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Verborgen

Verborgen

Titel: Verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Hill
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noch nicht mal sagen kann, wie leid es ihr tut, verstehen Sie?«
    Sie hatte einen schwachen Schmierfleck von Sonnenlotion auf der Nase, einen Strich, der ihr entgangen war. Sie war so nahe, dass er es riechen konnte: Salz und Kokos. Er widerstand dem Drang, den Fleck zu verreiben.
    »Aber davon abgesehen, wie ist das Hotel? Leben Sie sich ein? Die Cyriac Foundation weiß sich um ihre Hardware zu kümmern. Apropos, ich verstehe nicht, warum Sie zu Fuß losmarschiert sind. Das war nicht besonders schlau. Woher wussten Sie überhaupt, dass wir hier oben sind? Also ab sofort legen Sie sich nicht mehr mit dem Wetter hier an, verstanden? Sondern erweisen ihm den nötigen Respekt. Das ist das Land, in dem der Blitz erfunden wurde, okay? Das muss ja ein elendiger Marsch gewesen sein! Wenn es so anfängt wie vorhin, suchen wir uns schleunigst einen Unterstand, verschwinden wie Präriehunde in ihren Erdhöhlen. Wir verkriechen uns in den Hütten oder in der Kapelle, und dann spielen wir Strippoker und treiben uns gegenseitig zum Wahnsinn hier oben. Das heißt, das tun wir sowieso. Aber das mit dem Poker, das war nur ein Scherz… Moment, Sie sind doch nicht auch noch religiös, oder? Gott sei Dank. Wenn man mich im März auf einen kahlen Hügel schmeißt, dann gebe ich jederzeit meine Seele für einen trockenen Hintern… Ich rede zu viel, stimmt’s? Ich weiß, dass ich zu viel rede.«
    Er lachte, und sie wurde rot und lachte dann auch.
    »Schön, dass Sie mich amüsant finden. Wie wär’s jetzt mit einer Vorstellungsrunde? Nein, Sie bleiben hier, ich kann die Wildtiere auch von hier aus erkennen… Also der da drüben ist Jason, den kennen Sie ja schon, und Eberhard kennen Sie auch, hab ich recht? Jason ist eine Nervensäge, aber er weiß wirklich, was er tut, er gräbt schon sehr lange, am Tag seiner Geburt hat er sich umgedreht und sofort angefangen zu buddeln, wenn Sie wissen, was ich meine. Und Eberhard ist auch ein harter Arbeiter, aber das wissen Sie sicher schon. Dann ist da dieses Bild von einem Mann mit dem Kopf in der Erde, das ist Max, das ist nur ein Spitzname, aber er gefällt ihm, irgendwie machen wir alle, was Max sagt… Er hat diesen Kommandoton drauf. Max ist unser Magier. Er sieht Farben wie keiner, mit dem ich je gearbeitet habe. Zeigen Sie ihm Erde, und er zeigt Ihnen, wo was drin ist, ich schwör’s Ihnen, es ist, als hätte er Röntgenaugen, ohne ihn hätten wir den Schädelraum nie gefunden… und dort ist Natsuko, sie ist unsere Grafikerin, sie ist nett, aber sie ist… wie sagt ihr Engländer noch? Ein komischer Vogel? Und schließlich Miss World, das ist Eleschen. Unsere Fundspezialistin. Dann haben wir unsere geschätzten Einheimischen, Chrystos und Giorgios, deren Familie vor langer Zeit tatsächlich das Land hier gehört hat, und das da ist Themeus, und sein Cousin Elias ist wohl gerade unter der Erde… Das wären alle. Bis auf mich. Dr. Missy Stanton, aber wie gesagt, Sie können Missy zu mir sagen. Und da sitzen Sie – so gut wie neu. Also, willkommen in meinem Palast!«
    »Ihrem was?«
    Seine Stimme klang in seinen eigenen Ohren matt. Stantons Überschwang zwang ihn in eine Rolle. Er fühlte sich neben ihr wieder schwächlich, als fader Engländer. Sie breitete die Arme aus, so dass das ganze Auto voll von ihr war; die Handflächen nach oben, wie ein Erdölmagnat oder ein TV-Evangelist. Gelobt sei!
    »Therapne! Angeblich ist es ja der Palast von Helena und Menelaos, aber das ist alte Geschichte, und ich bin Projektleiterin, also gehe ich mal davon aus, dass ich jetzt das Sagen habe. Verbeugt euch vor Königin Missy von Sparta! Nein, im Ernst, ich bin sehr froh, dass Sie hier sind, Ben. Wir brauchten wirklich ein neues Gesicht, in letzter Zeit ist die Luft immer dicker geworden. Und Sie werden es lieben. Sie werden es sich doch ansehen? Und unter der Erde ist es noch schöner. Ich verspreche Ihnen, Sie könnten Ihr Leben lang hier graben und nie genug davon haben, und was wäre das anderes als Liebe?«
    Sie packte jetzt eine Tasche aus und häufte ihm die Sachen auf den Schoß, ohne ihren Wortschwall abreißen zu lassen.
    »Haben Sie zu Mittag gegessen? Ich hab Ihnen ein kleines Sortiment stibitzt. Hier haben wir Kaffee, für den – wahrscheinlichen – Fall, dass Jasons Tee zu eklig ist, und das hier ist Brot und das ist Käse … und das ist Insektenmittel, essen Sie das nicht; und das da, das ist der berühmte griechische Zwieback, haben Sie den schon mal gegessen? Du meine Güte.

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