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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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Distanz, Abkühlung. Jedenfalls erging es Emmy so. Sie hatte definitiv genug bekommen und ging davon aus, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte. Sie fühlte sich übersättigt wie nach einer zu großen Portion Hafergrütze.
    Aber keine von beiden hatte gewagt, dies auszusprechen, und vielleicht war das auch gut so. Gelegentlich gingen Dinge einfach vorüber, wenn man einfach nur abwartete, bis sich die Gefühle beruhigt hatten und sich die Perspektive verändert hatte.
    Außerdem hatte sie keine Zeit. Sie hatte nicht die Kraft für emotionale Diskussionen, die sie erschöpften und die Unruhe, mit der sie bereits lebte, noch vergrößerten. Es gab ihrer Meinung nach fast nichts Schlimmeres als Abrechnungen. Sie hatte ganz einfach Angst. Angst vor Trissans Unerbittlichkeit.
    Bei dem bloßen Gedanken schauderte es ihr. Sie trank einen Schluck Caffè Latte. Der Dampf wärmte ihre Nasenspitze. Sie fror, obwohl schönes Wetter war. Sie hatte jetzt schon viel zu lange schlecht geschlafen und auch nicht richtig gegessen. Eher Spatzenportionen. Ab und zu ein paar Krümel. Aber irgendwie genoss sie das.
    Das Studium nahm all ihre Zeit in Anspruch. Selbst die Nächte. Das wollte sie so. Sie hatte ein Ziel. Sie hielt das, was sie tat, für sinnvoll, und das spornte sie an. Endlich kam ihr ihre Existenz wirklich vor. Ihr Leben und ihre Pläne. Zum ersten Mal verlangte sie Ungestörtheit. Sie genoss es, sich zu konzentrieren. Nicht dauernd mit ihren Freunden im Café zu sitzen, mehrmals in der Woche auszugehen und erst in den frühen Morgenstunden nach Hause zu kommen oder zum Shoppen nach Malmö oder Kopenhagen zu fahren.
    Sie befand sich in einer Phase, in der sie in ihrem Leben alles Unwesentliche aussortierte, so wie man aus einem Eimer mit Heidelbeeren Tannennadeln und Blätter aussortiert, dachte sie.
    Es war lange her, dass sie zuletzt Blaubeeren gepflückt hatte.
    Plötzlich sehnte sie sich nach Hause nach Småland. Das tat sie sonst nur selten. Aber die Auseinandersetzung mit ihrer besten Freundin war ihr so unangenehm, dass ihr das langweilige Leben in Älmhult plötzlich als plausible Alternative erschien. Aber nur ganz kurz, während sich der Schauder, der sie beim Gedanken an Trissan und Cecilia und alles andere überkommen hatte, langsam legte.
    Sie hätten natürlich nie zusammenziehen sollen, sie und Trissan. Ihre Freundschaft auf eine solche Probe stellen. Sie hätten Cecilia auch nicht bitten dürfen, bei ihnen einzuziehen, aber nachher war man immer klüger. Sie hatten sich die Wohnung allein nicht leisten können, und Cecilia hatte eine Bleibe gesucht. Sie hatten Cecilia im Studentenheim kennengelernt, als sie mit Jonathan Lönn zusammen gewesen war. Und sie war okay, das war es nicht. Aber sie war auch … Emmy suchte nach dem richtigen Wort. Cecilia war ganz einfach nicht ihr Typ. Sie wusste, dass man nicht so denken sollte, aber Cecilia war ganz einfach zu weich. Aber bei näherem Nachdenken stimmte das nicht, fiel ihr auf. Reserviert? Nein, auch das nicht. Unbestimmbar? Vielleicht.
    Trissan hatte so ihre Seiten, keine Frage, aber sie verstand sie ohne viele Worte. Darin waren Trissan und sie sich ähnlich. Und das war gut so. Denn Cecilia und sie ähnelten sich überhaupt nicht. Cecilia war so reserviert und konnte sich nicht behaupten.
    Aber das stimmte irgendwie auch nicht.
    Cecilia hatte in ihrem Kämmerchen in der großen Wohnung gesessen, ohne viel Aufhebens von sich zu machen. Aber es war doch seltsam deutlich gewesen, dass sie dort gewesen war. Vielleicht hatte sie Musik gehört oder was auch immer. Oder Sachen in ihre unzähligen Notizbücher geschrieben.
    Emmy sah Cecilia vornübergebeugt auf ihrem ungemachten Bett vor sich, ein Schreibheft auf den Knien und je eine Kerze im Fenster und auf dem Schreibtisch. Die ehemalige Dienstbotenkammer zum Hof war recht dunkel gewesen. Cecilia hatte kaum Sachen besessen, aber schließlich war auch kaum Platz für irgendwas gewesen, dachte Emmy, während sie ihre langen, empfindlichen Fingernägel betrachtete. Sie hatten wirklich eine Auffrischung mit durchsichtigem Nagellack nötig. Einfachheit und Schlichtheit lautete die Devise.
    Die Bedienung im Café stellte ein Tablett frischer Zimtschnecken in die Auslage. Ihr Blick fiel auf das frische Gebäck. Es sah lecker aus, aber sie würde nichts essen. Ihr Magen war leer wie ein gerade geplünderter Safe.
    Sie trank ihren Milchkaffee und dachte darüber nach, ob Cecilia nicht irgendeine stille Macht ausgeübt

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