Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
und, bei Gott, ich sterbe eher, als daß ich es ertrage, dich im Gefängnis zu wissen!«

    Aber Cynthia schüttelte den Kopf.
    »Wir lassen nicht alles, was wir haben, zurück, ohne sicher zu sein, daß es notwendig ist. Aber seien Sie ohne Sorge — Anthony ist sehr geschickt. Er wird rechtzeitig wissen, wann wir gehen müssen.«
    »Wenn du meinst...«
    »Aber das Geld, Mutter!«
    »Wieviel braucht ihr?«
    »Anthony meint, ungefähr tausend Pfund.«
    »Tausend?«
    »Ja, weniger wird nicht reichen.«
    »Nun gut. Ehe ihr drüben im Schuldgefängnis landet. Ich werde das Geld besorgen.«
    »Und hier hinterlegen?«
    »Ja.«
    Cynthia legte beide Arme um Harriet und küßte sie.
    »Ich danke Ihnen, Mutter«, sagte sie erleichtert, »ich werde Ihnen das nie vergessen!«
    »Und ich«, entgegnete Harriet mit einem Anflug von Energie, die ihr Kraft zur Wut gab, »ich werde Anthony nie vergessen und nie vergeben, was er getan hat. Das kannst du ihm ausrichten!«
    »Auf Wiedersehen, Mutter!« Cynthia verließ den Raum. Harriet preßte die Hände gegen ihr stark pochendes Herz.
    »Ach, Phillip«, seufzte sie leise, »ich weiß nicht, was werden soll! Dieser Anthony... hätte ich das doch nur vorausgesehen... «
    Sie zog schwach an der Klingelschnur, und als Edna erschien, sagte sie: »Edna, veranlasse, daß man mir Mr. Elmwood schickt. Er soll so schnell wie möglich zu mir kommen!«
     
     
    Mr. Elmwood, der Londoner Vermögensverwalter der Sheridys, erschien erst abends, als die Familie beim Dinner saß. Joanna und Elizabeth fanden es höchst erstaunlich, daß Harriet sofort aufstand und zu dem Gast in den Empfangssalon ging, anstatt in aller Ruhe fertigzuessen, wie sie das gewöhnlich tat.

    »Irgend etwas stimmt nicht«, flüsterte Elizabeth, »sie war schon den ganzen Tag so nervös.«
    »Edna sagt, Cynthia sei heute dagewesen«, erwiderte Joanna, »und der Besuch habe sie schrecklich aufgeregt!«
    Sie aßen allein weiter und glaubten bei jedem neuen Gang, Harriet werde sich wieder zu ihnen gesellen, aber nichts geschah. Erst viel später, als die beiden Mädchen hinauf in ihr Zimmer gegangen waren und dort zusammensaßen, hörten sie die vertrauten, schleppenden Schritte die Treppe heraufkommen. Elizabeth, die gerade von Andrew sprach, hielt inne.
    »Tante Harriet!« rief sie. »Wir sind noch wach! Kommen Sie bitte zu uns!«
    Die Tür öffnete sich langsam, Harriets magere Gestalt erschien auf der Schwelle. Sie blinzelte in das Kerzenlicht im Zimmer. »Ach Kinder«, sagte sie müde, »wie gut, daß ich euch habe.«
    »Ist etwas geschehen?« fragte Joanna entsetzt.
    »Ja, es ist, als ginge die Welt unter!« Harriet kam herein und setzte sich in einen Sessel. Der schwarze Stoff ihres Kleides schien viel zu dunkel und üppig für sie, er floß um sie herum und erdrückte sie beinahe. Ihr Gesicht unter dem schwarzen Samthäubchen sah sehr alt aus.
    »Erzählen Sie uns alles«, bat Elizabeth. Harriet nickte. Mit leiser, monotoner Stimme berichtete sie von Cynthias Besuch am Vormittag und davon, was sie ihr anvertraut hatte. Joanna und Elizabeth bekamen immer größere Augen, während sie fassungslos lauschten.
    »Das ist nicht zu glauben«, murmelte Joanna schließlich. »Wer hätte gedacht, daß Anthony... daß eine Sheridy einmal bei Nacht England verlassen muß, um ihrer Verhaftung zu entgehen... «
    »Joanna!« Elizabeth stieß sie warnend an, denn Harriets Gesicht wurde noch um eine Schattierung blasser. Mühsam fuhr sie fort:
    »Ihr habt bemerkt, daß Mr. Elmwood heute hier war. Ich habe ihn rufen lassen, um die tausend Pfund für Cynthia zu erhalten.
Er hätte mich jedoch in den nächsten Tagen ohnehin aufgesucht. « a
    »Weshalb?«
    »Um mit mir über Vaters Hinterlassenschaft zu sprechen. Ihr wißt, ich habe mich um diese Dinge nie gekümmert, aber nun bin ich das Familienoberhaupt. Mr. Elmwood hat mir sehr vorsichtig mitgeteilt, daß unsere Familie nicht so reich ist, wie ich glaubte.« Sie machte eine Pause. Joanna neigte sich vor.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    Harriet wich ihrem Blick aus.
    »Vater war, wie Mr. Elmwood andeutete, kein sehr geschickter Geschäftsmann. Übervorsichtig und gewissenhaft. Er hat keine Schulden gemacht, aber er hat seinen Besitz auch nicht vermehrt. Dennoch haben wir üppig gelebt.«
    Elizabeth stützte den Kopf in die Hände. Sie sah sich im Zimmer um, betrachtete die samtenen Bettdecken, die goldbeschlagenen Stühle und einen Stapel nachlässig übereinandergetürmter Seidenkleider.

Weitere Kostenlose Bücher