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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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den Fremden öffnen konnte.
    Sie zerrte an John, schüttelte ihn, bis er endlich den Kopf hob und sie verwirrt anblickte.
    »Was ist denn?« fragte er ungehalten.
    »Steh sofort auf, John. Da unten sind Soldaten, die dich verhaften wollen. Wir müssen hier raus!«
    Glücklicherweise begriff er sofort und war mit einem Schlag hellwach. Ohne noch ein weiteres Wort zu sprechen, schlüpften sie beide in ihre Kleider, griffen von ihren wenigen Habseligkeiten, was sie nur gerade greifen konnten, und liefen aus dem Zimmer. Benny tappte hinter ihnen her. Offenbar begriff er den Ernst der Lage, denn er gab nicht den leisesten Laut von sich. Sie sahen gerade noch den Wirt, der, mit weißer Zipfelmütze auf dem Kopf, laut gähnend die Treppe hinunterschlurfte.
    »Wir schleichen hinter ihm her«, flüsterte John, »und während er vorn aufmacht, verschwinden wir durch die Hintertür.«
    Der Wirt war noch im Halbschlaf, so daß er gar nicht merkte, was hinter seinem Rücken vorging. Während er in der Gaststube verschwand und leise vor sich hin murmelnd am Riegel der Tür herumschob, eilten John und Elizabeth in die Küche und von dort hinaus in den Garten. Erst als sie das taunasse Gras unter ihren Füßen spürten, bemerkten sie, daß sie nicht einmal Schuhe angezogen hatten.
    »Wohin jetzt?« fragte Elizabeth. »Sie werden uns gleich entdecken! «
    »Zu unserem Pferd kommen wir nicht mehr. Schnell, da hinüber in das Gebüsch!«
    Zu ihrer Rechten lag ein tiefer Graben, der von Gestrüpp und Bäumen überwuchert wurde. Es gab nur eine winzige Chance für sie, ihn zu erreichen, denn sie mußten ein umzäuntes Stück
Wiese überqueren. Sie kletterten über den Zaun, traten in weiche Maulwurfhügel und rannten gehetzt vorwärts. Elizabeth warf einen Blick zurück zum Haus und schrie auf vor Entsetzen, als sie im geöffneten Fenster ihres Zimmers fremde, bärtige Gesichter sah, die zu ihnen hinschauten.
    »John Carmody!« brüllte eine Stimme. »Bleiben Sie sofort stehen oder wir schießen!«
    Weder John noch Elizabeth dachten daran, diesem Befehl Folge zu leisten. Die Panik verdrängte in ihnen das Bewußtsein, welch wunderbares Ziel sie in diesem Moment ihren Verfolgern boten. Merkwürdig fern, unwirklicher als das laute Vogelgezwitscher um sie herum, klang der erste Schuß in Elizabeths Ohren. Sie selber spürte keinen Schmerz und dachte:
    Gott sei Dank, sie haben mich nicht getroffen!
    Sie hörte ein Winseln neben sich und blieb entsetzt stehen. Benny war im Gras zusammengebrochen. Die Kugel hatte ihn in die Brust getroffen, offenbar dicht am Herzen. Er hob nur noch einmal kurz den Kopf, dann sank er tot zur Seite.
    Elizabeth schrie auf.
    »Oh, John, sieh nur! Sie haben Benny erschossen!«
    John blieb stehen und neigte sich zu dem Hund. In diesem Moment fiel ein zweiter Schuß.
    John krümmte sich zusammen, stolperte leicht, hielt sich aber noch auf den Füßen. Seine linke Hand preßte er gegen die rechte Schulter.
    »O Gott!« Elizabeth griff nach seinem Arm. »Du bist verletzt! «
    »Es geht schon. Wir müssen es bis zu den Büschen schaffen!«
    Auf Johns Stirn bildeten sich feine Schweißperlen. Unter seinen Fingern quoll Blut hervor. Elizabeth stützte ihn, so gut sie es vermochte, und schleppte ihn vorwärts. Sie hätte später nicht mehr zu erklären gewußt, wie sie es geschafft hatten, den zweiten Zaun zu überwinden, aber plötzlich tat sich vor ihnen wuchernde, schützende, grüne Wildnis auf, umfing sie mit einem Gewirr aus Zweigen, Gräsern und Blättern.

3
    Es war ein Wunder, daß man sie nicht gefaßt hatte, ein so unglaubliches Wunder, daß sich Elizabeth noch tagelang benommen fragte, womit sie eine solche Gnade des Himmels verdient hatten.
    Kaum hatten die Soldaten geschossen, da schwärmten sie auch schon aus, ihre Opfer endgültig zu fassen, und natürlich wußten sie genau, welches Versteck die beiden Gejagten wählen würden.
    Nach wenigen Minuten schon wateten sie kreuz und quer durch den Graben, rissen Dornengestrüpp auseinander, wühlten sich durch Büsche hindurch und traten unsinnig mit ihren Stiefeln gegen Baumstämme. Elizabeth und John, die irgendwo inmitten eines halberblühten Jasminstrauchs saßen, kam es beinahe dumm vor, sich zitternd tiefer zu ducken und keinen Laut von sich zu geben, denn es war nur eine Frage der Zeit, bis man sie entdecken würde. Elizabeth bebte so sehr, daß sie meinte, die Erde unter ihr müsse anfangen zu schwanken. Sie sah schwarze Stiefel näher kommen, langsam und

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