Verdacht auf Mord
Tumoren dieser Größe empfehlen wir einen operativen Eingriff, denn sonst …«
Er verstummte.
Denn sonst was? Bodéns Herz überschlug sich in seinem Brustkorb, aber er sagte nichts.
»Sie werden vollständig genesen«, betonte der Arzt. »Die Operation kann auf verschiedene Arten durchgeführt werden.«
Die beste und sicherste Methode bitte, dachte Bodén.
»Nach dem Kaffee werden Sie mit einem der Ärzte sprechen, die Sie operieren werden. Wie alle frisch Operierten kommen Sie anschließend für kurze Zeit auf die Intensivstation, dann werden Sie auf die neurochirurgische Station verlegt. So weit alles klar?«
Bodén nickte.
»Sie werden auf dem rechten Ohr dadurch ganz taub werden … Aber ich sehe hier«, Professor Mogren schaute auf ein Papier, »dass Sie im Prinzip auf dem rechten Ohr ohnehin nicht mehr hören.«
Bodén nickte.
»Nach dem Eingriff werden Sie an Schwindel leiden, aber das legt sich nach einiger Zeit«, fuhr Mogren zuversichtlich fort.
Das klang hoffnungsvoll. Wenn es nicht schlimmer war …
Professor Mogren setzte sich auf dem Stuhl zurecht, sah Bodén schräg von unten in die Augen, zog die Brauen hoch und runzelte dabei die Stirn. Instinktiv bereitete sich Bodén auf etwas Unbehagliches vor.
»Es besteht das Risiko, dass ein Nerv, der Nervus facialis, bei dem Eingriff beschädigt wird.«
»Und?«, erwiderte Bodén.
Er hatte eigentlich geglaubt, inzwischen geläutert zu sein. Aber nein, die hölzerne Stummheit hatte ihn wieder fest im Griff. Resigniert unterließ er es zu fragen, was eine solche Schädigung für Konsequenzen haben könnte. Dem Arzt war ohnehin anzusehen, dass es nichts Spaßiges war. Mit einem Mal verspürte er den Drang, einfach aus dem Projekt auszusteigen und vielleicht einen Arzt zu finden, der seine Sache besser verstand.
»Der Facialis ist ein Gesichtsnerv. Ich sage nicht, dass der Verlauf so aussehen muss«, fuhr Professor Mogren eindringlich fort, um die Information zu vervollständigen, »aber es gibt keine Garantien dafür, dass dieser Nerv auf dem Weg zum Innenohr nicht geschädigt wird.«
Bodén war klar, dass Nina, hätte sie ihn begleitet, diese Eventualitäten direkt angesprochen hätte. Sie hätte genau wissen wollen, wie geschickt der Chirurg war und ob es wirklich keinen besseren gab und so weiter und so weiter. Ihm fehlte ihre Kraft, ihre praktische Art. Sie hätte natürlich gewusst, was eine solche Schädigung für Folgen gehabt hätte, da sie Krankenschwester war.
»Eine Schädigung des Facialis führt auf der operierten Seite zu einer halbseitigen Gesichtslähmung. Aber oft ist diese vorübergehender Natur«, schwächte der Arzt rasch ab.
Bodén versuchte sich eine halbseitige Gesichtslähmung vorzustellen, aber es gelang ihm nicht. Alles schien zu schweben, wirkte unbegreiflich und verschwommen.
»Manchmal ist die Lähmung jedoch auch von Dauer. Dann geht die Mimik verloren.«
Ach so, dachte Bodén, ohne die Miene zu verziehen, aber sein Herz schlug schneller.
»Das ist natürlich bedauerlich. Der eine Mundwinkel hängt dann nach unten. Es ist also nicht mehr so leicht, auf dieser Seite zu lächeln. Und auch schwierig, die Oberlippe hochzuziehen, also die Zähne zu zeigen, um es so auszudrücken. Auch das Auge zu schließen, bereitet Probleme, aber das lässt sich durch plastische Chirurgie teilweise korrigieren.«
Mit einemmal war Bodén die Lust auf weitere Informationen vergangen. Nicht einmal versuchsweise wollte er sich vorstellen, wie entstellt er aussehen würde. Schließlich hatte er bereits eingesehen, dass er sich den Fakten beugen, den Krebs akzeptieren und sich den ihm auferlegten Maßnahmen unterziehen musste. Er konnte sich nicht wehren. Er musste sich operieren lassen und nicht wieder alles, wie Nina ihm vorwarf, unnötig komplizieren.
Die Todesangst, die er teilweise hinter sich gelassen hatte, wurde in diesem Augenblick von einer galoppierenden Angst vor dem Leben abgelöst.
Wie würde sich wohl der Rest seines Lebens gestalten?
Dann war bis halb fünf Kaffeepause. Im Zentralblock gebe es eine Cafeteria, hatte ihm eine Schwester erklärt. Ein bisschen Abwechslung tut gut, dachte er und machte sich auf den Weg dorthin. Er hatte gelinde gesagt einiges zu verdauen. Danach würde er zur HNO-Klinik zurückkehren, um einen Doktor Ljungberg zu treffen, der ihn operieren würde. Er hoffte, dass er anschließend genug Zeit hatte, zu Fuß zum Bahnhof zu gehen. Andernfalls musste er ein Taxi nehmen.
Er schob seine
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