Verbotene Begierde (German Edition)
Einschränkungen ein Ende haben.
Sie hatte von der Bank einen Dispositionskredit bekommen, den sie in kleinen Raten bereits fast komplett zurückgezahlt und genutzt hatte, um ihre Garderobe zu erneuern. Ihr Vermieterehepaar war wie jeden Juli aus Mallorca zurückgekehrt und hatte zufrieden mit ihrer Betreuung von Haus und Katze den Mietvertrag um weitere zwei Jahre verlängert.
Sie ging an ihren Schreibtisch, der vor Büchern, Schnellheftern und losen Zetteln überquoll, um dieses Mal ordentlicher zu sein und das Schreiben gleich abzuheften. Das Klingeln an der Wohnungstür ließ sie zusammenzucken. Vanessa warf den Brief auf die Tischplatte und eilte zur Tür.
»Sophie.«
Erstaunt über den Besuch ihrer Schwester, von der sie sich in der letzten Zeit zurückgezogen hatte, hob sie die Brauen.
»Was treibt dich her?«
»Darf ich reinkommen?«
»Natürlich.« Sie ließ sie hinein und folgte ihr ins Wohnzimmer.
»Ich bin schwanger.«
Vanessa schnappte nach Luft. »Ist Brian der Vater?« Seit einigen Monaten war Sophie mit Vanessas Exfreund zusammen, doch das ließ Vanessa längst kalt. Ihre Eltern hatten die Pläne geändert und sahen Sophie als Dorfschullehrerin, die Mieter im Haus der Großeltern waren ausgezogen und man wartete auf den Einzug der beiden. Freunde aus dem Dorf hielten sie auf dem Laufenden.
»Ich weiß es nicht«, seufzte Sophie.
»Was?«
»Es spielt keine Rolle.« Sophies Gesichtsausdruck wirkte trotzig und verschlossen.
»Was führt dich dann zu mir? Soll ich dich trösten oder was?« Die Worte klangen herzlos, das war ihr bewusst. Das Verhältnis zwischen Sophie und ihr war nie besonders herzlich gewesen und die zahlreichen Kränkungen im Laufe der Jahre, beziehungsweise eher die gleichgültige Art, mit der ihre Schwester sich der Behandlung der Eltern angeschlossen und die Sticheleien ihr gegenüber in Kauf genommen hatte, gestatteten ihrem Herzen nicht, sich weicher und mitleidiger zu zeigen.
»Du bist doch Ärztin.«
»Und?«
»Sag mir, wie ich es loswerden kann …«
»Du planst eine illegale Abtreibung?«
Sophie sah sie herausfordernd an. »Es ist zu spät für einen legalen Abort. Ich bin im vierten Monat …«
»Es tut mir leid. Zum einen sehe ich keine Möglichkeit, dich zu unterstützen, zum anderen würde ich so etwas niemals tun oder zulassen, es ist eine Straftat.«
»Aber ich bin deine Schwester …«
»Das ändert nichts. Ich werde dir nicht dabei helfen.«
»Wenn ich das Kind bekomme, ist meine Karriere ruiniert, ich kann nicht arbeiten gehen. Brian …« Sophies Stimme versank in einem Schluchzen.
»Es gibt Mütter, die berufstätig sind. Das sollte kein Hinderungsgrund sein.«
»Ja, aber Brian …«
»Du musst es ihm halt sagen. Vielleicht hast du Glück und seine Liebe ist groß genug, auch ein fremdes Baby anzunehmen.«
»Das wird er nicht tun. Außerdem wird das ganze Dorf mich ächten und nicht als Lehrerin wollen.«
»Warum?«
Sophie stand auf. »Ich fürchte, dass das Kind schwarz sein wird …«
»Oh.«
»Ja, oh. Aber sonn du dich nur weiter im Glanz deiner zukünftigen Karriere als Frau Doktor …«
Das war zu viel. Vanessa wollte nicht in eine Situation gedrängt werden, in der ihre Schwester ihr Schuldgefühle einimpfte, zu oft hatte sie sich das gefallen lassen.
»Ich denke, es ist besser, dass du gehst.«
»Bin schon weg. Danke für dein Entgegenkommen.«
Vanessa atmete durch. »Weißt du Sophie, wenn es eine andere Art wäre, mit der du an mich herantrittst und vor allem, eine andere Bitte, ich würde dich auf jede mir mögliche Art unterstützen. Aber das willst du offensichtlich nicht.«
Wortlos verließ Sophie die Wohnung, und Vanessa hatte noch Stunden damit zu kämpfen, ihre innere Ruhe wiederzufinden, bis sie sich zu der Erkenntnis durchrang, dass ihre Schwester alt genug und für sich selbst verantwortlich war.
*
Gut gelaunt und plaudernd betraten sie das Flughafengebäude, stellten sich in der Schlange der Passagiere am Schalter an und warteten, bis sie ihre Koffer aufgegeben und die Bordkarten erhalten hatten. Auf dem Weg in den Duty-free-Bereich rempelte jemand sie versehentlich an und entschuldigte sich hastig mit einer rauchigen Stimme. Vanessa gelang es nicht, zu verhindern, dass der Schwung sie an die Schulter eines entgegenkommenden Mannes stolpern ließ, der sie lachend auffing, ihr half, das Gleichgewicht wiederzufinden und schnellen Schrittes seinen Weg fortsetzte.
Ein atemberaubend edles Aroma von Kiefern,
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