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Verbotene Begierde (German Edition)

Verbotene Begierde (German Edition)

Titel: Verbotene Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Boysen
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klaffenden Schusswunde zu, die von einer Patrone aus einem Sturmgewehr stammte. Sie hatte dem dürren Kind einen Teil der Hüfte zerfetzt.
    Das Mädchen wimmerte, wenn er die Nadel durch ihr Fleisch stach. Für eine Narkose hatten sie keine Medikamente mehr gehabt, doch ohne diese Operation war ihre Überlebenschance gleich null.
    Immer wieder tupfte sein Kollege Alec den Wundbereich vorsichtig ab. Wechseln konnte er den Mulltupfer nicht, sie hatten diese Vorräte verbraucht – andere mussten schon seit einer Woche rationalisiert werden. Nahrung und Wasser waren knapp.
    Jack setzte den letzten Stich und verknotete den Faden. Mit geschlossenen Augen legte er eine Handfläche auf die Stirn des Mädchens und eine über die Naht. Er ließ seine Heilkräfte in den Körper des Kindes fließen, um ihr die Kraft zu geben, ihren Selbstheilungsprozess zu beschleunigen.
    Es kostete ihn jedes Mal gewaltige Energie, darum fiel es ihm schwer, zu entscheiden, wann er die Gabe anwandte und wann er einen Patienten seinem Schicksal überlassen musste.
    Als Alec mit einem Einheimischen das apathisch dreinblickende Mädchen auf einer Trage hinaus in das große Auffangzelt bringen wollte, hob sie einen Finger. Jack nahm die Bewegung wahr, obwohl er sich gedanklich schon mit dem nächsten Problem befasst hatte. Er beugte sich behutsam zu der Kleinen hinunter, denn oft schraken sogar die erwachsenen Eingeborenen vor seiner Statur zurück. Jack strich mit dem Handrücken sanft über ihre Wange, fühlte das Fieber in ihr toben und wusste, sie würde überleben.
    Diesen Kampf hatte er gewonnen und er musste nicht wie viele andere Male sein Herz verschließen. Das Leid hätte ihn sonst umgebracht. Er verstand die geflüsterten Worte des Mädchens kaum. Jack lächelte ihr aufmunternd zu und streichelte ihr Gesicht – ein letztes Mal, dann schwebte die Trage mit ihr aus dem Behelfs-OP, einem dickwandigen Zelt, vollgestellt mit Kisten, Schüsseln und Kanistern, die so gut wie leer waren.
    Jack wandte sich dem Jugendlichen zu, der sich immer in seiner Nähe aufhielt, seitdem sie vor sechs Wochen dieses Lager errichtet hatten, um die am stärksten von der Not Betroffenen zu versorgen. Der Junge sah ihn nicht an, obgleich er sofort aufgesprungen war, als er bemerkte, dass er seine Dienste benötigte. Der junge Eingeborene übersetzte gebrochen, was die Kleine in einem Dialekt gesagt hatte und Jack bedankte sich bei ihm auf Somali und spendierte ihm sein Mittagessen, das er seit Stunden in der Tasche seines Kittels trug – eine Scheibe trockenes Brot.
    Einheimische Helfer, Fahrer und Übersetzer waren die wirklichen Botschafter seines Teams und er pflegte sie stets mit Respekt zu behandeln. Obwohl das Mädchen eigentlich zu schwach war, um zu reden, um den Finger zu heben, hatte sie ihn gesegnet und ihm ihren Dank ausgesprochen.
    Mit einem klatschenden Geräusch zog Jack sich die Latexhandschuhe von den Händen und fuhr sich über das Gesicht. An eine Rasur war nicht zu denken, seitdem ein Großteil des medizinischen Personals wegen der ausschreitenden Gewalttaten geflüchtet war und Bombardierungen und Schusswechsel zum Alltag gehörten. Die Zustände waren katastrophal, selbst, wer Hilfe brauchte, fürchtete sich, sein Versteck aufzugeben und sich in ein Krankenhaus zu begeben. Die Menschen riskierten auf dem Weg ihr Leben und fanden inzwischen auch die einzige noch bis vor Kurzem geöffnete Klinik der Region verlassen vor.
    Die Zeltstadt der Katastrophenhelfer war die letzte Zufluchtsstätte für Verletzte, Verhungernde, Gebärende und Sterbende. Ohne die zugesicherte Lieferung, die sich angeblich auf dem Weg zu ihnen befand, würden sie nach dieser Operation nicht einmal mehr eine Wunde mit sauberen Tüchern abdecken können, von einer Narkose oder einer Impfung ganz zu schweigen. Jemand wuchtete die Plane, die den Eingang verdeckte, beiseite und Alec brachte mit einem Helfer einen Patienten auf einer Trage in das Operationszelt. Auch ohne genau hingesehen zu haben, traf es Jack wie ein Schlag in den Magen. Sein jahrelang antrainiertes Verhalten verbot es ihm, seinem Partner trotz fehlender näherer Betrachtung eine Diagnose mitzuteilen, selbst wenn er sie wie jetzt schon kannte. Er hatte den Beweis für den Ausbruch einer Seuche direkt vor sich.
    Er begann vorsichtig mit der Untersuchung der sehr jungen Schwangeren, deren Haut sich kühl und trocken anfühlte. Ihre eingefallenen Wangen, der typische Hautausschlag und andere Symptome ließen

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