Verdacht auf Mord
warm und gut.
Aber nach dem Glück kommt das Unglück. Das wusste Cecilia.
Lust brachte Unlust mit sich.
Wie ein Rausch, auf den ein Kater folgte, Übelkeit und Erniedrigung. Ein Schoß, der schmerzt. Nein, nie mehr!
Eine Minute später verabschiedete sie sich und umarmte ihre Gastgeberin, die Glitzerspray in ihrem schwarzen Haar hatte und auf Leos Schoß saß. Sie verabredeten sich für das Alpintraining in der Gerdahalle. Sie würde Ester und Leo eine Einladung für ihre Einzugsparty schicken, sobald sie sich eingerichtet hatte. Sie sah Gustav Stjärnes leuchtend blaue Augen, die sie ruhig vom Wohnzimmer aus betrachteten. Sie nickte ihm knapp, aber dankbar zu.
Es war kühl, und Cecilia war leicht gekleidet. Sie versuchte mit ihrem Handy ein Taxi zu bestellen, während sie zur Straße hochtorkelte. Frühestens in zwanzig Minuten konnte eines kommen, denn alle Studenten wollten gerade nach Hause fahren, erfuhr sie. Sie fror, zog die dünne Jacke enger um die Schultern, überlegte, ob sie umkehren sollte, wollte aber nach Hause. Wenn sie ohnehin warten musste, konnte sie genauso gut schon einmal ein Stück gehen.
In der frischen Luft wurde sie schnell nüchtern. Mit immer sichereren Schritten ging sie den Fahrradweg entlang auf das Stadtzentrum zu. Mit ihrer Umhängetasche über der Schulter bewegte sie sich rasch unter der Autobahn hindurch und weiter den Tunavägen entlang, am Studentenwohnheim Sparta vorbei und dann auf die Professorstaden zu. Sie begegnete keiner Menschenseele. Ab und zu fuhr ein Auto vorbei, oder Fahrräder kamen ihr entgegen. Wahrscheinlich auf dem Heimweg von nächtlichen Partys. Als sie das Wohnviertel am Tunavägen erreichte, sah sie den Zeitungsboten, und ein Katergefühl überkam sie: eine weitere vergeudete Nacht in ihrem Leben.
Ihre Schuhe waren die reine Folter. Aber immerhin war ihr inzwischen warm, und sie begann, eine lustiges Lied zu summen, um den Schmerz zu vertreiben. Vermutlich würde sie am nächsten Tag zehn Blasen haben, an jedem Zeh eine, aber zum Barfußgehen war es zu kalt.
Sie war schon fast am botanischen Garten und bog ab, um die Abkürzung Richtung Spyken zu nehmen. Dann musste sie nur noch ein Stück die Södra Esplanaden entlanggehen. Sie wünschte, sie hätte vor dem Fest ihr Bett gemacht. Wahrscheinlich würde sie sich nun einfach unter ihre alte Decke auf die bloße Matratze legen.
Sie hatte immer noch die Rhythmen des Abends und der Nacht im Kopf, und ihre Schläfen pochten von dem Wein. Sie summte beharrlich, fast hysterisch, um das Scheuern ihrer Schuhe weniger zu spüren und weil sie es nicht wagte aufzuhören. Sie musste alle bösen Geister auf Abstand halten. Die Dunkelheit und die Einsamkeit.
Der botanische Garten lag neben ihr in vollkommener Dunkelheit. Unter den schwankenden Baumriesen lauerte die Angst. Sie schaute nicht dorthin, sondern stattdessen auf die andere Seite der Straße, an der prächtige Villen über sie wachten. Diese lagen zwar hinter düsteren Hecken versteckt, und die Fenster waren dunkel, aber dort wohnten zumindest Menschen. Der Wind, der ihr über die Wangen strich, war nicht kalt, er war erfrischend. Sie fror nicht mehr.
Sie hörte auf zu summen. Die Stadt schlief tief. Selbst die Autobahn war kaum mehr zu hören. Alles war friedlich.
Vorsichtig begann sie wieder leise zu summen. Da hörte sie, dass sich jemand von hinten näherte. Ein Fahrrad fuhr leise den Hügel herunter. Vielleicht jemand, den sie kannte, jemand von der Party, jemand, der vielleicht in dieselbe Richtung wollte wie sie, mit dem sie gemeinsam weitergehen konnte. Vielleicht würde er sie sogar auf dem Gepäckträger mitnehmen.
Sie befand sich genau in Höhe des Östervångsvägen, als sie sich umdrehte, um zu sehen, wer es war. Da pfiff es durch die Luft. Ein unbeschreiblicher Schmerz durchfuhr sie.
Dann war alles schwarz.
Viertes Kapitel
Oskarshamn,
Sonntag, 1. September
Z u Hause ist es doch am schönsten!«
Dieser Kommentar kam Veronika Lundborg unvermittelt über die Lippen, als sie sich reckte, dass ihre Wirbelsäule knackte. Dann kroch sie wieder unter die Decke und blieb im Bett liegen wie eine schnurrende Katze. Die andere Betthälfte war leer. Niemand hatte sie gehört, aber das machte nichts. Nur noch eine Minute, dann würde sie sich überwinden und aufstehen. Sie gönnte sich noch einen Moment unter der dünnen Sommerdecke, die sie fast bis zur Nasenspitze hochgezogen hatte. Der Bettbezug war weich. Die alten waren die besten, so oft
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