anhören wie ein Athener Taxifahrer.«
    »Ist das gut?«
    »Warum nicht?«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass du das moderne Griechenland bewunderst.«
    »Das hast du gemerkt? Trotzdem – jeder Altphilologe sollte diese Leute um ihr fließendes Griechisch beneiden. Physiker und Mathematiker müssen die Art von Neid nicht erleben, es gibt ja keine Bürger der Nation der Physik oder der Republik der Zahlen. Obwohl das ihrem Ego guttäte.«
    Ein Ruf aus der Küche; jemand brüllte Bens Namen. Erleichtert stand er auf; er wollte nur noch weg.
    »Willst du jetzt was essen?
    »Aber sicher.«
    Eberhard nahm die Speisekarte, warf einen Blick darauf und legte sie dann wieder hin, als wüsste er nicht, was er mit ihr anfangen sollte. »Vielleicht kannst du mir bringen, was du empfohlen hast. War’s nicht das … Fleisch?«
    »Das Fleisch«, wiederholte Ben, und Eberhard seufzte.
    »Ehrlich gesagt bin ich nur hier reingekommen, um Ruhe zu haben. Ich fahr nicht gern, wenn ich müde bin. Ich dachte, in einem Grillrestaurant in der Fastenzeit ist es ruhig und friedlich. «
    »Und statt Ruhe und Frieden findest du mich.«
    »Das hab ich nicht gesagt.« Eberhard schob seinen Stuhl zurück und streckte ihm die Hand hin. »Darf ich dir einen Vorschlag machen?«
    »Bitte.«
    »An der Uni wimmelt es zwar von Studenten, die bei Starbucks Bestellungen aufnehmen lernen, aber sieben Jahre Oxford qualifizieren einen vielleicht doch für was Besseres.«
    »Ich werd’s mir merken.«
    »Tu das. Nicht sauer sein, war nur ein gut gemeinter Rat. Ich sag noch tschüs, bevor ich weiterfahre. Wie lange dauert das Fleisch?«
    »Nicht lange, wenn du’s eilig hast.«
    »Ein frühes Abendessen also.«
    »Wohin willst du?«
    »Heute Abend nach Korinth«, sagte Eberhard und fuhr dann leiser fort: »Oder auch weiter, wenn wenig Verkehr ist. Aber Lakonien läuft mir ja nicht davon.«
    Er griff wieder nach der Speisekarte, öffnete sein Brillenetui, klappte die Brille auseinander und setze sie auf. Als er aufblickte, waren seine Augen vergrößert, eulenhaft; er schien erstaunt, dass Ben noch immer neben ihm stand.
    »Lakonien?«
    »Ja.«
    »Du meinst Lakedaimonien?«
    »Ja.« Eberhard hielt die Speisekarte hoch. »Da steht, ihr habt Milchlamm …«
    »Erst zu Ostern. Wie ist es?«
    »Ich hatte noch nicht

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