Verborgene Tränen (Windham-Reihe) (German Edition)
Lady Amelie, was für eine Freude, Euch zu treffen“, begrüßte er das Paar. Amelie versank in einen Knicks, und Dean zog sich eine Zigarre aus der Westentasche.
„Dev, Lady Danielle. Mir war entfallen, dass Ihr auch herkommen wolltet“, grüßte Dean zurück, während sich die Damen Komplimente über ihre Kleider machten.
Devlin nickte fragend mit dem Kopf in Amelies Richtung, weil er zu gerne erfahren hätte, was den Sinneswandel bei seinem Bruder ausgelöst hatte. Dieser zog Devlin einen Schritt beiseite und flüsterte zwischen zwei Zügen, die seine Zigarre anstecken sollten:
„Sei bloß still! Ich fühle mich ohnehin schon wie ein kompletter Idiot! Halb London gafft zu uns herüber!“
„Halb London wird sich fragen, warum du zuerst deine Frau blamierst, indem du ganz schamlos deine Mätresse ausführst, diese aber dann zum romantischsten Ereignis der Saison wiederum gegen deine Gattin eintauschst“, stellte Devlin nüchtern fest.
„Das war ja auch alles nicht so geplant!“
Devlin lachte laut und erntete dafür fragende Blicke der Umstehenden.
„Dean, wann hast du jemals Pläne gemacht?“
„Ach, sei still, Dev! Hilf mir lieber! Ich weiß, dass ich mich Amelie gegenüber wie ein Idiot benommen habe, aber diese Frau ist einfach … Ich weiß nicht, sie macht mich wahnsinnig! Wir hatten keinen guten Start, und ich will das wiedergutmachen. Und – wenn du es wissen willst: Ich war meiner Frau seit der Hochzeit treu, da kannst du die inzwischen leicht verärgerte Lucinda gerne selbst fragen.“
Devlin hob abwehrend die Hände.
„Nein danke! Aber es freut mich, dass du dieses Verhältnis beendet hast. Vater wird erleichtert sein. Er hat mir vor einigen Tagen geschrieben, dass sie sich auf dem Rückweg nach England befinden, weil er die Damen kennenlernen will, die es geschafft haben, uns zu zähmen – so seine Worte.“
Dean wand sich etwas und paffte einen Rauchkringel.
„Beendet ist das falsche Wort. Um ehrlich zu sein, wartet sie vermutlich noch immer darauf, dass ich sie abholen komme. Wie du weißt, waren wir verabredet“, gestand Dean.
„Trottel! Du kennst Lucinda! Sie lässt sich nicht so einfach abservieren. Ich schlage vor, du klärst die Sache morgen mit ihr, ehe sie dir oder Amelie Ärger macht.“
Devlin konnte nicht fassen, wie unbedacht sein Bruder manchmal war. Dean war ein Hitzkopf! Sein ganzes Leben schon hatte er nur Spaß und Vergnügen im Sinn. Devlin hoffte, die Ehe würde ihn endlich auch Verantwortung lehren.
„Du hast ja recht. Ich werde mich darum kümmern, aber heute Abend will ich versuchen herauszufinden, wen ich da eigentlich geheiratet habe – dafür wird es höchste Zeit.“
Zustimmend ließ Devlin seinen Blick zu Danielle und Amelie wandern, die über irgendetwas lachten, während weiter hinten die Musiker schon ihre Plätze einnahmen.
„Allerdings. Bring deine Ehe in Ordnung, ehe Vater kommt. Er hat angedeutet, dass es Ärger mit unserer süßen Rose gäbe, aber das wird er uns morgen auf der Soiree, die Danielle geben wollte, alles haarklein berichten – falls er rechtzeitig ankommt. Wir werden nichts zu lachen haben, wenn wir ihm einen Grund geben, seinen Unmut über unsere Schwester an uns auszulassen“, beschwor er Dean eindringlich.
Ein Trommelwirbel forderte die Gäste auf, ihre Plätze einzunehmen, und Dean trat an Amelies Seite. Den ganzen Nachmittag hatte er damit zugebracht, sich Gedanken über seine Frau zu machen. Jetzt konnte er es kaum mehr erwarten, endlich mehr über sie zu erfahren – und ihr deutlich näherzukommen als bisher.
Er führte sie zu den Stühlen, und, als sie lächelnd und voll Vorfreude neben ihm saß, wunderte er sich über sich selbst, dass ihm Lord Shawes Tochter nicht schon früher aufgefallen war. Seine Frau war eine ausnehmende Schönheit und – das musste er zugeben – viel zu gut für einen alternden Lüstling wie Cliffard Ansley.
Aber eine quälende Frage blieb, und er hatte vor, noch heute Nacht eine Antwort auf diese Frage zu bekommen: Hatte es in Amelies Leben schon einen Mann gegeben? Hatte dieser unbekannte Adrian von seiner Frau bekommen, was ihm bisher verwehrt geblieben war?
„Es geht los“, hauchte Amelie und fasste nach seiner Hand, als das erste Stück angestimmt wurde.
Die Stimmung jeder Melodie spiegelte sich in Amelies Gesicht, und Dean war wie verzaubert von seiner Frau. Ihr warmer Duft stieg ihm zu Kopf, und ihre zarten Finger sandten in regelmäßigen Abständen eine
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