Verborgene Sehnsucht
»Also … du wohnst jetzt hier?«
»Neues Haus. Neues Leben. Aber das Beste kommt erst noch.« Myst hielt Gregor mit einer Hand fest und klopfte sich mit der anderen auf den Bauch. »Es ist noch ein Baby unterwegs. Der Hattrick der Unglaublichkeiten.«
»Spiel. Satz. Sieg«, sagte Angela. »Ms. Munroe gewinnt.«
Sie lachte. »So ziemlich.«
»Was sollte ich sonst noch wissen?«
»Rikar ist hier im Hauptquartier ziemlich wichtig. Na ja, eigentlich sind das alle Krieger, aber deiner ist Bastians bester Freund und oberster Befehlshaber der Nightfury.«
Deiner. Nur ein Wort, aber wow. Es steckte ganz schön Wumms dahinter. So, dass Angela aus den ganz falschen Gründen der Atem wegblieb. Sie kämpfte gegen den Absturz ins Königreich der Dummheiten und konzentrierte sich stattdessen auf den letzten Teil der Nachricht. An seiner Schulter heulte Bastian sich also aus. Als hätte der Drachenkerl ihr das nicht selbst sagen können. Himmel. Rikars Verständnis von Zusammenarbeit war keinen Cent wert. Genauso wie seine Vorstellung, was das Wort Partner bedeutete. Angela schürzte die Lippen. Warte nur, bis sie ihn in die Finger bekam. Er würde nicht wissen, wie ihm geschah.
»Kannst du die Dose vom Nachttisch mitnehmen?« Schon halb aus dem Raum zeigte Myst auf eine blau-weiße Metalldose. Als Angela eine Braue hob, erklärte ihre neu gewonnene Freundin: »Kekse für Forge.«
Angela ging um das Fußende des Bettes herum, griff nach der Dose und folgte Myst. »Und wir brauchen Kekse, weil …?«
»Wir unseren neuen Insassen bestechen wollen.« Myst verlagerte das Gewicht des Babys und hielt ihn mit einem Arm fest, während sie mit der anderen die Tür öffnete. Angeln quietschten. Metall klickte und … Bingo. Sie hatten den Krankenhausraum hinter sich gelassen und standen in einem breiten Flur auf der anderen Seite der Tür. »Ist ein harter Kerl, weißt du?«
»Klasse«, antwortete sie und dachte an Rikar … das Paradebeispiel eines harten Kerls. »Genau, was ich brauche. Noch so einen.«
Myst ignorierte ihren Sarkasmus und wandte sich nach links. Ihre Flip-Flops klapperten auf dem Linoleumboden, und das Geräusch hallte von den weißen Wänden wider. Zwei Reihen Halogenleuchten erhellten den breiten, schmucklosen Flur mit der hohen Decke. Schlicht. Zweckmäßig. Funktion vor Aussehen, ganz wie in einem Krankenhaus.
»Das ist also dein Plan? Ihn mit Keksen zu bestechen und zu hoffen, dass er nachgibt?« Es war die seltsamste Verhörtechnik, von der sie je gehört hatte, aber nun ja. Es war einen Versuch wert.
»Forge ist ein Schleckermaul«, sagte Myst mit glänzenden Augen und einem koboldhaften Lächeln. »Wenn er das Shortbread auch nur riecht, bricht er zusammen.«
Schottisches Gebäck, Macs Lieblingsplätzchen. »Kommt er aus Schottland oder so?«
»Aus den Highlands.« Ihre neue Freundin beschleunigte ihre Schritte und hielt auf das Ende des Flurs zu. Und auf eine breite Doppeltür. »Warte ab, bis du seinen Akzent hörst.«
»So gut wie Gerard Butler?«
»Besser. Eher wie Sean Connery auf Steroiden.«
Oh, Himmel. Angela liebte diesen Schauspieler. Sie konnte es nicht abwarten, Forge zu sehen. Nein, Moment. Ihn zu hören, hätte es heißen sollen.
»Aber …« Myst blieb stehen, um eine der Türen zu öffnen. »Wir müssen zu ihm, bevor die Jungs nach Hause kommen. Denn sobald sie da sind, wird Daimler uns verpetzen.«
»Sag’s mir nicht.« Direkt hinter Myst betrat sie eine Art Klinik. Der Raum war sauber und aufgeräumt und modern eingerichtet, voller Edelstahltische, einem Haufen medizinischer Geräte und Zubehör. Der Geruch von antibakterieller Handseife hing in der Luft, während sie auf dem Weg zu einer automatischen Schiebetür aus Glas um den Untersuchungstisch herumging. »Daimler ist Auge und Ohr des Black Diamond.«
»Genau … der neugierige Butler.« Hinter der Kliniktür bogen sie in einen anderen Flur ab, das harmonische flip-flip-flop ihrer Fußbekleidung hallte von den Steinwänden wider. Die mittelalterlich wirkenden Granitblöcke trugen Kerben, die wahrscheinlich von ebenso alten Meißeln stammten. »Ich liebe den Kerl wirklich, aber er redet einfach zu viel. Und was Bastian sagt, zählt.«
Angela hob eine Braue. »Aber nicht für dich.«
»Nicht immer. Ich weiß, wie ich mit meinem Mann umgehen muss.« Myst grinste ihr über die Schulter zu, als sie an einer Reihe Aufzüge vorübergingen. Kurz darauf endete der Flur, und sie hielt vor einer verstärkten Stahltür an. Sie
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