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Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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Freunden rumgehangen. Ich … ich bin weggeschlichen, während Mom arbeiten war. Ich hatte versprochen, es nicht zu tun, aber …“ Santos atmete noch einmal tief durch und hatte das Gefühl, seine Welt stürze ein. „Haben Sie ein Herz. Ich meine, sie ist wahrscheinlich krank vor Angst.“
    „Hast du einen Ausweis, Victor?“
    Er schüttelte den Kopf. „Nein, aber meine Mutter kann …“
    „Wie alt bist du, Victor?“
    „Fünfzehn.“ Er schluckte trocken und dachte wieder an die Warnung seiner Mutter vor dem Sozialdienst. Er begann zu zittern. „Schauen Sie, sie hat keine Schuld. Sie ist sehr fürsorglich, eine wirklich gute Mutter. Es ist mein Fehler.“ Er sah den Beamten mit den freundlichen Augen flehentlich an. „Ich bin entwischt. Sie wird mir in den Hintern treten, wenn ich nach oben komme. Bitte informieren Sie nicht den Sozialdienst!“
    Die Cops sahen einander wieder an. „Beruhige dich, Victor“, sagte der babygesichtige Officer voller Unbehagen. „Alles wird wieder gut.“
    „Was meinen Sie?“ fragte Santos, von neuerlicher Panik ergriffen. „Was ist los? Was ist passiert?“ Er packte den Officer am Ärmel. „Warum sind Sie hier?“
    Der junge Beamte löste Santos’ Finger und legte ihm dann einen Arm um die Schultern. Er führte ihn zu einem Einsatzwagen und sprach mit ruhiger, tröstender Stimme auf ihn ein. „Setz dich hierher, Victor, und ich hole jemand, mit dem du reden kannst.“
    „Aber meine Mutter …“
    „Mach dir darum jetzt keine Gedanken.“ Sie erreichten den Wagen, und der Beamte öffnete die hintere Tür. „Setz dich ein paar Minuten hierher, und ich rufe einen Freund von mir …“
    „Nein!“ Santos wich dem Polizisten aus und begann wegzugehen. „Ich will nach Hause und meine Mutter sehen.“
    „Ich fürchte, das kann ich nicht zulassen.“ Der Beamte hielt ihn an der Schulter fest. Mitgefühl und Trost waren aus seiner Stimme verschwunden. Plötzlich wirkte er durchaus alt genug für die Waffe und das Abzeichen. „Du bleibst hier, bis ich dir was anderes sage. Hast du das verstanden, Victor?“
    Santos starrte den Officer entsetzt an. Mutter. Was ist mit Mutter?
    Die Menge machte ein Geräusch, ein kollektives Aufatmen, dass ihre Geduld endlich belohnt, ihre Neugier gestillt wurde. Das Geräusch ergoss sich wie Säure über Santos’ Nerven. Er blickte zum Hauseingang, aus dem Polizisten und Sanitäter kamen. Er starrte auf die Bahre, auf den Körper, der unter einem weißen Laken verborgen war.
    Jemand ist tot. Ermordet.
    Santos riss sich von dem Beamten los und lief zur Bahre mit der leblosen Gestalt.
    Er schaffte es bis hinter die Barrikade, ehe der Polizist ihn einholte und festhielt. Santos schlug ihn, befreite sich, erreichte die Bahre und riss das Laken zurück.
    Die Cops packten ihn von hinten und zerrten ihn zurück. Doch er hatte das Blut gesehen und das zu einer verzerrten Totenmaske erstarrte Gesicht des Opfers.
    Das Gesicht seiner Mutter. Das Blut seiner Mutter.
    Ein Schmerzensschrei gellte erschütternd durch die Nacht. Sein Schrei, wie Santos erkannte, als er die Arme um sich schlang. Seine Mutter. Tot. Ermordet.
    Sein Magen drehte sich um, und Santos erbrach sich auf die blanken schwarzen Schuhe des babygesichtigen Officers.

 
7. KAPITEL
    Santos saß im Warteraum der Abteilung für Tötungsdelikte im Polizeipräsidium von New Orleans und starrte auf das abgewetzte Linoleum vor seinen Füßen. Schock und Trauer hatten ihn betäubt. Sein Schmerz war so groß, dass er nichts mehr fühlen konnte.
    Seine Mutter war tot. Vor sieben Tagen brutal ermordet, mit sechzehn Messerstichen in Brust und Kehle, Bauch und Rücken, an Stellen, zu abstoßend, um sie in der Zeitung zu zeigen.
    Um Fassung ringend, presste er die Kiefer so fest zusammen, dass die Zähne schmerzten. Das Linoleum schwamm vor seinen Augen. Er unterdrückte die Tränen, obwohl er in der letzten Woche festgestellt hatte, dass es seinen Schmerz weder überwand noch linderte, wenn er die sichtbaren Zeichen seiner Trauer bekämpfte.
    Ringsum herrschte eine Art kontrolliertes Chaos. Beamte kamen und gingen mit unterschiedlichen Straftätern im Schlepp. Familienangehörige von Opfern und Tätern sammelten sich in den Warteräumen, und Anwälte schienen wie Blut witternde Haie überall gleichzeitig zu sein. Der Geräuschpegel blieb auf einem einheitlichen hektisch, gedämpften Niveau, nur gelegentlich unterbrochen von einem Aufschrei des Zorns oder der Trauer. Über allem gab der Sergeant

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