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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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Putzfrau, die ihn dort gefunden hat, kann einem leid tun, dachte sie. Dass man im Zentralblock einfach verschwinden konnte, kam ihr gar nicht so abwegig vor. Das Gebäude war förmlich dafür gemacht, darin zu verschwinden. Es war groß und anonym. Ganz zu schweigen von den Tunneln. In dem riesigen unterirdischen Labyrinth konnte man sich leicht verirren. Oder belästigt werden.
    Aber in dem Artikel stand nichts von Tunneln. Es handelte sich um einen Putzschrank. Wahrscheinlich nur mit unzureichender Ventilation. Vermutlich hatte es ekelhaft gestunken. Seltsam, dass niemandem der Geruch aufgefallen war.
    Sie schaute von der Zeitung auf. Christina war immer noch nicht zu sehen, aber sie hatte ja Zeit. Sie schaute aus dem Fenster und ließ dann ihren Blick durch den Raum schweifen. Sie hatte sich dabei ertappt, dass sie ständig nach dem Täter Ausschau hielt. Nach dem Gesicht des Schweins, das Cecilia niedergeschlagen hatte. Das war sinnlos, das wusste sie, aber sie konnte es nicht lassen. Sie wollte wissen, ob es ihm anzusehen war.
    Konnte man es einem Menschen ansehen, dass er schlecht war?
    Sie dachte darüber nach, ob man das Leben eines anderen Menschen zertrümmern konnte, ohne eben ein schlechter Mensch zu sein. Wäre es versöhnlicher gewesen, den Täter, der Cecilia überfallen hatte, für einen armen Teufel zu halten? Für einen kranken Menschen?
    Sie konnte sich noch so große Mühe geben, sie war einfach noch zu wütend, um in diesen Bahnen zu denken. Das musste warten. Jedenfalls spürte sie, dass ihre Anspannung nicht mehr ganz so groß war.
    An einem langen Tisch in ihrer Nähe hatte sich eine Gruppe jüngerer Ärzte niedergelassen. Vermutlich Ärzte im Praktikum, aber etwas an ihrer Haltung sagte ihr, dass auch sie bereits schwere Beschlüsse hatten fassen müssen. Sie hatten bereits die Angst verspürt, einen Fehler zu machen oder der Situation nicht gewachsen zu sein.
    Ihre Tischnachbarn sprachen laut. Vier junge Männer. Auf den ersten Blick wirkten sie recht übermütig. Keiner von ihnen sah aus, als sei er ein schlechter Mensch, stellte sie fest, während sie einem von ihnen zuhörte, wie er ausführlich von einer Reanimation erzählte. Er wollte von seinem Erlebnis berichten, war stolz und immer noch ganz aufgeregt. Das gibt sich, dachte sie. Leider, vielleicht. Ein anderer Jüngling, mit schwarzen Haaren und blassem Gesicht, als wäre er nur selten an der frischen Luft, erzählte von einer Operation. Sie hörte genug, um mitzubekommen, dass am offenen Organ operiert worden war und nicht mithilfe von Laparoskopie. Noch waren sie eifrig. Lernten Neues. Wuchsen. Befanden sich auf dem Weg. Sie sind nicht müde, sondern sehen immer noch in die Zukunft, dachte sie neidisch. Sie fragte sich, wie viele von ihnen so allmählich resignieren, einen gewissen Zynismus entwickeln und sich nach innen kehren würden. Sie würden zu schwerfälligen Elefanten werden. Wie sie selbst.
    Zumindest manchmal.
    Vor wenigen Jahren hatte ihr ihre Arbeit noch Spaß gemacht. Bevor sie in den Mutterschutz gegangen war. Sie hatte sich mit Dingen beschäftigt, die sie beherrschte und auf die sie stolz war. Überwiegend Chirurgie im unteren Bauchraum. Mehrstündige Operationen, nach denen sie mit schmerzendem Rücken und gefühllosen Beinen, aber sehr zufrieden nach Hause gegangen war. Ein vernünftiges Tagewerk.
    Der Gedanke daran, wie es jetzt war, erzürnte sie. Man hatte ihr einen Teil der schwereren Operationen abgenommen, und zwar zugunsten von einfacheren und kleineren Eingriffen. Bei denen sich ihr Geschick entfalten könne, hatte ihr Chef gesagt, und mit denen sich keiner der drei neuen Kollegen, die ihr Chef eingestellt hatte, abgeben wollte. Sie verliehen kein Prestige und waren kompliziert. Je mehr Technik und je größer der Abstand zu den Patienten, desto mehr Prestige. Aber das hatte er nicht gesagt.
    Die vielen Gespräche mit den Patienten waren schwer und ermüdend. Nicht alle waren zufrieden. Sie kam immer vollkommen erschöpft nach Hause. Die neuen Kollegen hatten offenbar genau festgelegt, mit welchen Aufgaben sie sich befassen wollten, ehe sie die Klinik betreten hatten. Und den Ärzten, die bereits da waren, blieb nichts anderes übrig, als Platz zu machen.
    Alles, ohne dass sie gefragt worden wäre.
    »Du warst schließlich nur schwer zu erreichen«, hatte ihr Chef gesagt, als sie ihn zur Rede gestellt hatte. Sie hatte versucht, ihn dazu zu zwingen, ihr in die Augen zu sehen. Nicht auszuweichen. Es war

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