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Verborgene Lust

Verborgene Lust

Titel: Verborgene Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evie Blake
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ihre Sehnsucht nach Zuhause.
    Felix führt sie durch Paris. Anders als in London leuchtet hier Neonwerbung in den Schaufenstern. Geschäftig eilen junge Männer und Frauen über die dunklen Trottoirs. Anders als an den trüben Abenden im Nachkriegslondon scheint die Nacht hier gerade erst zu beginnen. Diese Menschen erwachen zum Leben: konzentrierte junge Männer mit Brillen und kleinen Bärten und etwas schlampig wirkende junge Frauen mit offenen dunklen Haaren, stumpfen Ponys und stark geschminkten Augen. Sie sind mit ihren eigenen Dramen beschäftigt und achten nicht auf Felix und Maria. Maria starrt sie ihrerseits jedoch unwillkürlich an. Sie sehen so anders aus als die Menschen in London.
    Felix führt sie auf die Südseite der Seine, in ein Viertel mit dem Namen Saint-Germain-des-Prés. Sie kommen an Cafés vorbei, und Felix zeigt ihr, welche er gern besucht: Café Flore , wo Sartre und Simone de Beauvoir gern hingingen, bevor sie zu bekannt wurden. Deux Magots , Rhumerie Martiniquaise und die Bar Vert . Maria würde gern Halt machen, etwas essen und ein Glas Wein trinken, aber Felix treibt sie weiter, weil er sich zuerst im Hotel anmelden will.
    Maria folgt Felix über schmale Kopfsteinpflasterstraßen. Sie führen zwischen hohen Häusern hindurch, die sich hierhin und dorthin neigen. Alles ist dunkelgrau: die Dächer, die Mauern, das Pflaster, die Fensterläden, die Lackierung. Schließlich steuert Felix auf ein heruntergekommenes Hotel zu. Marias Magen krampft sich vor Aufregung zusammen. Es ist gerade einmal zwei Tage her, dass er sie auf dem Fluss entjungfert hat, seit ihrer katastrophalen Vorstellung als Psyche und nur vierundzwanzig Stunden, seit sie mit ihm durchgebrannt ist. Die ganze Zeit über hat er sie nicht angerührt, hat nur ihre Hand gehalten. Nicht im Zug von Victoria nach Folkestone noch in der Pension, nicht auf dem Schiff über den Kanal und auch nicht im Zug von Boulogne nach Paris. Beim Anblick des Hotels sind alle Gedanken an Essen vergessen. Was wird jetzt geschehen? Soll Maria auf einem eigenen Zimmer bestehen? Noch bevor sie durch die Tür treten, weiß sie, dass sie das nicht tun wird.
    Die Hotelhalle ist spärlich beleuchtet und riecht intensiv nach Tabak und billigem Parfum. Maria mustert die abgeblätterte Farbe an den Wänden und den abgenutzten Teppich. Es ist nicht gerade das Ritz. Sie folgt Felix, der auf die Concierge zugeht, eine große Frau mit roten, sich auf ihrem Kopf türmenden Haaren und grellrot geschminkten Lippen. Sie raucht eine Zigarette und liest Zeitung. Sobald sie aufsieht und Felix entdeckt, hellt sich ihr Blick auf.
    »Monsieur Leduc! Sie waren aber lange nicht bei uns. Herzlich willkommen!«, flötet sie auf Französisch, beugt sich über den Tresen und küsst Felix auf beide Wangen.
    »Guten Abend, Madame Paget. Ich möchte Ihnen meine Begleiterin vorstellen, Signorina Maria Brzezinska.«
    In seiner Muttersprache klingt Felix’ Stimme eine Oktave tiefer, und er wirkt noch gebildeter und eleganter als in London.
    Madame Paget mustert sie mit hartem Blick, und Maria bekommt weiche Knie.
    » Bonsoir «, sagt Maria schüchtern. Obwohl sie von Jacqueline gelernt hat, ebenso gut Französisch wie Englisch zu sprechen, unterhalten sich Maria und Felix immer auf Englisch. Kommt es daher, dass sie sich in London begegnet sind, oder ist es vielleicht die Sprache ihrer Liebe? Madame Paget küsst sie grob auf beide Wangen. »Willkommen«, sagt sie und wendet ihre Aufmerksamkeit sogleich wieder Felix zu. »Möchten Sie das übliche Zimmer?«, erkundigt sie sich.
    »Ja, danke.«
    Während er sich in das Hotelverzeichnis einträgt, nimmt die Concierge einen Schlüssel. »Seit Sie das letzte Mal hier waren, haben sich die Dinge verändert, wissen Sie?«
    »Inwiefern?«, fragt Felix.
    »Es sind jetzt viele Ausländer in Paris. Überall Amerikaner«, erklärt sie naserümpfend und misst Maria erneut mit ihren Blicken, während sie den Schlüssel in der Hand dreht. »Alle zieht es nach Paris und vor allem in unser kleines Viertel. Sie bezeichnen sich als Existenzialisten. Dabei haben sie keinen Schimmer, was das bedeutet. Sie wollen bloß die ganze Nacht tanzen und trinken.« Madame Paget schnaubt verächtlich und starrt Maria mit eiskaltem, missbilligendem Blick an. »Und haben Sie gehört, dass man das Tabou dichtgemacht hat?«
    »Und wohin gehen jetzt alle?«
    »Es gibt einen neuen Club, der gerade eröffnet hat. Da findet jetzt der große Jazz statt. Es ist Vians Laden:

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