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Verbotene Lust

Verbotene Lust

Titel: Verbotene Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Winter
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schrak hoch, sie schlug panisch um sich. Die Blätter rutschten ihr aus der Hand und fielen auf den Teppich.
    André stand vor ihr. »Du hast geschlafen«, flüsterte er.
    »Wie spät ist es?« Müde richtete sie sich auf.
    »Nach eins.« Sein Atem roch nach Wein, als er sich über sie beugte und sie küsste. »Es ist ein bisschen später geworden.«
    »Was war denn los?« Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht. Die Müdigkeit wich nur langsam von ihr. Gerade konnte sie nur daran denken, dass er getrunken hatte und danach Auto gefahren war. Das sah ihm überhaupt nicht ähnlich; ebenso wenig wie die Joggingeinheiten, die er bis zur Erschöpfung absolvierte.
    Seit einigen Wochen hatte er etwas Selbstzerstörerisches an sich. Und sie hätte es bestimmt schon früher angesprochen, wenn nicht die Arbeit ihre gesamte Aufmerksamkeit gefordert hätte.
    »Ach, es … Ich weiß nicht, wie ich’s sagen soll«, gab er zu. Er sank neben ihr aufs Sofa.
    »Ich hol uns was zu trinken.« Sie lief auf Socken in die Küche und holte eine Flasche Grauburgunder und zwei Gläser. Nachdem sie wohl zwei Stunden auf dem Sofa geschlafen hatte, war in den nächsten Stunden nicht damit zu rechnen, dass sie zur Ruhe kam.
    »Also?« Sie schenkte ihm ein Glas ein. Er nahm es und trank einen Schluck.
    »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll«, wiederholte er leise.
    Ganz vorne, dachte sie. Jetzt fröstelte sie, und sie wickelte sich in eine Wolldecke. In ihr machte sich ein Kribbeln breit.
    Er hat eine andere. Ganz bestimmt gibt es eine andere, und er war gar nicht in der Klinik, sondern hat sich mit ihr getroffen. Und jetzt will er’s mir schonend beibringen, dass unsere Ehe vorbei ist …
    Ihre Gedanken rasten, so dass sie im ersten Moment nicht mitbekam, was er sagte. »Wie bitte?«
    Er starrte auf seine Hände. »Die Angehörigen einer Patientin haben Anzeige erstattet. Die Patientin ist bei einer Operation gestorben, und jetzt sehe ich mich des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung ausgesetzt.«
    »O mein Gott«, flüsterte Sonja. »Das ist ja …«
    Und zugleich ertappte sie sich bei dem Gedanken, dass sie erleichtert dachte: Gott sei Dank. Es gibt keine andere.
    »Schrecklich. Sprich’s ruhig aus.«
    Sie legte die Hand auf seinen Unterarm. »Sieh mich an.«
    Er hob den Kopf. Seine Augen waren blutunterlaufen, und die Schatten um die Augen ließen ihn müde wirken. Er war vollkommen ausgelaugt.
    »Wie ist es passiert?« Sie versuchte, ihrer Stimme einen ruhigen Klang zu geben. Vorwürfe machte er sich ohnehin genug, da brauchte er von ihr keine zu hören. Nein, sie musste jetzt stark für ihn sein, nachdem er sich ihr endlich anvertraut hatte.
    »Es war ein Routineeingriff. Nichts Besonderes, so was mache ich jede Woche. Aber sie hatte ein schwaches Herz, und es gab eine Medikamentenunverträglichkeit, über die ich vorher nicht informiert war. Undals ich versuchte, sie zu stabilisieren …« Er schluchzte auf. Sonja nahm ihm das Glas ab, stellte beide Gläser hastig beiseite und legte die Arme um ihn. André barg den Kopf an ihrer Schulter.
    Sie wusste nicht, wann er zuletzt geweint hatte.
    »Sie ist mir unter den Händen weggestorben. Ich konnte nichts dagegen tun.«
    Er richtete sich auf. »Und nun werde ich verklagt. Sowohl auf Schmerzensgeld – das könnte ich verschmerzen –, aber auch wegen fahrlässiger Tötung. Darum war ich heute in Hamburg. Bastian kümmert sich drum, aber …« Er atmete tief durch. »Mein Gott, ich kann das irgendwie nicht fassen.«
    Sonja ging es ähnlich. Aber plötzlich ergab alles einen Sinn: seine exzessiven Läufe am Strand, seine Sorge um Marlene, weil er sich um die verstorbene Patientin nicht mehr sorgen durfte, sein übermäßiger Alkoholkonsum. Auch jetzt griff er wie ein Ertrinkender nach dem Weinglas und stürzte den Grauburgunder herunter, als wäre es Wasser.
    »Weißt du, was das Schlimmste war?«
    »Hm?«, machte sie.
    »Das Schlimmste war, dass ich es dir nicht sagen konnte. Herrgott, wie oft habe ich es versucht! Und jedes Mal bin ich gescheitert, weil …«
    Es hatte keinen Sinn, dass er sich deswegen zerfleischte.
    Behutsam fragte Sonja: »Was sagt Bastian?«
    »Er sagt, wir haben ganz gute Chancen.« André fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Aber darum geht’s gar nicht, verstehst du? Ich war in den letzten Tagen so anders , und ich hab doch gemerkt, wie dich dasirritiert hat. Vielleicht ist Marlene das Beste, was uns in dieser Situation passieren konnte. Wir verharren nicht in

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