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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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selbstverständlich mussten sie stets um die Sicherheit der Patienten bemüht sein, aus den eigenen Fehlern lernen und immer aufmerksam bleiben.
    Gustav Stjärne schien eine schlechte Wahl gewesen zu sein.
    »Manchmal unternimmt er überhaupt nichts, wenn er eigentlich eingreifen oder zumindest Hilfe holen müsste. Manchmal führt er auch Eingriffe hinter meinem Rücken aus. Und ich kann ihn schließlich nicht andauernd beaufsichtigen«, fuhr Christina Löfgren fort.
    Ihre Stimme klang säuerlich.
    »Das glaube ich Ihnen«, erwiderte er. »Aber schließlich ist er noch nicht so lange hier. Vielleicht braucht er noch etwas Zeit. Wir müssen ihm eine angemessene Chance geben.«
    Er breitete die Hände aus und sah, dass sie auf seine Wortwahl reagierte. Sein Wortschatz war im Übrigen voller solcher Ausdrücke: »vertretbar«, »akzeptabel«, »passend« …
    »Und was meinen Sie mit ›angemessen‹?«, wollte sie wissen.
    Diese Frage beantwortete er natürlich nicht. Er sah sie stattdessen aufmunternd an.
    »Wie lange dauert seine Vertretung?«
    Ruhig und gelassen stellte sie diese Frage, was ihm sehr zusagte.
    »Sechs Monate, dann sehen wir, wie wir zueinander stehen.«
    »Wer sind wir?«
    Sie klang schon wieder aufgebracht.
    »Die Klinik und Stjärne«, antwortete er.
    »Er wird sicher bleiben wollen«, murmelte sie. »Ihm fehlt die Selbstkritik. Aber das hier ist schließlich eine Uniklinik. Irgendwelche Qualifikationen müssen die Neuen doch besitzen, wenn sie zu uns kommen!«
    Wieder breitete sich ein viel sagendes Schweigen aus.
    »Irgendwas stimmt da nicht. Eigentlich kann er einem leidtun. Es ist, als könnte er sich nicht öffnen«, meinte sie nachdenklich. Gleichzeitig war ihr Empörung anzumerken. Ihre Bewegungen waren ruckartig, und sie hatte eine Falte zwischen den Brauen.
    Er wusste aus Erfahrung, dass mit den Ärztinnen schwerer umzugehen war, wenn sie wütend wurden. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht zu analysieren, warum das so war, das war einfach so.
    »Das klingt sehr ernst, und ich nehme das zur Kenntnis«, sagte er aufrichtig und gab sich Mühe, gelassen zu wirken.
    Nach dreifacher Klage über Stjärnes eventuelle Inkompetenz hatte er nicht nur genug davon, sondern war auch äußerst beunruhigt. Mit bestimmten Leuten gab es immer Ärger.
    Er hatte Stjärne nie selber bei der Arbeit beobachtet und wusste alles nur vom Hörensagen. Man durfte nie etwas übereilen. Erst mal darüber schlafen, war immer eine gute Devise.
    Trotzdem, er hätte sich die Möglichkeit gewünscht, den jungen Mann sofort nach Hause schicken zu können. Danke und auf Wiedersehen. Aber so einfach war es nicht. Er musste etwas in der Hand haben, um die Vertretungsstelle kündigen zu können. Am besten wäre es natürlich gewesen, wenn er hätte abwarten können, bis das halbe Jahr um war. Er war sich recht sicher, dass Stjärne davon ausging, dass er würde bleiben können. Zumindest ging Eskil Nordin davon aus. Stjärne war einer von Eskils Schützlingen. Und es war immer unangenehm, jemanden enttäuschen zu müssen. Und Eskil wollte er am allerwenigsten gegen sich aufbringen. Der in der Forschung hoch qualifizierte Kollege legte ihm schon jetzt Steine in den Weg. Aber was sein muss, muss sein, dachte er und empfand eine gewisse Befriedigung bei dem Gedanken, einmal etwas gegen Eskil zu unternehmen.
    Das Problem war, dass er in diesem Fall auch selbst davon überzeugt sein musste, dass Stjärne ungeeignet war. Leider hatte nicht nur Eskil Nordin Stjärne gelobt. Im Kollegenkreis gab es einige, die fanden, dass der männliche Nachwuchs einen Sonderstatus verdiente. »Wir können doch mal ein Auge zudrücken«, hatte einer der Ärzte gemeint.
    Für ihn spielte das Geschlecht der Mitarbeiter kaum eine Rolle, solche Probleme hatte er nie gehabt. Als Chef wusste er es zu schätzen, wenn Leute ihre Aufgaben erfüllten und vorzugsweise dabei auch freundlich waren, denn dann klappte das meiste.
    »Es kann viel passieren«, sagte er jetzt zu Christina Löfgren.
    »Das ist wohl so.«
    Sie sah wieder auf die Uhr.
    »Ich habe bald eine Patientin auf der Entbindungsstation.«
    Sie hatte aufgegeben.
    »Jedenfalls habe ich es Ihnen jetzt mitgeteilt«, meinte sie mit geschäftsmäßiger Stimme.
    »Melden Sie sich, falls neue Probleme auftauchen.«
    »Das geschieht andauernd.«
    Sie sprang auf, wie aus dem Lehnstuhl geschleudert, nickte und verschwand.
    Etwas zu eilig, als dass es wirklich angenehm gewesen wäre, dachte er, als er die

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