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Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Warnung sein oder eine Drohung, oder was?« Stevens war nicht in der
Stimmung, sich drohen zu lassen, nicht wenn er sich mit einem Sonntagmorgenkater herumschlagen
musste.
»Es war eine freundliche Warnung, eine Warnung von einem Freund.«
»Wer ist der Freund, Big?«
»Ich, du Blödmann. Sei doch nicht immer so misstrauisch. Hör zu, hier wird ein bisschen Cannabis
vertickt, aber das ist so ziemlich alles. Niemand bringt das harte Zeug mehr nach Leith. Die
laden das an der Küste von Fife oder oben in der Nahe von Dundee ab. An Orten, wo es keine
Zollbeamte mehr gibt. Und das ist die Wahrheit.«
»Ich weiß, Big, ich weiß. Aber irgendwas wird hier verschoben. Ich hab's selbst gesehen, ich weiß
nur nicht, was es ist. Ob harter Stoff oder nicht. Ich hab selber eine Übergabe gesehen. Erst
kürzlich.«
»Wann?«
»Gestern.«
»Wo?«
»Auf dem Calton Hill.«
Big Podeen schüttelte den Kopf.
»Dann hat es mit niemandem zu tun, den ich kenne, Jimmy.«
Stevens kannte Big Man, kannte ihn gut. Er lieferte gute Informationen, aber es waren nur Tipps,
die er von Leuten erhielt, die wollten, dass Stevens irgendwas erfuhr. So rückten beispielsweise
die Heroinjungs via Big Informationen über den Handel mit Cannabis raus. Wenn Stevens die Story
aufgriff, bestand eine gute Chance, dass die Cannabis-Dealer geschnappt würden. Und dann hatten
die Heroinjungs das ganze Terrain für sich. Das war klug gemacht - Komplott und Gegenkomplott.
Das Risiko war allerdings hoch. Aber Stevens war ein kluger Mitspieler. Er wusste, dass es ein
stillschweigendes Einvernehmen gab, die wirklich großen Spieler in Ruhe zu lassen, denn sonst
wäre es den Geschäftsleuten und Bürokraten der Stadt an den Kragen gegangen, den adeligen
Grundbesitzern und den Mercedesfahrern der New Town.
Und das konnte man nicht zulassen. Also fütterte man ihn nur mit kleinen Häppchen, die aber
reichten, um die Druckerpressen am Laufen zu halten, und dafür sorgten, dass die Leute sich
darüber aufregten, wie Edinburgh allmählich vor die Hunde ging. Immer ein bisschen, niemals das
Ganze. Das war Stevens klar. Er hatte das Spiel schon so lange mitgespielt, dass er manchmal kaum
noch wusste, auf welcher Seite er stand. Was letztendlich auch nicht viel zu bedeuten
hatte.
»Du weißt also nichts darüber?«
»Nichts, Jimmy. Aber ich hör mich mal um. Mal sehen, was sich so tut. Doch was anderes, da hat
'ne neue Kneipe aufgemacht, in der Nähe von dem Mackay-Autosalon. Weißt du, wo ich meine?«
Stevens nickte.
»Ja also«, fuhr Podeen fort, »nach vorne hin ist es 'ne Kneipe, aber hinten durch ist's ein Puff.
Da ist so 'ne scharfe kleine Bardame, die nachmittags ihre Dienste anbietet, falls du Interesse
hast.«
Stevens lächelte. Da versuchte also jemand Neues, sich ins Geschäft zu drängen, und das gefiel
den Alteingesessenen, die letztlich Podeens Brötchengeber waren, nicht. Und deshalb bekam er, Jim
Stevens, genug Informationen zugespielt, um den Neuen das Handwerk zu legen, wenn er wollte. Da
steckte sicher eine hübsche Schlagzeile drin, aber es war nur eine Eintagsfliege.
Warum riefen die nicht einfach anonym bei der Polizei an? Er glaubte, die Antwort darauf zu
kennen, obwohl er es lange Zeit nicht hatte verstehen können. Die spielten das Spiel nach den
altmodischen Regeln, und das hieß, niemanden an den Feind zu verpfeifen. Stattdessen überließ man
ihm die Rolle des Botenjungen, eines Botenjungen allerdings, der Macht innerhalb des Systems
besaß. Zwar nur ein bisschen Macht, aber immerhin mehr als die Typen, die stets auf dem Pfad der
Tugend wandelten.
»Danke, Big. Ich werd' mich drum kümmern.«
In dem Moment kam das Essen, Berge von gewelltem, glänzendem Speck, zwei weiche, fast
durchsichtige Spiegeleier, Champignons, geröstetes Brot, Baked Beans. Stevens hielt den Blick
starr auf die Bar gerichtet, als würde er sich plötzlich sehr für einen der Bierdeckel
interessieren, die noch feucht vom Samstagabend waren.
»Ich geh damit rüber an meinen Tisch, okay, Jimmy?«
Stevens konnte sein Glück kaum fassen.
»Kein Problem, Big Man, kein Problem.«
»Tschüss dann.«
Und damit blieb er allein zurück, nur noch ein Hauch von Essensgeruch hing in der Luft. Da fiel
ihm auf, dass der Barmann ihm gegenüber stand. Seine fettglänzende Hand war ausgestreckt.
»Zwei Pfund sechzig«, sagte er.
Stevens seufzte. Verbuch' das unter Erfahrungen, dachte er bei sich, während er bezahlte, oder
schieb's auf den Kater. Die Party

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