Verdacht auf Mord
hatte. Sie hatte Trissan und sie auf Abstand gehalten und damit ihre Neugier geschürt. Als wolle sie sie auf die Folter spannen. Sie hatte Trissan und ihr ein schlechtes Gewissen machen wollen, weil sie in ihren großen Zimmern zum Stadtpark saßen und manchmal alle ihre Freunde zu Besuch hatten. Sie hatten Partys gefeiert, und das Wohnzimmer und die Küche waren voller Leute gewesen.
Sie hatten Cecilia nie verboten, dabei zu sein.
Aber hatten sie sie eingeladen?
Vielleicht nicht direkt, aber es war doch wohl auch ohne viele Worte selbstverständlich gewesen, dass sie willkommen gewesen wäre.
Doch, so war es!
Sie ging mit sich ins Gericht. Sie wäre an Cecilias Stelle jedenfalls einfach dazugestoßen. Aber Cecilia hatte ihr Zimmer nur selten verlassen. Sie hatte in ihrem kleinen Zimmer gehockt, während die Partys tobten.
Und dann war Karl aufgetaucht.
Er war gelegentlich gekommen, um Cecilia zu besuchen. Emmy erinnerte sich daran, während es sie wegen ihrer nackten Beine fröstelte und sie mit dem langen Löffel in ihrem Caffè Latte rührte. Sie erinnerte sich daran, wie Karl geradezu die ganze Diele ausgefüllt hatte. Dieses prickelnde Gefühl ließ sich auch im Nachhinein noch mühelos hervorrufen.
Es war ihr schwergefallen, in ihrem Zimmer zu bleiben, wenn sie seine tiefe Stimme in der Wohnung gehört hatte. Sie hatte sich nicht beherrschen können, sondern plötzlich etwas in der Küche oder im Wohnzimmer zu tun gehabt, nur um durch die Diele gehen zu müssen.
Manchmal war sie dann stehen geblieben und hatte eine Weile mit Karl geredet. Bis Cecilia aufgetaucht war. Cecilia hatte sich immer so seltsam verhalten, wenn Karl zugegen gewesen war. Einsilbig und geheimnisvoll. Sie hatte die ganze Zeit über affektiert gelächelt, irgendwie christlich milde, dass es einem wahnsinnig auf die Nerven ging.
Sie ließ den Löffel los, sodass er in den Kaffee fiel. Ein paar Tropfen spritzten auf ihr T-Shirt. Ein paar kleine braune Flecken auf rosa Grund zwischen den gelben Rosen. Sie wischte sie weg. Sie waren kaum zu sehen. Manchmal hatte Cecilia Karl in ihr Zimmer mitgenommen. Recht oft, wenn sie genauer darüber nachdachte. Eigentlich immer.
Dort war es recht eng gewesen, dachte Emmy. Sie stellte sich die winzige Dienstbotenkammer vor. Schmal und hoch. Sehr eng, ein Bett und ein Schreibtisch, und dazwischen hatte man sich kaum umdrehen können. Man hatte sich in dem Zimmer nicht zu zweit aufhalten können, ohne sich dauernd in die Quere zu kommen. Haut an Haut. Karls starke Arme. Ein gelassener Riese. Wenn man da nicht ins Bett gefallen war, das da so einladend gestanden hatte.
Ihr Blut rauschte pulsierend Richtung Unterleib.
Emmy biss sich auf die Lippe. Aber alle wussten doch, dass Karl mit Ylva mit der Mähne zusammen war. Weißblondes, lockiges Haar, engelsgleich. Sie waren schon sehr lange ein Paar.
Was hatte Cecilia eigentlich für Absichten gehabt?
Das konnte sie allemal mit Trissan besprechen. Nach dieser fürchterlichen Sache stellte sich wohl auch die Frage, was Karl eigentlich wusste. Sie hatte ihn nicht angerufen, um ihn zu fragen. Vielleicht sollte sie das ja tun? Sie hatten wirklich allen Grund, sich miteinander zu unterhalten. Vielleicht hatte er Cecilia ja schon in der Klinik besucht? Sie befinde sich immer noch in Narkose, hatte ihr Trissan erzählt, die mehr wusste, denn sie hatte sich mit Cecilias Mutter unterhalten.
Vielleicht saß Karl ja treu wartend an ihrem Bett.
Ihre Pupillen zogen sich zusammen. Ihr Herz schlug schneller, aber nicht vor freudiger Erwartung, sondern weil sie plötzlich einen eisigen Hauch im Nacken verspürte. Sie trug ihr Haar hochgesteckt und hatte keine Lust, ihre Frisur zu ändern, bloß weil es sie am Hals fror. Die in alle Richtungen abstehende Frisur stand ihr und hatte sie zehn Minuten vor dem Badezimmerspiegel gekostet. Dann hatte sie noch einige Zeit auf die Wimpern verwendet. Ganz wenig Farbe, damit es natürlich aussah.
Die Preisfrage lautete: Was hatte Karl eigentlich vorgehabt? Warum hatte er Cecilia so oft besucht? War er wirklich noch mit Ylva zusammen?
Die Tür wurde aufgestoßen, aber es war nicht Trissan, sondern eine junge, dickliche Frau in verwaschenem T-Shirt und mit einem Kind auf dem Arm. Emmy betrachtete sie voller Abscheu, sah dann auf ihre Uhr und überlegte, ob sie ihr Lehrbuch und ihre Vorlesungsnotizen hervorholen sollte, hatte aber keine Lust. Trissan konnte jeden Moment auftauchen. Sie brauchte eine Entschuldigung, um einfach
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