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Verborgene Lust

Verborgene Lust

Titel: Verborgene Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evie Blake
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den Tanz filmt. Nun hockt er hinter seiner Kamera und zeichnet ihre Bewegungen auf. Maria kann seinem Auge nicht entkommen.
    Jetzt ist Maria auf der Bühne, die Scheinwerfer blenden sie und erfüllen sie zugleich mit Energie. Einen Augenblick vergisst sie, dass sie Maria ist, das Mädchen, das gerade ihre Jungfräulichkeit verloren hat. Sie wird zum Geist, zu Psyche, zum Triumph der Vernunft über den Trieb. Doch die Menschen weisen sie ab, und sie muss sich zurückziehen, denn sie wetteifern um die Büchse der Pandora. Louis als Draufgänger und Stephen als Starker Mann tanzen einen Kampf um sie. Louis setzt sich durch. Der zweite Chor eilt auf die Bühne, böse Monster versammeln sich um Pandora und wehren den Starken Mann ab. Maria steht jetzt im Schatten und beobachtet, wie sie Pandora eine grinsende Totenmaske mit Kristallstacheln aufsetzen.
    Dann folgt eine kurze Pause. Geradezu flirrend von der Aufregung der Premiere eilen sie in ihre Garderobe. Lempert kommt herein, und Maria sieht, dass er mit ihnen zufrieden ist. Er klopft ihr auf die Schulter, während er mit Christopher über den letzten Tanz zwischen Jugend und Psyche spricht, den Punkt, an dem sie die Welt aus der Dunkelheit ins Licht zurückführen. Plötzlich lastet die Verantwortung schwer auf Maria. Ihr Körper ist erschöpft, nicht nur vom Tanzen, sondern auch von den neuen Erfahrungen, die sie heute gemacht hat. Sie braucht etwas frische Luft.
    Sie blickt auf die Wanduhr. Ihr bleiben zehn Minuten für eine schnelle Zigarette. Sie schlüpft aus der Garderobe und durch den Hintereingang des Gebäudes in eine Gasse nach draußen. Sie schüttelt eine Zigarette aus der Packung.
    »Ich bin sicher, Psyche ist viel zu rein, um zu rauchen.«
    Vor Schreck springt sie zur Seite. Vor ihr steht Felix.
    »Wo kommst du auf einmal her?«, fragt sie.
    »Ich war die ganze Zeit hier und habe geraucht. Ich habe gesehen, wie du herausgekommen bist. In deinem weißen Kleid siehst du wie ein Gespenst aus.«
    Sie beugt sich vor und lässt sich von ihm Feuer geben. »Wie fandst du es?«, fragt sie und sehnt sich nach seiner Bestätigung.
    »Du warst hervorragend, mein Liebling.«
    Maria strahlt. Sein Urteil bedeutet ihr so viel.
    »Ich bin gespannt, wie es auf Film wirkt«, sagt er. »Tanz habe ich noch nie gefilmt.«
    »Und wie haben dir die anderen gefallen?«
    »Nun, einigen der anderen Tänzer fehlt es noch an Erfahrung, aber das Mädchen, das die Pandora spielt, ist sehr professionell.«
    »Das ist Joan, meine Freundin«, erklärt Maria, aber er hört ihr nicht richtig zu. Mit leuchtenden Augen spricht er von der Bedeutung von Pandora . Sie stellt sich ihn am Drehort vor: Felix, der Filmregisseur. Sie kneift sich. Sie muss sich daran erinnern, dass dieser talentierte Mann sie tatsächlich liebt.
    »Ich finde die Choreografie ziemlich faszinierend. Der Tanz hat einen politischen Subtext.« Er zögert, dann zieht er noch einmal an seiner Zigarette. »Das Heil von gestern kann das Übel von morgen sein …«
    Seine Worte verhallen in der dunklen Gasse. Sie kann den Ausdruck in seinen Augen nicht erkennen, aber sie weiß, dass er jetzt nicht nur vom Tanz spricht. Er denkt an seine geheimnisvolle Vergangenheit: ein Teil von sich, den mit ihr zu teilen er sich weigert. Die Hintertür öffnet sich, Licht fällt auf die Straße und auf sie.
    »Ach, da bist du!«, sagt Joan. »Komm schon, in fünf Minuten geht die Vorstellung weiter.« Dann bemerkt sie Felix. »Ach, hallo. Sind Sie der berühmte Monsieur Leduc?«
    Maria errötet bis zu den Haarwurzeln. Wie kann Joan so taktlos sein?
    »Sieht so aus.« Er legt den Kopf auf die Seite und sieht sie mit durchdringendem Blick an. Sein Ausdruck ist alles andere als freundlich, und einen Augenblick erkennt Maria, was Jacqueline meint, wenn sie sagt, Felix sei schwierig. Allerdings nicht bei Maria. Zu ihr ist er zärtlich, sanft und freundlich.
    Joan ignoriert Felix’ unfreundliche Art, dreht sich stattdessen zu Maria um, wirft ihr einen fragenden Blick zu und verschwindet wieder im Theater. Maria weiß, was Joan denkt. Sie kann förmlich ihre Stimme hören: Er ist ein bisschen alt für dich, Herzchen, findest du nicht? Und er sieht ein bisschen missmutig aus.
    Sie lässt den Zigarettenstummel auf den Boden fallen, die Glut leuchtet in der Dunkelheit. »Ich sollte lieber wieder reingehen«, sagt sie. »Sehen wir uns anschließend?«
    Auf einmal fasst Felix ihren Arm: »Hör zu, Liebling, ich muss leider nach der Vorstellung sofort

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