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Verborgene Lust

Verborgene Lust

Titel: Verborgene Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evie Blake
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ihnen, und nachdem sie die erste Flasche Wein geleert haben, gestaltet sich die Unterhaltung zunehmend lebhafter. Dann entscheiden sie, was sie mit dem Rest des Tages anfangen. Sie besuchen eine Ausstellung oder kaufen sich neue Kleider. Felix verändert nicht nur ihreGarderobe, sondern auch seine eigene. Die Londoner Tweedanzüge sind verschwunden; er trägt jetzt maßgeschneiderte Anzüge und glänzende Schuhe. Außerdem hat er sich die Haare kürzer schneiden lassen, wodurch er jünger wirkt. Jeden Tag geht er zum Barbier. Nie mehr spürt Maria die rauen Stoppeln an ihrer Haut, seine Wangen sind jetzt babyweich.
    Am frühen Abend sehen sie sich ein Theaterstück oder einen Film an – vielleicht einen Film Noir aus Amerika oder etwas Französisches. Maria liebt es, im dunklen Kino Zuflucht zu suchen und sich in einer Parallelwelt zu verlieren. Felix nimmt sie mit in Die Schöne und das Biest , den sein Freund Jean Cocteau inszeniert hat. Maria verliebt sich in den Märchenfilm. Ist das wie bei Felix und ihr? Ist Felix das Biest, dem sie lernen muss zu vertrauen? Wird ihre Liebe ihn retten und ihn in einen Prinzen zurückverwandeln? Für Maria ist er bereits ein Prinz, doch sie merkt, dass er anderen gegenüber weniger freundlich ist.
    Maria denkt daran, was Jacqueline über ihren Landsmann gesagt hat, und sie beobachtet, wie Fremde und sogar einige seiner Freunde manchmal auf Felix’ grobe Art und seinen scharfen Ton reagieren. Es ist Maria peinlich, und sie fragt sich, ob Felix bewusst ist, wie harsch und unhöflich er auf andere wirkt. Häufig erhält sie mitfühlende Blicke. Die einzige Person, die Felix seine rüde Art nicht zu verübeln scheint, ist Madame Paget aus dem Hotel. Maria vermutet, dass sie in Felix verliebt ist. Das würde auch ihre Feindseligkeit Maria gegenüber erklären.
    Nach dem Theater oder dem Kino ist es an der Zeit, in die Bar zu gehen, um mit ein paar Freunden etwas zu trinken. Dann essen sie vielleicht noch etwas, und die Nacht kann beginnen. Sie gehen in einen Club und lauschen den neuen Stars der amerikanischen Jazzszene: kräftigen schwarzen Männern, die mit ihrer Musik Marias Leidenschaft wecken. Manchmal bleiben sie so lange aus, dass sie mit Kaffee und Croissants im Le Tabou den neuen Morgen begrüßen und erst anschließend schlafen gehen. Dann filmen sie nicht. Die meisten Nächte kehren sie jedoch in ihre kleine Höhle zurück, richten die Kamera ein und inszenieren eine neue Szene. Normalerweise filmen sie sich beide zusammen. Maria findet das sehr erotisch. Aber manchmal möchte Felix sie allein filmen. Dann sitzt Maria auf dem Bett und sieht ihn an. Sie blickt in die Linse der Kamera, als sehe sie in die Augen ihres Geliebten, und spricht zu ihm.
    »Ich liebe dich«, sagt sie immer wieder. »Ich liebe dich«, während sie sich streichelt und sich langsam zum Höhepunkt treibt. Maria widersteht dem Drang, die Augen zu schließen, und starrt weiter in die Kamera. Sie stellt sich vor, dass Felix den Film noch einmal ansieht, wenn er allein ist, und ihm bewusst wird, wie sehr sie ihn liebt. Das Filmmaterial, auf dem sie vor ihrem Geliebten zum Höhepunkt kommt, zeigt, dass allein der Gedanke an seine Liebe reicht, um ihr Lust zu bereiten. Damit ist hoffentlich bewiesen, wie sehr sie Felix vertraut. Maria will ihre Gefühle für ihn nicht verbergen.
    Felix und Maria sind süchtig nach dem Rausch ihrer Leidenschaft und fühlen sich von allem Verbotenen angezogen. Eines Nachts, nachdem sie in den Clubs unterwegs gewesen sind, bittet Maria Felix, sie in dem Käfiglift ihres kleinen Hotels zu vögeln. Dieses Mal verzichten sie auf die Kamera, denn sie müssen heimlich handeln. Madame Paget scheint sich zwar für den Rest des Abends zurückgezogen zu haben, ist jedoch ein Nachtmensch. Wie würde sie wohl reagieren, wenn sie sähe, wie sie sich im Lift liebten?
    Maria drückt den Knopf, um den alten Käfigaufzug zu rufen. Sie hören, wie er scheppernd nach unten fährt. Marias Herzschlag beschleunigt sich, und sie blickt zu Felix. Er lächelt ihr verschwörerisch zu. Der Aufzug hält mit einem Ruck. Felix zieht die Käfigtüren auf, schiebt Maria hinein und holt den schwarzen Seidenschal aus der Tasche.
    »Willst du, dass ich dir die Augen verbinde?« Seine Stimme klingt kühler, als habe er sich in eine andere Person verwandelt.
    »Ja«, flüstert sie.
    Sie dreht sich zur Rückseite des Lifts und betrachtet die Eisenstäbe und das metallene Netzwerk. Sie befindet sich buchstäblich

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