Verbotene Begierde (German Edition)
verdächtigte. Er stand unter Erfolgsdruck, so viel war klar. Das Verschwinden der Patienten lag mehr als ein halbes Jahr zurück, insgesamt waren acht Fälle aufgetreten, aber seitdem war nichts mehr passiert. Offensichtlich war die Polizei nicht weitergekommen in ihren Ermittlungen und man brauchte dringend einen Erfolg.
Die Überwachung des Krankenhauses durch die Zivilbeamten war schon vor Langem eingestellt worden und kurz darauf hatte auch der private Wachdienst seine Leute abgezogen. Nur Jack Carrera und seine Frau Linda arbeiteten nach wie vor im Hospital, und ihre Gesichter wirkten oft düster und besorgt.
So kam es Vanessa jedenfalls vor. Wenn sie persönlich mit dem Chefarzt sprach, verhielt er sich freundlich und aufgeschlossen, seine Gattin weiterhin ernst und zurückhaltend, aber mit ihr kam sie nicht täglich in Kontakt. Sie begegneten sich ab und zu in der Kantine oder in der Notaufnahme.
Während ihrer Arbeitszeit gelang es Vanessa hinlänglich, sich unter Kontrolle zu halten, doch sobald sie nach Feierabend die Klinik verließ, überkam sie Nervosität und oftmals überfiel dieselbe Panik sie wie an jenem Abend vor sechs Wochen, als sie nach der Sache im Park nach Hause gekommen war. Sie fühlte sich seither verfolgt, sah bedrohliche Schatten in Hauseingängen, hatte Herzrasen, wenn sie im Dunkeln im Auto unterwegs war und an Ampeln stoppen musste, und nahm häufig Umwege in Kauf, um nicht in unbelebteren Straßen anhalten zu müssen. Den Stadtpark mied sie geflissentlich, denn als sie einmal dort vorbeifuhr, weil sie beschlossen hatte, dass ihre Angst blödsinnig sei und sie zur Normalität zurückkehren sollte, hatte sie erneut dieses Gefühl verspürt, das sie mit aller Macht in die Anlage ziehen wollte und Vanessa hatte es nur knapp geschafft, sich dem zu entziehen.
Fast eben so lange, wie das Geschehen im Park zurücklag, erhielt sie anonyme Anrufe. Die ersten Male war sie an ihr Telefon gegangen, hatte nichts gehört und wieder aufgelegt. Bei späteren Verbindungen vernahm sie leise Atemgeräusche, doch niemand meldete sich und die nächste Steigerung hatte eingesetzt, als die Telefonate von einem unheimlichen, gefährlich klingenden Knurren Begleitung fanden. Wären die Geräusche nicht so abartig gewesen, hätte sie Steven Donahue als Stalker in Betracht gezogen, doch so erschien ihr das unrealistisch. Vanessa ging nicht mehr ans Handy, sofern keine Rufnummer übermittelt wurde, und jeden Morgen, wenn sie auf ihr Display sah, zeigte der Apparat bis zu fünfzig unbekannte Anrufe in Abwesenheit.
Heute war es das erste Mal vorgekommen, dass sie in ihrem Dienstzimmer im Krankenhaus belästigt worden war. Sie hatte sich am Telefon gemeldet und nur eine Person atmen hören. Als sich das Spielchen fünf Mal wiederholt hatte, verließ sie das Büro und hielt sich in den Zeiten, in denen sie nichts anderes zu tun hatte, im Schwesternzimmer auf.
Das einzig Erfolgreiche, das sie seit Beginn dieses Jahres für sich verzeichnen konnte, war der Umstand, dass es ihr gelungen war, Steven Donahue nicht über den Weg zu laufen, selbst nicht in den zwei Wochen ihrer Nachtschicht.
Fast jeden Abend telefonierte sie mit Lauren, hin und wieder trafen sie sich und sie freute sich mit ihrer Freundin und beglückwünschte sie zu ihrer Liebe zu Alec und Dylan. Sie hatte nicht das geringste Problem damit, als Lauren ihr erzählte, dass sie beabsichtigte, langfristig mit beiden zusammenzubleiben und zusammenzuleben. Vanessa schwärmte und schmökerte mit Lauren, wenn es um die Planung des Hauses ging, dessen Bau in Kürze beginnen sollte, und staunte nicht schlecht, als sich in einem Gespräch herausstellte, dass Laurens Männer mit Doktor Jack Carrera befreundet waren, dass sie sogar als Arbeitskollegen gemeinsam Auslandseinsätze geleistet hatten.
Sie hatte versucht, unauffällig ein paar Informationen über den Chefarzt aus ihrer Freundin herauszukitzeln, aber die hatte ihr nur lachend geraten, dass sie Jack, wie seine Freunde ihn nannten, doch einmal zu einem Drink einladen solle, wenn sie so neugierig sei.
Vanessa beschloss, diesen Abend nicht in ihrer Wohnung eingeschlossen zu verbringen und nur durch ein Telefonat mit Lauren so viel Beruhigung zu finden, dass sie einschlafen konnte. Es wurde Zeit, dass sie ihre Ängste ablegte und wieder am Leben teilnahm. Sie würde zum Essen in ein gutes Restaurant ausgehen und ihre Furcht vor der Dunkelheit bezwingen. Sie überlegte, zu Paolo zu fahren, aber der Weg
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