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Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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war alles. Lieber
Gott.
Er ging in den Flur und sprach Anderson an, der vor ihm stand wie ein Wrack, das darauf wartete,
aufgeladen und entsorgt zu werden. Und die beiden Männer gingen aufeinander zu und umarmten sich,
schenkten sich gegenseitig Lebensmut - zwei alte Feinde, die plötzlich erkannten, dass sie trotz
allem auf der gleichen Seite standen. Sie umarmten sich und sie weinten, ließen alles raus, was
sie in sich aufgestaut hatten seit den Jahren, in denen sie Streife gegangen waren und gefühllos
und unerschütterlich hatten erscheinen müssen. Nun war es heraus, sie waren menschliche Wesen wie
alle anderen auch.
Und schließlich, nachdem man ihm versichert hatte, dass Rhona nur einen Schädelbruch erlitten
hatte, und man ihn einen Augenblick in ihr Zimmer gelassen hatte, um zu beobachten, wie sie
Sauerstoff einatmete, ließ Rebus sich nach Hause fahren. Rhona würde leben. Das war immerhin
etwas. Andy Anderson hingegen lag irgendwo auf einem kalten Tisch, während Ärzte seine
sterblichen Überreste untersuchten. Armer verfluchter Anderson. Armer Mann, armer Vater, armer
Polizist. Jetzt wurde es alles sehr persönlich. Plötzlich war es eine größere Sache, als sie je
erwartet hatten. Jemand hegte einen persönlichen Groll gegen ihn.
Endlich hatten sie eine Personenbeschreibung, wenn auch keine gute. Eine Nachbarin hatte den Mann
gesehen, wie er die reglose Gestalt des Mädchens zum Auto trug. Ein helles Auto, hatte sie ihnen
erklärt. Ein ganz normal aussehendes Auto. Ein ganz normal aussehender Mann. Nicht allzu groß,
ein hartes Gesicht. Er hatte es sehr eilig. Sie konnte ihn nicht genau sehen.
Anderson würde von dem Fall abgezogen werden, Rebus ebenfalls. Ja, es war jetzt eine große Sache.
Der Würger war in ein Haus gegangen, hatte dort gemordet. Er war zu weit gegangen. Die Zeitungs-
und Kameraleute vor dem Krankenhaus wollten alles genauestens wissen. Superintendent Wallace
hatte längst eine Pressekonferenz organisiert. Die Zeitungsleser, die Voyeure mussten alles
darüber wissen. Es war die Sensation. Edinburgh war die Hauptstadt des Verbrechens in Europa. Der
Sohn eines Chief Inspectors ermordet und die Tochter eines Detective Sergeants entführt,
möglicherweise ebenfalls bereits ermordet.
Was konnte er anderes tun als dasitzen und auf einen weiteren Brief warten? In seiner Wohnung war
er besser aufgehoben, ganz gleich wie dunkel und kahl sie auch erschien, wie sehr sie einer Zelle
glich. Gill versprach, ihn nach der Pressekonferenz zu besuchen. Rein routinemäßig würde ein
ziviles Polizeiauto vor seinem Mietshaus stehen, man konnte ja schließlich nicht wissen, wie
persönlich der Würger die Sache noch werden lassen würde.
Was Rebus nicht wusste war, dass man inzwischen im Präsidium seine Akte überprüfte und seine
Vergangenheit genau unter die Lupe nahm. Irgendwo darin musste der Würger stecken. Es musste
einfach so sein.
Natürlich musste es so sein. Rebus wusste, dass er als Einziger den Schlüssel zu dem Fall besaß.
Aber anscheinend lag dieser Schlüssel in einer Schublade verschlossen, zu der er selbst wiederum
der Schlüssel war. Bisher konnte er an diesem weggeschlossenen Stück Vergangenheit nur
rütteln.
Gill Templer hatte Rebus' Bruder angerufen, und obwohl John sie bestimmt dafür hassen würde,
hatte sie Michael gebeten, sofort zu seinem Bruder nach Edinburgh zu kommen. Schließlich war er
Rebus' einziger Verwandter. Er klang nervös am Telefon, nervös, aber besorgt. Und jetzt grübelte
sie über die Sache mit dem Akrostichon nach. Der Professor hatte Recht gehabt. Man wollte
versuchen, ihn noch heute Abend ausfindig zu machen, um mit ihm zu reden. Wiederum rein
routinemäßig. Doch wenn der Würger alles so geplant hatte, dann musste er doch irgendwie eine
Liste von Personen gehabt haben, aus der er sich die passenden Namen aussuchen konnte. Wie konnte
er an so etwas herangekommen sein? War er vielleicht ein Angestellter im öffentlichen Dienst? Ein
Lehrer? Jemand, der irgendwo still vor sich hin an einem Computerterminal arbeitete? Es gab viele
Möglichkeiten, und sie würden sie alle nacheinander durchgehen. Gill wollte jedoch vorschlagen,
dass man als Erstes jeden in Edinburgh vernahm, der Knott oder Cross hieß. Das war zwar ein
Schuss ins Blaue, aber schließlich war bei diesem Fall bisher alles ziemlich chaotisch
verlaufen.
Und dann kam die Pressekonferenz. Sie wurde, weil es gerade günstig war, im Verwaltungsgebäude

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