Verbotene Leidenschaft
Anfangs konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, was er in mir sieht. Und das ist auch jetzt noch so.«
»Ich habe ja vorhin erwähnt, dass Marc einen gewissen Ruf hat«, fährt Arabella fort. »Er gilt gemeinhin als Kontrollfreak. Als jemand, der seinen Kopf um jeden Preis durchsetzt. Setzt er sich auch Ihnen gegenüber durch?«
Wow. Die Frau geht aufs Ganze. »Er hat gern die Fäden in der Hand«, räume ich lächelnd ein. »Aber er hat dabei immer nur die besten Absichten, davon bin ich überzeugt.«
»Sie scheinen ein ganz normales, nettes Mädchen zu sein«, bohrt Arabella weiter. »Stört Sie das nicht? Mit so einem einflussreichen, dominanten Mann zusammen zu sein?«
»Ich hoffe, wir finden einen guten Mittelweg.«
»Und wenn nicht? Ich kenne Marc schon sehr lange. Was, wenn alles zu seinen Bedingungen laufen muss?«
Plötzlich ist es, als wäre sämtliche Luft aus meiner Lunge gepresst worden. »Ich würde sagen, damit beschäftigen wir uns, wenn es so weit ist.«
Ich sehe das Mitgefühl in Arabellas Augen. Weiß sie etwas, was ich nicht weiß? Was, wenn sie recht hat und Marc trotz seiner kurzen Anfälle von Weichheit im Schlafzimmer die Oberhand behalten muss?
»Und was ist passiert, als Sie sich später auf dem Campus wieder über den Weg gelaufen sind?«
»Vergessen Sie nicht, wie jung Sophia ist. Wir müssen an ihren Ruf denken. Daran, was die Leute über sie denken. Vielleicht wäre es das Klügste, die Leser nicht allzu weit in diese Richtung zu schieben«, schaltet Marc sich ein.
Arabella macht sich eine Notiz auf ihrem iPad. Ich bin nicht sicher, ob sie verärgert ist oder nicht. Doch dann hebt sie den Kopf und lächelt. »Gut. Ich glaube, den schriftlichen Teil hätten wir damit. Heute Nachmittag findet dann noch das Shooting statt.«
»Wir werden da sein.« Marc erhebt sich und geht zur Tür. »Danke, Arabella. Ich hoffe, Sie verstehen, weshalb wir nicht allzu sehr ins Detail gehen möchten.«
Arabella nickt. »Durchaus.« Sie nimmt ihre Jacke und folgt ihm. »Es war nett, Sie kennenzulernen, Sophia.«
»Ebenfalls«, erwidere ich. Die Ärmste tut mir ein wenig leid. Meiner Ansicht nach hätte Marc sie nicht so auflaufen lassen müssen.
Marc schließt die Tür hinter ihr und kehrt mit weit ausholenden Schritten zurück.
»Ich weiß genau, was du denkst.«
»Was denn?«
»Dass ich zu streng mit ihr war.«
Ich runzle die Stirn. »Ja. Genau das denke ich gerade. Sie war so nett, Marc. Es war nicht nötig, sie so knallhart abzuservieren.«
»Ja. Sie ist sehr nett. Aber auch nette Menschen können etwas im Schilde führen.«
»Weißt du etwas über sie, was ich nicht weiß?« Verdammt, wieso muss ich so etwas sagen? Ich bemerke die abscheuliche, ekelhafte Eifersucht in meinem Tonfall und weiß, dass sie auch Marc nicht entgangen ist.
Marc steht mit in die Hüften gestemmten Händen vor mir. »Das heißt?«, fragt er barsch, obwohl ein Lächeln um seine Mundwinkel spielt.
»Das heißt, ich habe mich gefragt, woher ihr beide euch so gut kennt, das ist alles.«
»Ich habe sie nicht gefickt, falls es das ist, was du meinst.«
O Gott. Ich bin grenzenlos erleichtert. »Nein, das habe ich nicht gemeint.«
»Doch.« Marcs Lächeln wird eine Spur breiter.
Ich komme nicht umhin, sein Lächeln zu erwidern. »Na gut, ich gebe es zu. Aber kannst du es mir verdenken? Sie schien alles über dich zu wissen.«
»Sie weiß nichts über mich. Nicht mehr als jeder andere Journalist.« Marc sieht auf seine Uhr. »Ich muss jetzt nebenan telefonieren. Wenn ich zurückkomme, will ich, dass du dich vollständig ausgezogen hast, damit ich beenden kann, was ich im Aufzug angefangen habe.« Damit verlässt er das Wohnzimmer und schlägt die Tür hinter sich zu.
Mir schlägt nach dem Interview das Herz immer noch bis zum Hals; Marc dagegen hat das Ganze offenbar so wenig aus dem Konzept gebracht, dass ihm ein derartiger Sinneswandel völlig problemlos gelingt.
Am liebsten würde ich ihn belauschen. Was kann so wichtig sein, dass er mich einfach hier stehen lässt? Aber nein, ich würde vor Scham im Boden versinken, wenn er mich ertappen würde. Außerdem sind wir gerade dabei, eine Beziehung aufzubauen. Also keine Schnüffeleien.
Ich sehe an mir hinunter. Was würde er sagen, wenn ich bei seiner Rückkehr immer noch vollständig angezogen wäre? Würde er wütend werden? Verärgert? Oder …
Liebt er mich nicht mehr, wenn ich ihm die Kontrolle nicht überlasse?
Die Worte kommen mir ohne
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