Verdacht auf Mord
Melinda.
Wartet nur!
Neunzehntes Kapitel
Samstag, 28. September
V eronika stand unter der Dusche. Irgendwo klingelte ein Handy. Claes stiefelte herein und ließ die Haustüre halb aufstehen. Er packte gerade den Volvo voll.
»Das ist deins!«, rief er durch die Badezimmertür.
»Geh halt dran! Es liegt in meiner Tasche.«
Das Handy hatte gerade aufgehört zu klingeln, als er es aus der braunen Ledertasche zog. Aus verschiedenen Gründen verabscheute er es, in ihrer Handtasche zu wühlen.
»Ich war zu langsam«, rief er durch die geschlossene Badezimmertür.
Gleichzeitig hatte er ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Tasche gefischt. Er konnte es nicht lassen, es aufzufalten. Klara stand vor ihm und streckte ihm die Arme entgegen. Sie wollte auf seinen Arm.
»Warte«, sagte er geistesabwesend.
Eine Telefonnummer.
Seine Frau hatte eine Telefonnummer auf einem Papier in ihrer Handtasche. Was tue ich jetzt, dachte er und starrte auf das Papier. Soll ich ihr eine Szene machen? Soll ich sie zwingen, sich zu erklären? Und wenn das nicht reicht, soll ich sie so lange unter Druck setzen, bis sie ein Geständnis ablegt?
War das Dans Nummer? Die beiden hatten viel Zeit zusammen in Lund gehabt.
Während seine Fantasie und seine Gefühle mit ihm durchgingen, sah er jedoch gleichzeitig ein, dass er unvernünftig war. Er brauchte sie ja einfach nur zu fragen.
Die Dusche wurde abgedreht. Er öffnete die Badezimmertür, und der Wasserdampf schlug ihm entgegen. Was für eine Frau!, dachte er, obwohl er gerade erst eifersüchtig gewesen war. Sie stand nackt, ein Handtuch um den Kopf gewickelt vor ihm, die Haut vom warmen Wasser gerötet.
Sie sah ihn an.
»Was ist mit dir los?«
»Was ist das hier?«
Er hielt das Papier zwischen Daumen und Zeigefinger. Sein Tonfall glich dem eines Staatsanwaltes.
»Ein Stück Papier, das siehst du doch.«
Der Blick unter dem Handtuchturban war unfreundlich. Sie cremte sich das Gesicht ein. Kreisende, ausdauernde Bewegungen.
»Wo hast du das her?«
»Aus deiner Handtasche.«
Sie warf ihm einen neuen Blick zu, dieses Mal jedoch belustigt.
»Ich wollte nicht in deinen Sachen herumwühlen. Aber das Papier lag da, als ich dein Handy herausnahm.«
Sie trat in die Diele. Lächelte. Spannte ihn auf die Folter.
»Kein heimlicher Liebhaber«, sagte sie, beugte ihren Kopf nach vorne und frottierte ihr Haar.
»Nicht?«
»Da kannst du dir ganz sicher sein.«
Er schämte sich.
»Was ist es dann?«
»Bist du eifersüchtig?«
Ihre Augen funkelten. Sie riss ihm das Papier aus der Hand.
»Das ist die Nummer der Perückenmacherin. Falls Cecilia eine Perücke will, solange ihr Haar noch nachwächst, sollten wir uns dort melden. Aber sie hat sich noch nicht darüber geäußert.«
Letzteres hörte er schon nicht mehr. Der Stein war ihm mit einer solchen Wucht vom Herzen gefallen, dass er einen Augenblick lang taub war. Wie kindisch von ihm! Er drückte liebevoll ihren Oberarm, das war das Einzige, was er noch erwischte, denn sie war bereits auf dem Weg ins Obergeschoss, um sich anzukleiden.
Er hatte sich wieder besonnen und wollte gerade das Papier in die Handtasche in der Diele zurücklegen, als sein Blick erneut darauffiel. Irgendetwas daran kam ihm bekannt vor. Was war es, was er wiedererkannte?
Er ging in die Küche, da es dort heller war, setzte die Brille auf, die in seiner Hemdtasche steckte, glättete den Zettel auf dem Küchentisch. Klara war mit Veronika nach oben gegangen. Plötzlich war es um ihn herum vollkommen still.
Eine Art DIN-A5-Formular. Das Wappen der Provinz Schonen in der oberen linken Ecke. Daneben stand in fetten Buchstaben »Nachricht«. Das gesamte Formular wies einen schwarzen Rahmen auf. Am oberen Ende befanden sich zwei Rechtecke, eines für den Namen des Absenders und eines für den des Empfängers. Vorgedruckt waren die Worte »Von«, »Abteilung« und »Sachbearbeiter/in«. Darunter Linien, auf denen man die Nachricht schreiben konnte, ganz unten konnte man ankreuzen: »wie vereinbart«, »zur Erledigung«, »mit der Bitte um Vervollständigung«, »mit der Bitte um Stellungnahme«, »zur Kenntnis«, »zur Genehmigung«, »zur Unterschrift« und so weiter und so fort.
Aber keines dieser Details war ihm ins Auge gestochen, sondern die Zeilen und der etwas ungewöhnliche Rahmen. In winziger Schrift war auch die Bezeichnung des Vordrucks vermerkt und wo er gedruckt worden war: Lidbergs Druckerei, Skurup. Er war sich nicht ganz sicher, wo genau Skurup
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