Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege
hast mir nicht einmal zugehört!«
»Joanna, ich...«
»Ich habe Angst, Elizabeth, daß ich dich zu sehr liebe, viel mehr, als für mich gut ist, und viel mehr, als richtig ist. Ich kann es mir nicht erklären, aber ich kann nicht leben ohne dich, und ich weiß, daß das nicht sein kann und nicht sein darf, aber ich wollte es dir ein einziges Mal sagen, weil ich manchmal denke, daran sterben zu müssen!«
Joanna hielt inne, denn der Ausdruck ungläubigen Schreckens in Elizabeths Augen ernüchterte sie.
»Seltsam«, fuhr sie leise fort, »so muß dich John angesehen haben, als du ihm vor vielen, vielen Jahren im Garten von Blackhill deine Gefühle gestandest. Du siehst, das Leben gleicht jede Stunde wieder aus. Heute hast du den Triumph, die Stärkere zu sein und zurückweisen zu können!«
»Ich empfinde keinen Triumph. Ich habe das alles nicht gewußt. Joanna, ich bin fest davon überzeugt, daß du dir deine... Gefühle einbildest. Ich meine, Liebe ist doch nur möglich... jedenfalls nicht zwischen Frauen!«
Ihre eigenen Worte kosteten sie eine ungeheure Überwindung,
die Peinlichkeit erstickte sie fast. Zugleich war ihre Stimme überaus drängend, als wolle sie Joanna unter allen Umständen von deren Fehlvorstellung überzeugen und zu einem Widerruf bewegen. Joanna selbst schwankte zwischen Mitleid und Zorn. Ihr Ärger wuchs, als sie die uneinnehmbare Grenze begriff, an die sie gestoßen war. Elizabeths Vorstellungskraft endete hier, und sie würde gar nicht versuchen zu verstehen, was Joanna meinte.
Sie kann meine Gedanken nicht nachvollziehen, dachte Joanna verzweifelt, sie begreift gar nicht, wovon ich spreche. Sie versteht nicht dieses grauenhafte Gefühl, von der Existenz eines Menschen abhängig zu sein — und dabei sollte gerade sie es wissen wie niemand sonst!
»Du kommst mit deinem Leben nicht zurecht, das ist es«, fuhr Elizabeth eindringlich fort, »und du mußt auch etwas ändern. Du mußt weg von Harriet!«
»Und wohin?«
»Ich weiß nicht... irgendwohin...«
»Jedenfalls nicht zu dir, oder?«
Elizabeth antwortete nicht. Joanna warf den Kopf zurück.
»Wir vergessen dieses Gespräch am besten«, sagte sie, »ich hoffe, daß es dich nicht weiter belasten wird. Aber du hast ja ohnehin genug vor, was dich ablenkt. Du mußt John aus dem Gefängnis holen — und ironischerweise bekommst du von mir auch noch das Geld dazu!«
»Das ist ja alles hochinteressant«, ließ sich plötzlich eine andere Stimme vernehmen.
Joanna und Elizabeth fuhren herum und gewahrten im schattenhaften Abendlicht Belinda, die mit einer ihrer zahlreichen Freundinnen an der Seite ein kleines Stück hinter ihnen stand. Ihr Gesicht trug einen boshaften Ausdruck.
»Wo kommst du her, Belinda?« fragte Joanna entsetzt. »Wie lange stehst du schon hier?«
»Lange genug. Judith«, sie wies auf das Mädchen neben sich, »Judith und ich haben ein paar schöne Neuigkeiten erfahren. Joanna, was hast du geredet? Elizabeth scheint dir nicht ganz
gleichgültig zu sein! Ich muß sagen, daß ich das alles etwas befremdlich finde!«
»Wo kommst du her?« wiederholte Joanna leise.
Belinda lachte. »Ich habe euch gesucht«, erwiderte sie, »mir fiel auf, daß ich euch heute kaum gesehen hatte. Irgend jemand sagte, Elizabeth sei zum Strand gegangen, und so machten Judith und ich uns auf den Weg.«
»Ihr widerlichen, bösartigen Klatschtanten«, sagte Elizabeth langsam, »den ganzen Tag seid ihr um mich herumgeschlichen, in der Hoffnung, auf irgendeine Sensation zu stoßen. Glaubst du, ich wüßte nicht, weshalb du mich eingeladen hast, Belinda? Weißt du jetzt wenigstens, was du wissen wolltest? John Carmody ist im Gefängnis, und Lady Sheridy wird das Geld beschaffen, mit dem ich ihn freikaufen kann — geh doch los und erzähle es allen!«
»Daß John im Gefängnis ist, weiß jeder«, meinte Belinda, »aber es gibt ja noch ein bißchen mehr Wissenswertes, nicht?« Ihr Blick glitt wieder zu Joanna hinüber.
»Ich glaube nicht, daß Joanna es gern hätte, wenn ich jedem erzählte, was ich heute gehört habe.«
»Was hast du denn schon gehört?« fragte Joanna verächtlich. Langsam gewann sie ihre übliche Überlegenheit zurück. Aber Belinda ließ sich nicht einschüchtern.
»Jeder in Norfolk wundert sich seit langem, warum du nicht heiratest, Joanna Sheridy! Die Lösung dieses Rätsels kann ich nun vielleicht überbringen. Komm, Judith«, sie zog ihre Freundin mit sich fort, »wir müssen zurück. Schließlich ist das meine
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