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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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das mit dem geschlechtlichen Umgang genau war, darüber weiß ich nicht so viel«, fuhr sie fort.
    »Sie haben ihn nicht angezeigt?«
    »Meine Güte! Es genügte doch wohl, dass Gösta und ich sie dabei ertappten, diesem Bodén hinterherzuschmachten, und dass er sich tatsächlich auf heimliche Rendezvous mit ihr einließ. Sogar in der Schule. Was sie dort trieben, damit will ich gar nichts zu tun haben. So sündig und furchtbar, dass man es gar nicht erst wissen will.«
    »Aber keine Behörde wurde eingeschaltet?«, wiederholte Claesson.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Melinda war sechzehn, fast siebzehn. Sie war also heiratsfähig, um es einmal so zu sagen. Und sie geriet auch erst vollkommen außer sich, als er sie nicht mehr haben wollte …«
    Sie sah aus, als fände sie, das sei ihrer Tochter recht geschehen.
    Claesson schluckte. Das war für eine Mutter wirklich eine merkwürdige Art, sich auszudrücken.
    »Inwiefern?«
    Seine Frage war vorsichtig formuliert. Er tastete sich vor.
    »Seine Frau schöpfte Verdacht. Und er war sie wohl leid. Schließlich war sie nur ein Mädchen. Aber Melinda hatte nur noch diesen Kerl im Kopf, der ihr Vater hätte sein können. Natürlich erfuhr der Direktor, was geschehen war.«
    »Ah ja?«
    »Gösta rief ihn an und teilte ihm mit, diesem Lehrer müsse gekündigt werden.«
    Schau an, dachte Claesson. Er versuchte, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Die Frau war ihm nicht sympathisch, obwohl er ein gewisses Mitgefühl für sie als Mutter einer missbrauchten Tochter hegte. Aber sein Mitgefühl verschob sich rasch zur jungen Frau, die er ja noch nie getroffen hatte. Denn sie war, wie auch immer die Umstände ausgesehen hatten, ein Opfer gewesen. Vielleicht hatte sie nur versucht, aus einem Zuhause auszubrechen, das sie zu ersticken drohte.
    »Was passierte dann?«
    »Das Ganze wurde aus Mangel an Beweisen unter den Teppich gekehrt. Aussage stand gegen Aussage. Bodén war immer diskret vorgegangen. Melinda machten das ganze Gerede und die Tatsache, dass er sie verschmäht hatte, sehr zu schaffen.«
    Klingt wie aus einer Illustrierten, dachte Claesson. Davon gab es, wie er sehen konnte, jede Menge. Ein großer Stapel Klatschblätter, wie sie sein Vater genannt hätte, lag auf der Ablage unter dem Couchtisch.
    »Dann sorgte man dafür, dass Melinda die Klasse wechselte.«
    »Ich hoffe, dass es Ihrer Tochter danach gut ergangen ist.«
    Claesson sah die Mutter milde an.
    »Sie hat sich durchgeschlagen. Erst hörte sie auf zu essen. Aber als sie diesen Unsinn verarbeitet hatte und wieder anfing, sich um die Schule zu kümmern, da hatte sie dann nur Bestnoten. Jetzt ist sie Ärztin. Sie arbeitet in Lund.«
    »Sie müssen sehr stolz auf sie sein«, meinte er. Jetzt lächelte Margareta Selander zum ersten Mal und schien ein paar Zentimeter zu wachsen.
    »Sie hat einen hübschen Namen«, fuhr er fort.
    Die Frau errötete erneut.
    »Diesen Namen hat ihr Vater ausgesucht. Er war Künstler«, sagte sie, als würde das etwas erklären.
    Aber Claesson hatte das deutliche Gefühl, dass Gösta Selander nicht als Künstler gearbeitet hatte. Das hätte er sonst gewusst, da er viele Jahre lang Mitglied des Kunstclubs der Polizei gewesen war.
    »Gösta war nicht ihr Vater«, erklärte sie.
    Sie schaute auf ihre Hände.
    »Ihr Vater war ein rastloser Mensch. Hier war es ihm zu eng.«
    »Ach so.«
    »Er verschwand ins Ausland. Da war sie erst drei. Und nach einer Weile, nachdem er nichts von sich hatte hören lassen, lernte ich Gösta kennen. Er war wie ein Vater zu ihr.«
    »Während dieser schweren Zeit hatte Ihre Tochter sicher auch andere Freunde. Erinnern Sie sich noch an diese?«
    Sie schüttelte den Kopf. Merkwürdig, dachte Claesson. Das Mädchen muss sehr einsam gewesen sein. Oder sie führte ein Doppelleben. Ein Leben zu Hause und eines draußen.
    »Hatte sie …«, er dachte lange darüber nach, welches Wort er benutzen sollte, »irgendwelche Kavaliere?«
    Sie starrte vor sich hin.
    »Erinnern Sie sich an irgendeinen von ihnen? Ich könnte sie natürlich auch selbst fragen, aber …«
    »Natürlich hatte sie Freunde. Aber eigentlich niemanden, der mir damals besonders aufgefallen wäre.«
    »Vielleicht haben Sie ja noch ein Klassenfoto?«
    »Ja, das habe ich vermutlich. Lassen Sie mich nachschauen …«
    Sie erhob sich.
    »Ich warte, Sie müssen sich meinetwegen nicht beeilen«, sagte Claesson, als sie sich ins Obergeschoss begab.
    Eine Weile später hielt er eine verblichene Farbfotografie

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