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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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hatte er sich entschlossen zu fliehen, und so würde es bleiben, und zu jedem weiteren Schritt mußte sie ihn antreiben. Obwohl es ihr schwerfiel, stieß sie ihn an und weckte ihn auf.
    »Wir müssen weiter«, sagte sie, »ich habe kein gutes Gefühl!« Sie setzten ihren Weg fort. Hier und da begegneten ihnen Bauern, die in die Stadt wollten, um Waren zu verkaufen. Sie hielten John und Elizabeth für ihresgleichen und nickten ihnen freundlich zu. Elizabeths Angst löste sich ein wenig, aber dennoch bat sie John, Dörfer zu meiden und lieber über die Felder zu fahren.
    An einem alten Bauernhof kauften sie etwas zu essen. Die Bäuerin musterte sie so mißtrauisch, daß Elizabeth beinahe jeder Bissen im Hals steckenblieb. John lachte später darüber.
    »Was stellst du dir vor?« fragte er. »Meinst du, im ganzen Land kennen die Leute John Carmody und warten gierig darauf, ihn zu fangen und dem Richter auszuliefern?« .
    »Natürlich nicht. Aber ich denke immer, wir würden vielleicht verfolgt.«
    »Du überschätzt das Interesse, das man an mir hat. Wahrscheinlich war sogar unsere ganze Flucht unnötig.«
    »Du bist so leichtsinnig! Seit Jahren legst du unermüdlich deinen Finger auf die wundesten Stellen der englischen Gesellschaft und greifst einflußreiche Leute an. Es gibt manchen in London, dem du schon so zugesetzt hast, daß er geradezu darauf brennen müßte, dich endlich im Gefängnis zu wissen.«
    John schwieg, und sie sprachen nicht weiter darüber. Am Abend gerieten sie abermals in Streit. John wollte in einer Herberge am Wegesrand einkehren, Elizabeth hielt das für zu gefährlich und versuchte ihn zu bewegen, irgendwo im Wald zu schlafen. Diesmal aber blieb John hart.
    »Du mußt unter allen Umständen diese Nacht in einem richtigen Bett verbringen«, sagte er, »du siehst entsetzlich elend aus, und eigentlich ist es ein Verbrechen, daß du in diesem Zustand überhaupt unterwegs bist.«
    Das Wirtshaus, das sie schließlich betraten, war äußerlich
recht heruntergekommen, wirkte von innen jedoch gemütlich. Nur wenige Reisende saßen unten in der Gaststube und sahen kaum auf, als die Fremden eintraten.
    »Niemand kümmert sich um uns«, flüsterte John Elizabeth zu, »du hast gar keinen Grund, dich zu sorgen!«
    Sie nahmen sich etwas zu essen mit in das kleine Zimmer, das der Wirt ihnen zeigte. Elizabeth mußte daran denken, wie sie vor vielen Jahren aus Miss Brandes Haus fortgelaufen war und den gleichen Weg genommen hatte. In einem ganz ähnlichen Zimmer hatte sie damals übernachtet, ohne im geringsten zu wissen, was später geschehen würde. Die Unsicherheit, die sie heute umgab, hätte sie nie vorausgesehen. Und doch, dachte sie, lieber ein gefahrvolles Leben mit John als Ruhe und Frieden als Countess Locksley an Andrews Seite.
    In dieser Nacht träumte Elizabeth von Joanna. Seit endlosen Zeiten hatte sie das nicht mehr getan, selbst bei Tage ließen Aufregungen um John und die immerwährende Sorge um das fehlende Geld kaum einen Gedanken an die Freundin zu. Doch heute stand sie deutlich vor ihr, übergroß und nah, mit Augen voller Kummer und einem Ausdruck im Gesicht, als verurteile sie, was Elizabeth getan hatte. Ihre blonden Haare flatterten im Wind, als stehe sie am Meer, am Strand von Hunstanton. Als Elizabeth erwachte, verwirrt und traumumfangen, fiel ihr ein, daß Joanna sie an dem Morgen so angesehen hatte, als sie mit John in Tante Harriets Haus zurückkehrte und Joanna ihnen auf der Treppe entgegenkam. Was war nur in ihr vorgegangen? Aus Briefen wußte Elizabeth, daß sie noch immer unverheiratet bei Harnet lebte, umschwärmt von Edward, häufig belagert von Belinda. Ich müßte sie einmal wiedersehen, dachte sie, aber seltsam, ich habe Angst davor.
    Sie stand auf, wusch sich und zog sich an. Sie öffnete weit die Fenster des Zimmers und lehnte sich hinaus. Gott sei Dank schien dies wieder ein schöner Tag zu werden. Mit halbgeschlossenen Augen sah sie einem Schmetterling zu, der vor ihr hin und her flatterte. Gerade wollte sie sich mit einem behaglichen Seufzer zurücklehnen, da vernahm sie lautes Hufgetrappel, und um
die Ecke durch das Hoftor hindurch bog ein Trupp Männer auf abgehetzten Pferden. Sie blieben genau vor der Eingangstür stehen, die Reiter sprangen ab und klopften fordernd an.
    Elizabeth verschwand sofort vom Fenster. Wie damals bei Cynthias Fest! Sie zweifelte keine Sekunde daran, daß diese Leute wegen John kamen. Sie mußten sofort weg, noch ehe der verschlafene Wirt

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