Verborgene Liebesglut
unseren Problemen zu tun?" fragte Fiorinda verunsichert.
„Nichts, meine Kleine, nichts. Er kam mir nur gerade in den Sinn. Man muß zugeben, daß er sehr hübsch ist, und wenn er keine verantwortungsvollen Aufgaben übernimmt, taugt er zumindest für dekorative Zwecke."
Wieder fächelte sie sich nervös ein wenig frische Luft zu. „Doch nun ...", ein kleines Hüsteln unterbrach ihre Worte, ,,...doch nun müssen wir handeln. Wilcox muß sich entscheiden. Ich werde ihn jetzt aufsuchen, damit wir unseren Aufenthalt nicht unnötig in die Länge ziehen."
„O ja, Mutter – ich komme mit dir." Fiorinda sprang entzückt auf.
„Aber nein, mein Dummchen. Du bist zu jung dafür. Solch gramvolle Angelegenheiten machen häßlich. Es ist fürchterlich genug, daß ich ihn wegen der Hochzeit, in die er freudig einwilligen sollte, zur Rede stellen muß. Doch glaube mir: Nach nur wenigen Minuten wird der junge Hund wissen, wer zukünftig das Sagen in diesem Hause haben wird."
Entschlossen stand Lady Fairfax auf, klappte ihren Fächer zusammen und richtete ihren strammen Dutt.
„Warte hier auf mich. Bald können wir uns der Nachtruhe hingeben, die uns von einer goldenen Zukunft träumen lassen wird. Wir haben sie redlich verdient."
Mit diesen Worten schritt sie auf die Tür zu. „Es ist an der Zeit, daß ich ihn an sein einst gegebenes Versprechen erinnere. Ich mache es natürlich ungern, der arme Junge, doch weißt du ... ", ihre Augen funkelten nochmals auf, und sie verschwand im Dunkel des Korridors.
Wilcox hatte den Flügel mit den Schlafgemächern erreicht und Philippe zusammengesunken auf dem Bett vorgefunden. Besorgt setzte er sich auf die Bettkante und streichelte über das dunkle Haar des jungen Mannes. „Beruhige dich, mein Lieber. Es ist nichts passiert. Du hast deine Rolle hervorragend gespielt. Es ist alles noch viel zu früh, du brauchst nur Ruhe. Wir hätten dich von diesen anstrengenden Geschöpfen fernhalten sollen."
Philippe wandte ihm sein tränenüberströmtes Gesicht zu. „Ich verstehe die Welt nicht mehr", begann er mit gebrochener Stimme. „Ich bin vollkommen verwirrt. Alles kommt mir vor wie in einem Traum. Erst der Tod meines geliebten Vaters und dann die Flucht – ich weiß nicht, wie ich all das je wieder vergessen kann." Er hielt einen Moment inne, um eine Träne wegzuwischen und sich in sein seidenes Taschentuch zu schneuzen. Mühevoll richtete er sich auf und blickte Wilcox an. „Doch bei dir fühle ich mich geborgen." Nachsichtig lächelte ihn Wilcox an.
„Wenn uns unsere Mütter jetzt sehen könnten, wären sie glücklich, Philippe. Beide haben sich nichts sehnlicher gewünscht, als daß ihre tiefe Freundschaft in uns weiterlebt. Es ist schrecklich, daß wir sie so früh verloren haben."
„Ja", erwiderte Philippe, „doch hier auf Blenfield fühle ich mich so wohl wie daheim. Fast ist es, als ob ich, wie in meinen Kindertagen, einen schönen, unbeschwerten Sommeraufenthalt bei dir verbrächte. Am liebsten liefe ich morgen früh los, um Schmetterlinge zu fangen." Beide lachten, bevor ihre Blicke sich erneut auf seltsame Weise trafen.
Nun mußte auch Wilcox an diese wunderbaren Tage denken, als seine Mutter noch lebte und sie alle glaubten, nichts auf der Welt könnte den Sommer beenden.
„Erinnerst du dich, Philippe, wie sehr du geweint hast, wenn du dich von mir verabschieden mußtest?"
Philippe nickte. „Es war immer so, als ob wir uns nicht wiedersehen würden."
„Ganz besonders schrecklich war der letzte Sommer, in dem du von dem kleinen, wilden Pony stürztest. Ich habe mir schreckliche Sorgen um dich gemacht." Der Lord hatte sich erhoben und begann in dem Schlafgemach auf und ab zu schreiten. In seinem Inneren zogen milde Sommertage vorbei, und wieder fiel ihm auf, wie sehr Philippe seiner Mutter ähnelte. Nicht nur ihr edles Aussehen zeigte sich hier in junger Blüte, sondern auch ihre Feinsinnigkeit und Noblesse.
„Philippe, wir sind beide zu Männern herangewachsen. Unser Leben ist nicht mehr so unbeschwert, wie es einmal war. Und dennoch – gemeinsam haben wir eine wundervolle Zeit vor uns."
„Aber was kannst du nur für Sorgen haben?" Philippe war erstaunt. „Ein Mann wie du hat alles was er will. Du bist reich, du hast gute Freunde, die Frauen begehren dich", für einen Moment hielt er inne, ,,... und du bist schön."
Von einem Mann hatte Wilcox noch niemals solch ein Kompliment bekommen. Vielleicht hatte Philippe mit allem, was er sagte, recht, doch
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