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Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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stecken.«
»Beweise? Für was?«
»Seine Drogendealerei natürlich.«
Stevens sah den Schlag nicht kommen. Es hätte ihm aber auch nichts genutzt. Es war ein
heimtückischer Schlag, der von Rebus' Seite auf ihn zuschoss und ihn ganz tief im Magen
erwischte. Der Reporter schnaufte kurz, dann ging er in die Knie.
»Lügner!«
Stevens hörte nicht auf zu schnaufen. Es war, als wäre er einen Marathon gelaufen. Er blieb auf
den Knien, die Arme vor dem Bauch verschränkt, japste nach Luft.
»Wenn Sie meinen, John, aber es ist trotzdem wahr.« Er blickte zu Rebus auf. »Heißt das, Sie
wissen wirklich nichts darüber? Überhaupt nichts?«
Das hatte Stevens nicht erwartet, das hatte er ganz und gar nicht erwartet.
»Nun ja«, sagte er, »damit erscheint das alles in einem anderen Licht. Mein Gott, ich brauch
einen Drink. Kommen Sie mit? Ich glaube, jetzt sollten wir wirklich ein bisschen reden, finden
Sie nicht? Ich werd Sie nicht lange aufhalten, aber Sie sollten es in jedem Fall wissen.«
Und natürlich wurde Rebus im Nachhinein klar, dass er es gewusst hatte. Aber er hatte es
verdrängt. Am Todestag des alten Herrn, als er auf dem matschigen Friedhof gewesen war und
anschließend Mickey besucht hatte, da hatte er im Wohnzimmer diesen Geruch nach kandierten Äpfeln
bemerkt. Jetzt wusste er, was es gewesen war. Er hatte damals schon daran gedacht, war aber
irgendwie abgelenkt gewesen. O Gott. Rebus fühlte, wie seine ganze Welt im Morast persönlichen
Wahnsinns versank. Er hoffte, dass der Zusammenbruch nicht mehr weit war; er konnte nicht viel
länger so weitermachen.
Kandierte Äpfel, Märchen, Sammy, Sammy, Sammy. Manchmal war es hart, sich an die Realität zu
halten, wenn diese Realität einem über den Kopf wuchs. Dann funktionierte die automatische
Sicherung. Der Schutz durch Zusammenbruch, durch Vergessen. Lachen und Vergessen.
»Diese Runde geht auf mich«, sagte Rebus, als er sich wieder beruhigt hatte.

Gill Templer fühlte sich in dem bestätigt, was sie schon immer gewusst hatte. Es steckte Methode
dahinter, wie der Mörder die Mädchen aussuchte. Also musste er bereits vor der Entführung Zugang
zu ihren Namen gehabt haben. Das bedeutete, dass die vier Mädchen irgendwas gemeinsam haben
mussten, worüber Reeve an sie herangekommen war. Aber was? Sie hatten alles überprüft und
festgestellt, dass die Mädchen tatsächlich gewisse gemeinsame Hobbys hatten. Basketball, Popmusik
und Bücher.
Basketball. Popmusik. Bücher.
Basketball. Popmusik. Bücher.
Das bedeutete, dass man die Basketballtrainer überprüfen musste (das waren alles Frauen, also
streichen), Angestellte in Plattenläden und Diskjockeys, Angestellte in Buchhandlungen und
Bibliothekare. Bibliotheken.
Bibliotheken.
Rebus hatte Reeve Geschichten erzählt. Samantha benutzte die städtische Zentralbibliothek. Das
hatten die anderen Mädchen gelegentlich auch getan. Eines der Mädchen war gesehen worden, wie es
an dem Tag, an dem es verschwand, den Mound Richtung Bibliothek hinaufging.
Doch Jack Morton hatte sich bereits in der Bibliothek umgehört. Einer der männlichen Mitarbeiter
dort besaß einen blauen Ford Escort. Der Verdächtige war von der Liste gestrichen worden. Aber
war dieses kurze Routinegespräch ausreichend gewesen? Sie wurde mit Morton reden müssen. Dann
würde sie selbst ein zweites Gespräch mit dem Mann führen. Sie wollte gerade nach Morton suchen,
da klingelte ihr Telefon.
»Inspector Templer«, sagte sie in die beige Sprechmuschel.
»Das Mädchen stirbt heute Abend«, zischelte eine Stimme am anderen Ende.
Sie richtete sich so abrupt in ihrem Stuhl auf, dass er beinahe umgekippt wäre.
»Hören Sie«, sagte sie, »wenn Sie irgend so ein Spinner sind...«
»Schnauze, du Miststück. Ich bin kein Spinner, und das weißt du auch. Ich bin der Echte. Hör zu.«
Von irgendwoher war ein erstickter Schrei zu hören, das Schluchzen eines Mädchens. Dann kehrte
die zischelnde Stimme zurück. »Sag Rebus, er hätte Pech gehabt. Er kann allerdings nicht
behaupten, ich hätte ihm keine Chance gegeben.«
»Hören Sie, Reeve, ich...«
Sie hatte das nicht sagen wollen, hatte nicht preisgeben wollen, dass sie wussten, wer er war.
Aber als sie Samanthas Schrei hörte, war sie durchgedreht. Jetzt hörte sie einen weiteren Schrei,
das wahnsinnige Geheul eines Verrückten, dem man auf die Schliche gekommen ist. Ihr sträubten
sich die Haare im Nacken. Die Luft um sie herum schien zu erstarren. Es war der Schrei des

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