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Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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auch. Schlug Zeit tot.
Im Rutherford Arms traf er ein paar Trinker, die er von den Abenden kannte, kurz nachdem Rhona
ihn verlassen hatte. Er trank eine Stunde lang mit ihnen, saugte das Bier in sich hinein, als
wäre es Muttermilch. Sie redeten über Fußball, über Pferderennen und über ihre Jobs, und das
hatte eine beruhigende Wirkung auf Rebus. Das war eine ganz normale Abendunterhaltung; er tauchte
gierig darin ein und steuerte selbst einige unbedeutende Neuigkeiten bei. Aber was zu viel ist,
ist zu viel, und so verließ er forschen Schrittes und betrunken die Bar, nachdem er seine Freunde
auf ein andermal vertröstet hatte, und schlenderte die Straße hinunter Richtung Leith.
Jim Stevens saß an der Bar und beobachtete, wie Michael Rebus seinen Drink auf dem Tisch stehen
ließ und zur Toilette ging. Wenige Sekunden später folgte ihm der geheimnisvolle Unbekannte, der
an einem anderen Tisch gesessen hatte. Es sah aus, als wollten sie die nächste Übergabe
besprechen, denn beide machten einen zu entspannten Eindruck, um etwas Belastendes bei sich zu
haben. Stevens rauchte seine Zigarette und wartete ab. In weniger als einer Minute tauchte Rebus
wieder auf und ging zur Bar, um sich noch etwas zu trinken zu holen.

Als John Rebus sich durch die Pendeltür des Pubs schob, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen.
Er schlug seinem Bruder auf die Schulter.
»Mickey! Was machst du denn hier?«
Michael Rebus starb fast vor Schreck. Ihm schlug das Herz bis zum Hals, und er musste
husten.
»Na, halt einen trinken, John.« Aber er wusste, dass man ihm sein schlechtes Gewissen an der
Nasenspitze ansah. »Du hast mich vielleicht erschreckt«, fuhr er fort und versuchte zu lächeln,
»mir einfach so auf die Schulter zu hauen.«
»War doch nur ein brüderlicher Klaps. Was möchtest du trinken?«
Während die beiden Brüder sich unterhielten, schlüpfte der Mann aus der Toilette und verließ die
Bar, ohne nach rechts oder links zu sehen. Stevens bemerkte seinen Abgang, aber er hatte jetzt
andere Sorgen. Der Polizist durfte ihn auf keinen Fall sehen. Er drehte den Kopf nach hinten, als
ob er an den Tischen jemanden suchte. Jetzt war er sich sicher. Der Polizist musste in der Sache
mit drinstecken. Das Ganze war sehr gewieft eingefädelt, aber jetzt war er sich sicher.
»Du trittst also gleich hier in der Gegend auf?« John Rebus, der schon von seinen vorherigen
Drinks angeheitert war, hatte das Gefühl, dass die Dinge seit langem mal wieder gut liefen.
Endlich war er mit seinem Bruder auf den Drink zusammen, den sie sich immer wieder versprochen
hatten. Er bestellte Whisky und dazu zwei Lager. »Hier schenken sie den Schnaps fast ein halbes
Glas voll aus«, erklärte er Michael. »Das ist ganz ordentlich.«
Michael lächelte und lächelte und lächelte, als hinge sein Leben davon ab. Seine Gedanken rasten
und überschlugen sich. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war ein weiterer Drink. Wenn das hier
bekannt würde, würde es seinem Edinburgher Kontaktmann äußerst unwahrscheinlich vorkommen, viel
zu unwahrscheinlich. Man würde ihm, Michael, dafür die Beine brechen, wenn das je rauskam. Er war
gewarnt worden. Und was hatte John hier überhaupt zu suchen? Er wirkte ganz gelöst, ja sogar
betrunken, aber wenn das nun eine Falle war? Wenn man seinen Kontaktmann bereits vor der Tür
verhaftet hatte? Er kam sich so vor wie als Kind, wenn er Geld aus der Brieftasche seines Vaters
gestohlen und es hinterher wochenlang abgestritten hatte, sein Herz mit Schuld beladen.
Schuldig, schuldig, schuldig.
Währenddessen trank John Rebus immer weiter und plauderte, ohne den plötzlichen
Stimmungsumschwung zu bemerken, das plötzliche Interesse an ihm. Ihn interessierte nur der
Whisky, der vor ihm stand, und die Tatsache, dass Michael gleich in einer Bingo-Halle ganz in der
Nahe auftreten würde.
»Hast du was dagegen, wenn ich mitkomme?«, fragte er. »Dann seh' ich endlich mal, wie mein Bruder
seine Brötchen verdient.«
»Natürlich kannst du mitkommen«, sagte Michael. Er spielte mit seinem Whiskyglas. »Das sollte ich
besser nicht trinken, John. Ich muss einen klaren Kopf behalten.«
»Aber sicher. Schließlich musst du ja für die geheimnisvollen Kräfte empfänglich sein.« Rebus
bewegte die Hände, als ob er Michael hypnotisieren wollte, die Augen weit aufgerissen,
lächelnd.
Und Jim Stevens nahm seine Zigaretten und verließ, immer noch mit dem Rücken zu beiden, das
verräucherte, laute Pub.

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