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Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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Handflächen.“
    Santos überflog die Akten, suchte nach einem Detail, das nicht zu den anderen Morden passte, fand aber keines.
    „Es gibt einen Haken.“
    Santos sah seinen Partner an. „Den gibt es immer.“
    „Sie hat Wind bekommen, dass es um den Schneewittchen-Killer geht, und ist zugeklappt wie eine Muschel. Sie hat die ganze Geschichte widerrufen und will nichts gesehen haben.“
    „Wer hat ihr verraten, dass es um den Schneewittchen-Killer geht?“ schnaubte Santos.
    „Patterson.“
    „Erinnere mich, dass ich ihm in den Hintern trete.“
    „Mit Vergnügen.“ Jackson nahm die Akte wieder an sich. „Außerdem hasst sie Cops. Bei der brauchen wir etwas von deinem berühmten Charme.“
    Santos nickte. „Dann also los.“
    Sie traten ein. Die Frau stand an der gegenüberliegenden Wand und kaute nervös an den Fingernägeln. Sie war eine Weiße, vielleicht vierzig, fünfundvierzig Jahre alt, aber wahrscheinlich jünger. Die Straße ließ früh altern. Santos hatte Sechzehnjährige gesehen, die für dreißig durchgingen.
    Sie wirkte verängstigt. Sie sah ihn an und überspielte ihre Angst mit Trotz. „Haben Sie eine Zigarette? Ich brauche eine.“
    Santos nickte und sah Jackson an. „Hol Tia eine Packung. Wenn du schon dabei bist, bring ein paar Colas mit.“
    Jackson nickte, verließ den Raum und ließ die Akte zurück. Er hatte nichts dagegen, dass Santos ihn zum Laufburschen machte, das gehörte zum Spiel. Santos wirkte manchmal Wunder bei zögerlichen Zeugen, besonders bei Straßenmädchen. Sie vertrauten ihm, weil er sie nicht verurteilte. Viele seiner Kollegen behandelten Huren wie den letzten Dreck oder verlangten sogar unentgeltliche Dienste. Also wurden sie von den Mädchen gehasst, was Santos ihnen nachfühlen konnte.
    „Hallo, Tia“, grüßte er lächelnd und deutete auf die Stühle. „Setzen Sie sich.“
    Er zog sich einen heran, drehte ihn um und setzte sich rittlings darauf. Tia blieb an der Wand stehen. „Ich bin Detective Santos. Detective Jackson ist gerade Zigaretten holen gegangen.“
    Sie sah ihn forschend an. „Detective Santos?“
    „Richtig“, bestätigte er lächelnd. „Victor Santos.“
    „Fick dich ins Knie!“
    Er zog verblüfft über diese Attacke die Brauen hoch. Das war kein Scherz gewesen. Offenbar hatte Tia etwas gegen ihn persönlich. „Haben wir auf dem falschen Fuß miteinander begonnen, Tia, oder habe ich Sie mit irgendetwas verletzt?“
    „Verletzt? Das kann man wohl sagen.“ Sie wandte den Blick ab. „Ich will hier raus.“
    „Sicher. Ich muss Ihnen nur ein paar Fragen stellen.“
    „Ich habe schon eine ganze Ladung Scheißfragen beantwortet.
    Ich habe nichts gesehen.“
    „Nein?“ Er öffnete den Ordner. „Hier steht, dass Sie eine ganze Menge gesehen haben. Um zwei Uhr nachts hat ein Freier Ihre Freundin Billie abgeschleppt. Etwa zwei Stunden später sahen Sie einen Mann in der Nähe der Münze.“
    „Stimmt nicht.“
    Jackson kehrte mit den Zigaretten und den Colas zurück. Er legte die Packung vor Santos auf den Tisch. Tia blickte darauf, kam herbei und schnappte sich die Packung. Ihre Hände zitterten so heftig, dass sie drei Versuche brauchte, sich eine Zigarette anzuzünden. Schließlich gelang es ihr, und sie nahm einen tiefen, gierigen Zug.
    Santos beobachtete sie einen Moment, ließ sie einige Züge nehmen und wartete, dass das Nikotin sie zu beruhigen begann. „Warum sollte der Beamte, der Ihre Aussage aufgenommen hat, lügen, Tia?“
    „Woher soll ich das wissen?“ Sie ließ ihren Blick über Santos wandern und verzog angewidert den Mund. „Außerdem lügen alle Bullenschweine.“
    Das Mädchen verabscheute nicht nur alle Cops, sie schien besonders etwas gegen ihn zu haben. Santos streifte seinen Partner mit einem Seitenblick. Jackson zog kaum merklich eine Braue hoch. Auch er hatte es gemerkt.
    „Nehmen Sie Drogen, Tia?“ fragte Santos.
    „Scheißkerl. Ich bin sauber. Du kannst mich nicht hier behalten.“ Sie sog an der Zigarette. „Ich habe nichts gesehen.“
    „Sie lügen, Tia. Aus welchem Grund auch immer. Vielleicht, weil Sie Angst haben.“
    „Beweise es.“ Sie zerdrückte die Zigarette in dem zerbeulten Metallaschenbecher. „Kann ich gehen?“
    „Wir möchten Ihnen helfen.“ Santos sah ihr in die Augen, ohne vor dem Abscheu, den er dort las, zurückzuweichen. „Ein Mädchen ist tot. Eine Freundin von Ihnen. Sie können uns helfen, den Täter festzunageln.“
    „Ich habe schon gesagt, ich habe nichts gesehen.“

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