Verbotene Begierde (German Edition)
sich komplett an und verließ die Wohnung.
Im Krankenhaus erhaschte sie plötzlich aufmerksame Blicke und selbst der gut aussehende Chefarzt der Inneren, der ihr bislang nie auch nur ein Augenmerk gegönnt hatte, sah sie mit einem Aufblitzen in den Augen an.
Ein zufriedenes Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel, als sie sich mittags mit einer großen Portion Spaghetti Bolognese an einen Tisch in der Personalkantine setzte und genussvoll ihre Gabel auf dem Teller kreiste.
Sie hatte in den letzten Wochen mehr gegessen als sonst, Jack hatte das Einkaufen übernommen, sie mit den köstlichsten Speisen bekocht, und sie nach Strich und Faden verwöhnt. Ihre Gewichtsabnahme konnte nichts mit dem Essen zu tun haben, sondern mit dem Glück, das sie durch ihn und ihre neu gewonnene Selbstsicherheit erlangt hatte, daher gab sie nicht einen Pfifferling darum, dass ›Nudeln angeblich dick machten‹. Vanessa konnte es nicht erwarten, nach Feierabend nach Hause zu kommen.
*
Jacks Zeit war abgelaufen. Er hatte Vanessa besonders innig verwöhnt, ihr all seine Liebe gegeben, sein Verlangen gezügelt und nur auf sie geachtet, ihre Bedürfnisse gestillt und sie noch Stunden später im Arm gehalten, sie zärtlich gestreichelt und ihrem gleichmäßigen Atem gelauscht. Jetzt war es unabänderlich, er musste gehen.
Vorsichtig schälte er sich aus dem Bett, sorgsam darauf bedacht, sie nicht zu wecken. Er zog sich an, ging durch jedes Zimmer der Wohnung und sammelte Sachen ein, die an seine Existenz erinnern würden.
Als er alles in eine Tasche gepackt hatte, schlich er wieder ins Schlafzimmer. Er strich Vanessa eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor er seine flache Hand auf ihre Stirn legte und ihr jegliche Erinnerung an ihn nahm.
Er hatte sich seinem Schicksal zu stellen, seine Aufgabe wahrzunehmen, seine Pflicht zu erfüllen – und er ließ sein Herz zurück, sein Glück, seine Seele.
Kapitel 4
E r blickte aus dem Fenster und beobachtete die Schneeflocken, die im Licht der Straßenlaternen tanzten. Die Decke würde ihm noch auf den Kopf fallen, er musste raus. Seit einigen Tagen hatte er Vanessa nicht mehr gesehen und die Begierde, das Verlangen, in ihrer Nähe zu sein, hatte Oberhand gewonnen über seine Pläne. Die Auskundschaftung eines neuen Rekruten oder einer Rekrutin gestaltete sich ohnehin schwieriger, als er angenommen hatte.
Vanessa. Genüsslich ließ er den Namen in seinen Gedanken schweifen und wiederholte ihn laut, um den Klang zu genießen. »Vanessa!« Er hatte eine Ahnung, wo er sie finden konnte. Sie war derzeit mit ihren Examensvorbereitungen beschäftigt und das führte sie häufig in die London Library nahe des King‘s College. Er schnappte sich seinen Mantel, den er eigentlich nicht benötigte, doch um unter den Passanten nicht aufzufallen, passte er sich den Gewohnheiten der Menschen an.
Als er den weiträumigen Lesesaal betrat, spürte er ihre Anwesenheit sofort. Er entdeckte sie an einem der Holztische. Der rote Teppich verstärkte mit seinem grellen Ton im Licht der Lüster den Rotschimmer ihres Haars. Sie saß ihm mit dem Rücken zugewandt, vornübergebeugt in ein Buch vertieft.
Er ging in die entgegengesetzte Richtung und nahm zwischen zwei rechteckigen Säulen in einem Ledersessel vor dem offenen Kamin Platz.
Nur das Rascheln der umblätternden Buchseiten durchbrach hin und wieder die Stille, ein Hüsteln oder Räuspern bedachten die Anwesenden mit unwilligen Blicken.
Die Nähe zu Vanessa ließ ihn völlig in ihrer Aura versinken. Sie hatte das gewisse Etwas, das ihn bei einer Gespielin ansprach, die nicht nur ein Opfer seines Blutdurstes darstellte, sondern seine höher gestellten Bedürfnisse zu befriedigen vermochte. Es war selten der Fall, dass er eine Frau traf, die in der Lage war, sich an die höchste Position seiner Gefühle zu stellen und die mit ihrer Macht als seine Königin über die Lust herrschte.
Selten …
Es war lange her, dass er Patricia gefunden hatte, die letzte Göttin seiner Ekstase. Siedend heiß ging ihm durch den Kopf, dass er sie genau an diesem Ort kennengelernt hatte, vor … bald 135 Jahren. Eine heiße Schockwelle raste in seine Lenden. Beinahe empfand er es als Hohn, dass das Schicksal ihn dank Vanessa erneut hierher führte.
Seine Gedanken glitten ab und liefen wie ein Schwarz-Weiß-Film vor seinem inneren Auge ab. Das Gesicht der Bibliothek nahm den Charakter ihrer nahezu ein Jahrhundert zurückliegenden Vergangenheit an. Die
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